Archiv der Kategorie: Bodensee

Die Sommerhäuser der Dichter

Was braucht ein Dichter, um sich frei entfalten zu können? Die Ruhe der Abgeschiedenheit oder den Trubel der weiten Welt? So unterschiedlich die Dichter, so unterschiedlich sind auch ihre Sommerhäuser. Bertolt Brecht zog sich mit Helene Weigel nach Buckow bei Berlin zurück. Idyllisch am See gelegen, bürgerliches Ambiente. Soviel Kapitalismus muss ein Kommunist aushalten … in Brechts Fall war es sogar gewünscht. Um sich in der DDR niederzulassen, erfüllte die Staatsführung ihm fast jeden Wunsch. Dem des abgelegenen Sommerhauses auf alle Fälle.

Weitaus feudaler residierte da schon Jean Cocteau vor den Toren von Paris. Bis heute ist der Garten unverändert, in seinen Mauern sind Gemälde von Weltrang zu besichtigen. Cocteau lebte in Milly-la-Forêt siebzehn Jahre. Den Trubel der Metropole holte er sich gelegentlich ins Haus.

Trubel konnte Heinrich Böll in seinem Versteck in der Eifel nicht gebrauchen. Schon gar nicht als 1974 Alexander Solschenizyn hier Asyl fand. Bis heute ist dieses Haus eine Zufluchtsstätte für verfolgte Dichter.

Versteckt, bis heute nicht ohne eine Portion Forscherdrang zu entdecken, liegen die Rückzugsorte von Virginia Woolf und ihrem Mann Leonard sowie von George Bernard Shaw. Ausflüge ins Ländliche waren für Woolf Alltag. Shaw hingegen ließ sich einen drehbaren Arbeitsplatz einrichten, um stets der Sonne folgen zu können. Noch einsamer mochte es Hermann Hesse, der gleich am Eingang mit einem Schild auf seine unbedingte Bitte Abstand zu halten hinwies.

Die meisten Häuser, die einmal das Zuhause eines berühmten Kopfes waren, sind heute als Museen zu besichtigen. Dank der unermüdlichen Arbeit von Stiftungen und/oder Nachfahren sind ihre Refugien zu einem Hotspot der Wissbegierigen geworden. Im Fall von Arthur Rimbaud liegt der Fall etwas anders. Auch hier wieder Idylle soweit das Auge reicht. Doch der streitbare Dichter fühlte sich hier in keiner Weise wohl. Das Licht, die Piefigkeit trieben ihn wieder gen Paris. Über hundert Jahre später wurde es verkauft, der Preis dafür: So um die 50.000 Euro. Munkelt man. Die neue Besitzerin verehrt Rimbaud. Parallelen zwischen ihrem und seinem Leben sind vage vorhanden. Er war und ist für sie purer Rock ’n Roll. Ihr Name: Patti Smith.

Von Tanger über Weimar bis Nidda, von Thomas und Klaus Mann über Günter Grass und Anton Tschechov bis William Burroughs – dieses Buch befeuert die Neugier des Lesers. Die Texte laden ein dem Forscherdrang nachzugeben und dem Einen oder Anderen über die Schulter zu schauen und das zu sehen, was die Dichter einst aufsaugten. Die Resultate dieses Aufsaugens sind weltbekannt. Ein Besuch bei Dichters hilft deren Schriften zu verstehen. Hier hält man einen der originellsten Reiseappetitmacher überhaupt in den Händen!

Kalypsos Liebe zum kalten Seerhein

Kalypsos Liebe zum kalten Seerhein

Hätte man vor ein paar Jahrzehnten jemandem gesagt, er solle im Rhein schwimmen, wäre ein entsetzter Gesichtsausdruck die passende Antwort gewesen. Im Seerhein zu baden, ist hingegen eine reine Wohltat. Der Seerhein ist ein kleiner Fluss, der den Unter- und Obersee des Bodensees miteinander verbindet. Springt man in Konstanz gen Westen von der Alten Rheinbrücke ist man mittendrin.

