Archiv für den Monat: September 2013

Das Herbarium der Entdecker

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So mancher, der seinen Dachboden aufräumt, findet unter verstaubten Ordnern die eine oder andere Erinnerung an die Schulzeit. Die erste Fibel, die erste Mathearbeit oder auch ein Herbarium. Was für eine Arbeit! Repräsentative Pflanzen suchen, sie behutsam ihrer angestammten Umgebung entreißen, säubern und dann pressen. Ein Wahnsinnsaufwand nur für eine gute Note. Damals Qual oder Initial für Spürnasen – heute eine liebgewordene Erinnerung.

Ein Zündfunke war es bestimmt für Forscher wie Darwin und Humboldt. Auf ihren Reisen sammelten sie Pflanzen, die noch keiner ihrer Spielkameraden und Kollegen je zuvor gesehen hatte. Sie zeichneten, kartographierten und pressten ihre entdeckten Schätze. Heute ein Reichtum, der nicht mit Geld aufzuwiegen ist. Ein Glück für den Leser, dass Florence Thinard sich diesen Exponaten angenommen hat und der Haupt-Verlag die Ergebnisse in diesem Prachtband zusammengefasst hat. Sagenhafte 38,5 x 24,5 cm misst dieses Forschungswerk der Geschichte.

Achtzig Pflanzenfunde von Livingstone über von Linné bis zu Cunningham. Vom Orinoco über den Nil bis ins australische Outback. Die Augen werden übergehen beim Anblick der Exponate. Sie zeigen die gesamte Blattgröße einnehmend Gewürze, Blumen und Blätter in einer Form wie sie selbst erfahrene Weltenbummler nur nach tagelangem Suchen entdecken.

Die beistehenden Texte entführen den Leser in ein Zeitalter der Entdecker, Forschungsreisenden und wahrer Abenteurer. Piraten, Botaniker und Georgrahen waren die Väter der Exponate und Behüter des Wissens. Ihr Streben nach Fortschritt bescherte uns einen riesigen Wissensschatz, der in diesem Band einer breiten Öffentlichkeit vom Lesesessel aus zugängig gemacht wird. Reisen wir also mit den Spürnasen der Geschichte Jahrhunderte zurück und erfreuen uns an der akribischen Aufarbeitung der Sammlungen. Der Dank gehört den Forschern, der Wiederentdeckerin Florence Thinard und dem Haupt-Verlag dafür, dass fremde Länder nur auf dem Papier fremde Länder bleiben. Ihre Kultur und ihre einzigartige Flora sind von nun an ein offenes Buch, das seine sieben Siegel bereitwillig öffnet.

Gletscher der Welt

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Langsam und unaufhörlich schiebt sich Schicht für Schicht dem Betrachter entgegen. Es knirscht, es kracht. Dann löst sich gemächlich ein Teil auf der einst massiven Masse. Platsch. Ein gigantischer Eiswürfel plumpst in den Ozean. Die globale Erwärmung macht es möglich.

Gletscher faszinieren wegen ihrer unberechenbaren Form, ihrer nicht vorhersagbaren Struktur. In ihnen arbeitet es stetig. Manche bergen paradoxerweise einen heißen Kern in sich.

Jürg Alean und Michael Hambrey haben die Giganten aus Wasser- und Sauerstoff in gefrorenem Zustand bereist, ihre Strukturen erforscht und fotografiert. Von Island über Skandinavien bis Alaska, die Anden bis in die Antarktis. Von den Alpen bis in den Himalaya. Eine Weltreise nahe dem Gefrierpunkt.

Dieses Buch wird ab der Umschlagseite den Leser in seinen Bann ziehen. Zum Einen wegen der unglaublich nahen Darstellungen auf den Bildern, zum Anderen wegen der stilvollen und lebensnahen Beschreibungen des Erlebten.

Die Motive wurden aus unterschiedlichen Perspektiven fotografiert. Wer hat schon mal einen Gletscher von oben betrachten können? Wohl nur die wenigsten von uns. Grafiken erleichtern das Verständnis vom Entstehen der riesigen Wasserzungen in den Höhen der Erdkruste.

Besonders beeindruckend: Ein Bild aufgenommen in einer Eishöhle. Auf felsigem Grund ein Mensch – darüber in bedrohlicher Geste: Massives Eis. Das Farbspektrum reicht von fast lapislazuli-blau über frisches ozeanblau bis hin zu milchig schimmernden weiß. Die Urgewalt bezwungen!

In so manch unwirtlich erscheinender Umgebung hat sich Zivilisation breitgemacht. In Ständiger Gefahr vom Eis verschluckt zu werden. Ein geregelter Alltag ist möglich. Auch das zeigen die Autoren. Wie endlose Highways ziehen sich Gletscher durch die Täler der Gebirgszüge. Als Förderbänder bezeichnen die Autoren die sanften Pfade des Eises.

Immer wieder wird der Leser zum Innehalten gebeten. Farbspiele und bizarre Formen fordern ihren Applaus ein. Immer wieder ragen Meeresbestandteile aus dem Eis hervor. Wie sie an die Oberfläche gekommen sind, ist ein Rätsel. Als sichtbarer Beweis, dass sich unser Planet in ständiger Bewegung ist, legen sie Zeugnis ab, dass Stillstand Rückschritt bedeutet.

„Gletscher der Welt“ ist das Buch, das zum Verständnis der Erde beiträgt. Grandioser Bildband und einzigartiges Erklärstück in Einem.

Lieblingszeichnungen

Lieblingszeichnungen

Eltern lieben die Zeichnungen ihrer Kinder. Sie sind stolz auf das, was der oder die Kleine da wieder zu Papier gebracht hat. Doch Eltern sind im Gegensatz zu ihrem Nachwuchs eher rational. Insgeheim stimmen Bild und Wirklichkeit nicht überein. Schlimm? Nö! Aber wäre es schlimm, wenn Kinder das abbilden können, was sie sehen? Nö! Warum also dem Nachwuchs nicht beibringen das zu zeichnen, was sie sehen? Heike Kelter stellt in diesem Buch eine Methode dar, wie Kindern das Zeichnen mit dem flächigen Sehen beigebracht werden kann. Rechtecke, Quadrate, Ovale, Kreise, Dreiecke – das Leben kann ich geometrischen Formen betrachtet werden. Und so ergibt sich für die Kleinen eine völlige neue Welt diese Welt abzubilden. Ein Tier zu malen, ist schwer. Deckt man den einen oder anderen Teil ab und zeichnet Wuffi oder Mitzi Schritt für Schritt oder Teil für Teil, wird auch ein nachvollziehbares Motiv auf dem Papier sichtbar. Mit diesem Buch werden Zeichnungen zu kleinen Kunstwerken und die Lust am Zeichnen immer wieder zu neuem Leben erweckt. Und jedes Bild wird so zur Lieblingszeichnung…

Mohnblumen wie Blutflecke

Mohnblumen wie Blutflecke

Das gibt’s doch gar nicht. Da kommt Karl Drischer auf Georg Händel zu und bittet, ja fordert ihn geradezu auf seinen Mörder zu finden. Also den von Karl Drischer. … Ja, das muss man erstmal sacken lassen. Ist der Alte noch bei Trost? Er lebt doch. Noch. Und dann offeriert Drischer Händel, der so ganz nebenbei auch noch Krimiautor ist, dass er diesen in seinem Testament mit 250.000 Euro bedacht hat. Georg Händel schwant Böses. Denn nicht nur, dass er im beschaulichen Stein am Rhein einer unglaublichen Geschichte auf die Spur geführt wird, so wird er gleichzeitig zu einem der Hauptverdächtigen. Das Testament umfasst um die 50 Mio. Euro, verteilt auf acht Personen, inkl. Händel.

Was tun? Den Auftrag ablehnen? Geht nicht – er steht ja im Testament. Also auf Wohl oder Übel annehmen. Und dann taucht auch noch Christoph Kamer auf. Ein unangenehmer Typ mit Hang zu Militäruniformen und leichten Naziattitüden. Ebenfalls Schriftsteller. Und auch er macht Händel ein Angebot, das der nicht ablehnen kann. Er schreibt Händels nächsten Roman – zufällig (natürlich) zum gleichen Thema: Dem Tod Karl Drischers. Als Bezahlung will er Lina Wasmeier. Sie ist die Freundin Georg Händels. Ein Ding der Unmöglichkeit. Ein Mensch ist kein Stück Vieh, mit dem man Handel treibt. Oder doch?!