So wie Niks, eigentlich Nikola, aber Niks ist ihr lieber. Sie genießt es – bei jedem Wetter – im Seerhein ihre Seele baumeln zu lassen. Das hält jung, hält frisch. Niks ist, wie man so schön sagt, im besten Alter. Verpflichtungen empfindet sie nur gegenüber sich selbst. Ein grandioses Leben, das sie da führt. Eines Tages tritt ihre Freundin Karen mit einer außergewöhnlichen Bitte an sie heran. Hektor, der 21jährige Spross Karens soll eine Zeit bei Niks wohnen. Er macht ein Praktikum beim Radio und benötigt dringend eine bezahlbare Bleibe. Wie damals. Niks war Nachrichtensprecherin und Karen Praktikantin. Niks besorgte ihr und später ihr und ihrer Freundin eine Wohnung. Für ein paar Wochen bildeten Niks und Karen eine WG.

Niks und Karens Leben verliefen unterschiedlich. Auf der einen Seite die Frau, die ihren Job macht, ansonsten aber familiären Verpflichtungen die kalte Schulter zeigt: Niks. Auf der anderen Seite die kaputte Karriere beim Ballett und die scheinbare Erfüllung in der Familie: Karen. Doch beide Leben verliefen eigentlich nicht froh und glücklich. Niks hat sich in ihren vier Wänden eingeigelt. Vor nicht mal einem Jahr ist sie vom Radio weggegangen und erfreut sich nun dem Rentnerdasein. Ganz ohne Verpflichtungen, wie immer in den vergangenen Jahrzehnten. Und nun hat sie ein Kind, einen Jungen. Einen, auf den sie aufpassen soll. Wie sei beim Radio. Die ersten Gehversuche meistert er ganz ordentlich. Niks’ distanzierte Art lässt kaum Platz für Lob. Hektor irritiert das ein bisschen. Doch Niks ist unfähig ihre eingeschlagenen Pfade zu verlassen.

Doch sie muss sie verlassen. Denn Hektor ist mit einem Mal mehr als nur der abgeladene Sohn einer Freundin und Ex-Kollegin…

Chris Inken Soppa lässt ihre Heldin Niks gegen alles kämpfen, wogegen sie noch nie kämpfen musste. Der jugendliche Trojaner in Niks‘ Hort der Unbeschwertheit wird zum tapferen Recken, der Niks‘ Panzer zu zerschmettern droht. „Kalypsos Liebe zum kalten Seerhein“ ist eine gefühlvolle, wortstarke Geschichte über die Anziehungskraft der Menschen über alle Barrieren hinweg. Ein echtes Urlaubslesevergnügen, das vielleicht Erinnerungen weckt und garantiert zum Nachdenken anregt.

Der Bodensee

Der Bodensee - 101 Orte

Einmal an den Bodensee, rundherumlaufen und einmal wieder zurück. So könnte man die 101 aus dem Titel erklären. Das rundherum als Null. Weil die rund ist, nicht, weil es sich nicht lohnt. Dass es sich lohnt, weiß der Autor Patrick Brauns nicht nur weil er dort wohnt.

Auch wenn man es nicht erwähnen muss: Die Insel Mainau vereint alle Bücher dieses Stiles. Es ist aber auch ein Prachtstück! Warum? Steht alles auf Seite 24. Patrick Brauns‘ Einzugsgebiet beschränkt sich allerdings nicht nur auf die direkt am Ufer gelegenen Orte zum Verweilen und Entdecken. Um die gesamte Region und den Reiz des Bodensees zu erfassen, empfehlen sich Ausflüge ins Hinterland.

Der Hegaublick ist beispielsweise rund zwanzig Kilometer Luftlinie in westlicher Richtung vom Ufer entfernt. Doch der Weg lohnt sich. Auf der Terrasse des dortigen Restaurants genießt man nicht nur mit dem Gaumen, sondern in erster Linie mit den Augen. Ganz in der Nähe kann man den Gipfel eines Feuerspuckers erklimmen oder im Eiszeitpark tief in die Geschichte eintauchen.

Im Süden kommt man der Gegenwart ein bisschen näher, wenn man mit einer Fähre die Sitter bei Bischofszell in der Schweiz überquert. Wie einst die Pilger. Ein erholsamer Fußmarsch führt den Wanderer zu einer alten Brücke, die im vergangenen halben Jahrtausend jedem Angriff trotzte. Ein wenig krumm, was der Attraktivität keinen Abbruch tut. Im Gegenteil.