Gunter Gerlach treibt seine Akteure zu Höchstleistungen an. Getrieben von Neugier und dem Drang einen neuen, unglaublichen Roman zu schreiben und dem moralischen Schlucht, die die Verträge in sich bergen, scheucht er Händel, Drischer und Kamer durchs schweizerische Rheintal.

Verdächtige gibt es genug. Zum Beispiel Juliana Henkel, die Schwester des möglichen Mordopfers. Sie hasst Karl Drischer aufs Äußerste. Für sie war er schon immer ein Ekel, das sie mit Vorliebe quälte und tyrannisierte.

Alle Beteiligten scheinen eine Rolle zu spielen. Und Händel mittendrin. Er muss die Fäden aufdröseln, um selbigen nicht zu verlieren.

Gunter Gerlach erhielt in diesem Jahr den Friedrich Glauser Ehrenpreis für seine Arbeiten. Bereits vor einigen Jahren erhielt er zweimal den renommierten Preis für Krimi-Kurzgeschichten. Der Friedrich Glauser Preis gehört neben dem Deutschen Krimipreis zu einer der wichtigsten Auszeichnungen für Krimiautoren. Mit „Mohnblumen wie Blutflecke“ schickt er den Leser auf eine Reise durch Dickicht der menschlichen Phantasie, die abscheulich und erregend zugleich sein kann. Diesen Krimi legt man erst aus der Hand, wenn man auf der letzten Seite angelangt ist.

Die Reisen der Habsburger

Die Reisen der Habsburger

Reisen bildet. Mal raus aus dem Alltagstrott, etwas anderes sehen. Abschalten. Den Kopf freimachen. Heutzutage suchen im Netz nach unserer Freizeitbestimmung. Einst war das anders. Reisen war nur denen vorbehalten, die es sich leisten konnten. Und zumindest eine Kutsche hatten. Die 700jährige Regentschaft der Habsburger, die vom 13. bis zum 20. Jahrhundert die Geschicke Europas entscheidend mitbestimmten, war auch von Reisen erfüllt. Denn die Habsburger machten nicht durch große Schlachten und Kriege auf sich aufmerksam, sie waren geschickte Diplomaten. Ihre Macht wurde vorrangig durch eine berechnende Heiratspolitik gesichert. In fast jedem Adelshaus Europas saß ein Habsburger. Dazu musste man reisen. War die Staatskasse klamm, wurde unterwegs hier und da ein Taler eingenommen. Schließlich war man ja wer. Im Barock war Reisen Mittel zum Zweck sich zu zeigen. In Zahlen liest sich das so: Marie Antoinette reiste im April 1770 nach Paris. 263 Gäste wurden auf 57 Kutschen verteilt. Allein das Küchenpersonal umfasste 76 Personen. Selbst heute noch müsste man dafür einen Flieger chartern. Rudolf II. reiste 1563 rein aus Bildungszwecken nach Spanien. Doch diese Reise bekam ihm nicht. Nach acht Jahren war er ein gebrochener Mann, leise und still. Die Inquisition hatte ihn verändert.

Hannes Etzlstorfer stellt in seinem spannend geschriebenen und vor Fakten strotzenden Buch die Ausflüge und Reisen und vor allem ihre Zwecke und Folgen bildreich dar. Adelsklatsch mal anders.

Wölfe in Genua

Bruno Morchio - Wölfe in Genua

Das ist nicht fair! Montagmorgen. Die Woche beginnt träge. Über den Dächern der Stadt weht leise der Schirokko, dieser unaufhörliche, nicht starke, dennoch immer spürbare Hauch von Nichts. Und Privatdetektiv Bacci Pagano wird von seinem Schöpfer Bruno Morchio schon wieder in die Spur geschickt. Ein alter Mann liegt zerfleischt im Park. Ein Jogger hat ihn entdeckt. Die Versicherungsgesellschaft CarPol in Person von Dott. Gianluca Boero will die genaue Todesursache wissen. Denn Mino Terenzi hatte eine hohe Lebensversicherung abgeschlossen. Seine um einiges jüngere Frau hat schon zu Lebzeiten dem Leben die guten Seiten abgerungen. Soll heißen, dass die beiden wohl gehörig über ihre Verhältnisse lebten. Julia Rodriguez Amanzar kam als Illegale aus Panama nach Genua. Eine „Karriere auf dem Strich“ galt wahrscheinlicher als ein bequemes Leben an der Seite eines reichen Sugardaddys. Davon geht die Polizei aus. Trips nach Monte Carlo, ein teures Cabrio waren ihr beschieden. Und nun liegt ihr Gatte mit durchbissener Kehle am Wegesrand. Mehr als nur eine Randnotiz: Genau in der Gegend wurde ein Wolf gesichtet bzw. wurde er gehört. Ein elendes Heulen jede Nacht.

Und Julia Amanzar hatte einen Lover, Manuel, Chilene, Besitzer einer Hundezucht. Doch das weiß nur Bacci Pagano. Julia hatte Angst diese Information an die Behörden weiterzugeben. Klar! Eine hohe Lebensversicherung, eine (lebenslustige) junge Witwe, ein Hunde züchtender Lover und die Wolfshaarspuren unter den Fingernägeln des Opfers. Da kommt man schnell auf den Gedanken, dass Manuel und Julia gemeinsame Sache gemacht hätten. Doch Julia überzeugt die Spürnase Pagano, dass ihr Gatte Manuel kannte und von der Liaison wusste. Geliebt hatte Julia nur ihren Mino.

Mino ist allerdings auch nicht der trottelige Alte, der sich von einer heißblütigen Latina das Leben aussaugen ließ. Er ist bzw. war ein gewiefter (und vor allem zäher) Kredithai, der im Dunkeln seinen Geschäften nachging. Und er hatte eine Tochter, die auf Julia überhaupt nicht gut zu sprechen ist. Was so fade, so tröge begonnen hat, entwickelt sich zu einem verzweigten und verzwickten Fall für Bacci Pagano.

Bruno Morchio gewährt einen weiteren Blick tief in die Seele der ligurischen Metropole Genua. Auch Pagano bekommt in seinem zweiten Fall mehr Profil. Ein Treffen mit seiner Ex-Frau, die Beziehung zu seiner Tochter Aglaja thematisiert der Schriftsteller. Leider sind die folgenden drei Romane über den Mozart liebenden Ermittler bisher nur auf Italienisch erschienen. Ende offen.

Meine kurze Geschichte

Meine kurze Geschichte

Jahrhundertphysiker wird er genannt. Stephen Hawkings Ruf basiert einzig allein auf seinem enormen Wissen um die Welt. Und seiner sympathischen Art dieses Wissen einer gewaltigen Hörer- und Leserschaft nahe bringen zu können. Und seiner Selbstironie. Meist sind es Schauspieler, Musiker oder andere Künstler, die sich in unseren Herzen und Köpfen festsetzen. Wissenschaftler nur sehr selten. Das kann nicht nur allein an der äußeren Erscheinung Hawkings liegen. Da steckt mehr dahinter. Nun gewährt der in jeder Hinsicht außergewöhnliche Mensch Stephen Hawking einen Einblick in sein Leben.

Seine Eltern waren nicht wohlhabend, als er am 8. Januar 1942 in England das Licht der Welt erblickte. Der Vater war Arzt, spezialisiert auf Tropenkrankheiten. Die Mutter schmiss den Haushalt und zog die Kinder auf.