Im Osten, in Bregenz, lädt der Garten des Klosters Mehrerau zum Bummeln ein. Eindrucksvolle Alleen lassen den Alltag vergessen.

Jeder der einhunderteins Orte ist für sich genommen eine Reise wert. Kombiniert sind sie eine Aufforderung zum Schwelgen, Flanieren, Geschichte atmen. Geruhsames Reisen auf historischen Pfaden in einer der beeindruckendsten Regionen Deutschlands und Europas. Kurz und knapp sind die einzelnen Haltepunkte beschrieben, lang genug, um Appetit zu machen, garniert mit nachhaltigen Bildern.

Wer am Bodensee Urlaub macht, wollte so wenig wie möglich verpassen. Sicherlich gibt es mehr als einhunderteins Orte, die man gesehen haben muss. Die Auswahl der von Patrick Brauns vorgestellten Stopps stehen exemplarisch für die Bodenseeregion.

Denk ich an den Bodensee

Denk ich an den Bodensee

Einem Besucher des Bodensees muss man nicht mehr für diese einzigartige Landschaft begeistern. Er wird ein Leben lang ein Freund der Region bleiben und wiederkommen. Leider ist es nur Wenigen vergönnt ihre Schwärmerei in passende Worte zu kleiden. „Großartig“, „faszinierend“ werden oft, zu oft verwendet, um seinen Emotionen Ausdruck zu verleihen. Da ist es an der Zeit den Dichtern und Wortakrobaten auch vergangener Epochen zu lauschen, ihren Ausführungen zu folgen. Dieses Buch ist der willkommene Anlass die kommende freie Zeit am größten See im deutschsprachigen Raum zu verbringen.

Das Inhaltsverzeichnis liest sich wie das Who is Who der Weltliteratur: Ernest Hemingway, Rainer Maria Rilke, Klaus Mann, um nur drei Namen zu nennen. So manch einem ist die Reisestrapaze ein kulinarischer Graus, was man heutzutage kaum noch nachvollziehen kann. Martin Walser macht sich Gedanken zu Eigentum und Gemeinwohl. Der Lyriker Bruno Goetz setzt dem Binnenmeer ein Denkmal in Reimform.

Wie einst die Romantiker ist dieses Buch ideal zum visuellen Flanieren an den Ufern des Bodensees. Sich auf eine Bank setzen, oder eine Mauer, den See zu Füßen. Die Sonne in der Nase kitzelnd steckt man selbige ins Buch und schwelgt in den wohlformulierten Aufzeichnungen von Theodor Heuss und Arthur Schopenhauer. Eine schönere Liebeserklärung gab es nie.

Mit jeder Zeile steigt die Sehnsucht nach einem paradiesischen Ort, den es wirklich zu geben scheint. Irgendwo im Süden, dort wo die Alpen sich gen Himmel recken, das Klima den Menschen umschmeichelt. Schon immer haben sich Potentaten und gekrönte Häupter es sich hier gutgehen lassen. Dichter und Literaten fanden hier Inspiration und ein zweites Zuhause. Touristen erholen sich ab Ankunft.

Herausgeber Manfred Bosch muss es ein Fest gewesen sein diese Texte zusammenzutragen. Mit jedem Abschnitt nimmt Elysium Form an. Die kurzen Texte erlauben es immer wieder den Kopf zu heben und den Blick schweifen zu lassen. Auch wenn man nicht am Ufer sitzt.

Das Beste vom Bodensee – Küche und Lebensart

Das Beste vom Bodensee

Regional soll man kochen. Saisonal soll man kochen. Dann lebt man gesund. Doch da fehlt doch noch was! Klar, die richtige Umgebung! Am besten eine in der man viel fischen kann. Und eine mit großen Anbauflächen für Obst und Gemüse. Auch die Zutaten für Flüssignahrung sollte man hier finden. Wein und Bier, so dass jeder zufrieden ist. Ist gar nicht so einfach dieses Paradies zu finden…

Am Bodensee wird man fündig. Auf Reichenau ziehen sich endlose vor Farbenpracht strotzende Felder gen Kloster. Lollo rosso und lollo bianco. Wie am Reißbrett entworfen scheinen sie ein Muster in die gesegnete Erde zu malen. Dreimal pro Jahr kann geerntet werden. Dank des Wasserreichtum und der Qualität des selbigen.