Die entbehrungsreiche Kriegszeit prägte das Leben der Familie weit über die klagereiche Zeit hinaus. Nicht zum Spaß, sondern aus berechnender Sparsamkeit schafften sich die Hawkings einen Wagen an. Nein, kein Auto. Einen Wagen, den zuvor Zigeuner ihr Eigentum nannten. Grün angestrichen und ab ging’s ins Grüne. Das war Urlaub auf Hawking’sche Art. Was die Nachbarn dachten und sagten, war dem Ehepaar Hawking egal. Stephen störte diese Gleichgültigkeit. Sein Streben nach Wissen brachte ihm mit 17 ein Stipendium in Oxford ein. Fleißig – ein Fremdwort für ihn und seine Kommilitonen. Entweder hatte man es drauf oder nicht. Lernen war verpönt. Kaum zu glauben, aber wahr.

Mit absoluter Hingabe und Freizügigkeit schreibt Stephen Hawking auch über seine beiden gescheiterten Ehen. Seine fortschreitende Krankheit brachte die Ehen ins Wanken und schlussendlich zum Fallen. Doch kein böses Wort kommt ihm über die Lippen. Stephen Hawking ist nicht nur ein Gentleman, er ist ein in sich ruhender Mensch, dem die Neugier vorantreibt.

Einem breiten Publikum wurde er mit seinem ersten Werk „A brief history of time“ bekannt. Zig Millionen Mal wurde das Buch verkauft, stand fast drei Jahre auf der Bestsellerliste der New York Times, in England sogar fast fünf Jahre.

Stephen Hawking ist mehr als nur ein weiterer Nerd, wie er zum Beispiel in „The Big Bang Theory“ immer wieder gern parodiert wird. Stephen Hawking ist ein brillantes Genie, das vom Leben zu oft Zitronen bekommen hat, und immer wieder leckere Limonade daraus machte. Und wir alle dürfen nun mit ihm genüsslich am Strohhalm nuckeln.

Brainbox Deutschland

Brainbox Deutschland

Siebzig Spielkarten. Jede einzelne zu einem Bundesland oder einer größeren Stadt. Auf der Vorderseite sind Persönlichkeiten, markante Eigenheiten oder Bauwerke abgebildet. Gut merken. Denn nun wird mit dem achtseitigen (ja, das geht) Würfel entschieden, welche der Fragen auf der Rückseite der Karte beantwortet werden muss. Welcher berühmte Musiker ist denn das auf der Vorderseite? Hat die Stadt wirklich dieses oder jenes Bauwerk? Zehn Sekunden hat man Zeit. Die Sanduhr rinnt erbarmungslos herunter. Frage richtig beantwortet – die Karte gehört Dir. Wer zum Schluss die meisten Karten hat, ist Sieger. Und ein wahrer Kenner Deutschlands.

Für einen oder mehrere Spieler ab acht Jahren.

Leben in Ost-Berlin

Leben in Ost-Belrin

Und wieder wird die Hauptstadt der DDR in den Fokus gerückt. Wurden die nicht immer schon bevorzugt? Ja, und das Ergebnis dieses exklusiven Lebens im Stacheldraht-Glashaus wird nun mit diesem Prachtband einer breiten Öffentlichkeit zugängig. Denn Ost-Berlin war mehr als nur die Stadt, in der es fast immer und fast überall fast alles zu kaufen gab. Es war auch mehr als „nur die Hauptstadt der DDR“.

Die Anfänge in Ost-Berlin waren wie überall in Deutschland schwer. Hier vielleicht so schwerer. Denn die Alliierten ließen nach ihren Bombardements kaum einen Stein auf dem anderen. Vorbei die Pracht der einstigen Weltmetropole, die Stars und Sternchen noch wenige Jahre zuvor an die Spree lockte, um hier den Ruf Berlins als Stadt der Innovationen zu begründen.

Auf knapp 500 Seiten werden über eintausend Bilder aus den Archiven von Zentralbild, dpa und anderen Bildagenturen gezeigt, die das Leben in Ost-Berlin unverfälscht darlegen. Auferstanden aus Ruinen, Konsum und Mode, Bauen und Wohnen, Erziehung und Ausbildung, Kunst und Kultur, Aufmärsche und Feiern, Arbeit und Freizeit sowie Mauer, Opposition und Wende sind die Schritte des Buches hin zum umfassenden Blick hinter den antifaschistischen Schutzwall. Ein Buch für Ossis und Wessis. Wer hier nicht lebte, bezog sein Wissen meist nur vom Hören-Sagen. Klischees bilden bis heute das Bild des Ostteils der Hauptstadt.