Der Fischreichtum nimmt zwar stetig ab, doch es ist noch genügend da, um die Teller der Gäste und Einheimischen reichlich zu füllen. Für pochierte Felchenfilets oder Trüsche im Ganzen gebacken.

Auf den Weiden haben es die Kühe gut. Saftiges Gras erlaubt ihnen gehaltvolle Milch zu geben. Die wird zu leckerem Käse verarbeitet, den man als Thurgauer Käseterrine serviert. Oder zu Räßkäse, einem scharfen und würzigen Käse.

Christiane Leesker hat mit diesem Buch der Küche des Bodensees ein Denkmal gesetzt. Vanessa Jansen hat es stimmungsvoll den würdigen Rahmen verliehen. Nur wenige Kochbücher dürfen Superlative wie „das Beste“ verwenden, weil einem schon beim ersten bloßen Durchblättern das Wasser im Mund zusammenläuft. „Das Beste vom Bodensee – Küche und Lebensart“ gehört definitiv dazu.

Kurze Geschichten aus der Geschichte und der Tradition lockern dieses liebevoll gestaltete Buch auf. So wird nicht nur der Appetit, sondern auch die Reiselust geweckt.

Schlösser am See – Burgen und Landsitze am westlichen Bodensee

Schlösser am See

Mal ganz ehrlich. Wo würden Sie – gänzlich befreit von räumlichen und finanziellen Zwängen – sich eine repräsentative Unterkunft im deutschsprachigen Raum errichten (lassen)? Am Meer? In den Bergen? Auf dem flachen Land, um so viel wie möglich überblicken zu können? Oder in einer Industriebrache? Am besten eine Mischung aus den ersten drei Angeboten. Aber wo soll man so was finden?

Da muss man ganz schön weit reisen. Es sei denn, dass man am Bodensee wohnt. Denn dann ist man bereits angekommen. In unseren Breiten hat der Süden eine besondere Anziehungskraft (ein Feuerländer sieht das sicherlich anders). So verwundert es nicht, dass sich am Ufer des Bodensees so manch architektonische Kleinod verbirgt bzw. sich ganz schamlos dem Betrachter offenbart. Besonders im Westen, zwischen Konstanz und Schaffhausen, auf der Höri und am Überlinger See. Davon erzählt dieses Buch.

Eine wahre Pracht an herrschaftlichen Häusern säumt die flachen und steileren Ufer an Europas größtem See. Bei fast dreihundert Kilometer „Küstenlinie“ ist ja auch viel Platz, um der eigenen Phantasie freien Lauf zu lassen. Tobias Engelsing und Anne-Katrin Reene haben ihre Wanderschuhe geschnürt und sind Burgen und Landsitzen auf die Pelle gerückt. Jedes Bauwerk wird kurz und knapp beschrieben, den Schluss bildet der Hinweis, ob man selbst einmal einen Blick hinter die herrschaftlichen Kulissen werfen darf oder nicht, sprich, ob es öffentlich ist oder nicht. Meist sind die Anwesen privat genutzt, nur ein Teil ist der Öffentlichkeit zugänglich.

Die Bodenseeregion zählt jährlich fast zwanzig Millionen Übernachtungen. Im Durchschnitt bleibt jeder Besucher zweieinhalb Tage. Genug Zeit also um Villa Douglas, Burg Kastell, Scheffelschlössle Mettnau und die anderen in diesem Buch versammelten Gemäuer genauer unter die Lupe zu nehmen. Als Appetitmacher ist dieses Buch gerade recht. Historische und aktuelle Aufnahmen, kurze Abrisse aus der Geschichte und zahlreiche Informationen zu Besuchszeiten runden den exquisiten Band ab. Da die Bauwerke oft dicht beieinanderliegen, ist es kein Problem mehrere an einem Tag zu besuchen. Wer es ganz elegant mag, was am Bodensee quasi zum guten Ton gehört, erkundet die prächtigen Behausungen vom Wasser aus, verschafft sich in diesem Buch einen umfassenden Überblick und begibt sich tags darauf auf Schusters Rappen, um sich von der architektonischen Wucht erschlagen zu lassen. Schläge, die hängen bleiben, auch dank dieses Buches.