Der Publizist Jens Kegel gibt den Bildern den historischen Rahmen vor. Seine Ausführungen und Erläuterungen zu den unzähligen Fotografien erlauben dem Leser sich ein eigenes Bild vom Ost-Berlin der Jahre 1945 bis 1990 zu machen. Von den Trümmerfrauen bis hin zum Auftritt von Joe Cocker in Weißensee, von schwer belagerten Imbiss bis zum Ausflug ins Grüne mit dem MiFa (Fahrradmarke der DDR), vom Einkaufsbummel Unter den Linden bis zur Diskussionsrunde des Neuen Forums.

Vieles ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten schon wieder in Vergessenheit geraten, vieles noch präsent.

„Leben in Ost-Berlin“ ist ein Potpourri an reich bespickten Alltagsleben in einer abgeschirmten Stadt. Abgeschirmt vom Rest der Republik und der Welt. Und dennoch war Leben möglich – für viele engstirnige Betonköpfe unvorstellbar (haha, hier habt Ihr den gedruckten Beweis, dass Ihr falsch liegt) – ein Leben, das Spaß machte. Dieses Buch nimmt man immer wieder zur Hand, und immer wieder entdeckt man Neues und Bekanntes. Ja, so war es. Und so wird es nie mehr sein. Ob das nun gut ist oder nicht, diese Frage muss jeder für sich selbst entscheiden…

Teestunde für Genießer

Teestunde für Genießer

Tee als Alternative zum Kaffee? Sicherlich, aber Tee ist mehr als nur das Gegenstück zum „Mohrengold“. Das beweisen die kurzen Texte in diesem Buch. Teeblätter sind – wie Ewald Arenz schreibt – die abgeschnittenen Lider Bodhidharmas. Sie gaben ihm helle Wachheit für immer. Nach einem japanischen Kôan, einem Aushang oder einer Anekdote, soll man eine Schale Tee trinken … die Erkenntnis kommt dann von ganz allein. Selbst Gotthold Ephraim Lessing wusste nur eines ganz gewiss: Wenn er morgen noch lebe, wird er eine Tasse Tee trinken.

Tee, das war und ist mehr als „nur“ ein Getränk. Es ist ein Stück Lebenskraft, das Mutter Natur uns schenkt. Grün, schwarz, weiß – die Palette ist bunt gemischt. Die richtige Zubereitung trägt entscheidend zum Erlebnis Tee bei. Ob aus Kräutern hergestellt, mit Gewürzen, ob kalt oder heiß: Tee kann man in jeder Lebenslage, zu jeder Tages- und Jahreszeit genießen.

Die Macher aus dem arsvivendi-Verlag verschwenden ihr ganzes Wissen, um dem süffigen Flüssiggold die entsprechende Ehrung zukommen zu lassen. Denn Tee weckt den guten Geist und die weisen Gedanken, so ein chinesisches Sprichwort.

Die wohl durchdacht ausgewählten Abbildungen verstärken die Stimmung. Tee ist eben doch mehr als nur ein Getränk, das man mal eben so nebenbei zu sich nimmt. Die richtige Zubereitung, Zeremonien und Bräuche führen Teeliebhaber in eine andere Welt. Und das nicht nur um 5 Uhr nachmittags.

Der Titel „Teestunde für Genießer“ ist keine Übertreibung. Dieses Buch ist eine Liebeserklärung an geschmackvolle Wissende, die ihre Kehle mit dem Blättersaft benetzen wollen. Wem dann noch ein wenig der Magen knurrt, bekommt einige auserlesene Rezepte für kleine Knabbereien mitgeliefert.  Selbst Parfaits, Eis oder Mousse lernt der geneigte Leser in diesem Buch kennen.

„Teestunde für Genießer“ ist der exklusive Rundumschlag für ein Alltagslebensmittel, das so viel Klasse in sich birgt, dass man es manchmal zu vergessen scheint. Dieses Buch hilft dem Vergessen ein Ende zu setzen.