Lisa Badichi – Be’er Schewa

Tolles Mädchen – Sie sind ok. So endet ein kurzes Intermezzo gleich im ersten Kapitel dieser Krimireihe um die Lokalreporterin Lisi Badichi in Be’er Schewa, Israel.

Lisi ist die Allzweckwaffe in der Lokalredaktion „Zeit im Süden“. Man nennt sie auch Lisi, die Bekloppte. Sie arbeitet lieber allein, für sich. Ein bisschen verschroben ist sie schon, in sich gekehrt. Und die Zeit als ihre körperlichen Vorzüge als solche eingesetzt werden konnten, ist mit zwei Monaten vor der ominösen Dreißig leider schon abgelaufen. Um es abzukürzen: Sie hat Plattfüße und sie ist Jungfrau. Noch!

Sie wird zu einer Party bestellt. Soll darüber berichten, was alles so bei Bezirksrichter Hornstick passiert. Ein lokales Ereignis, das mit zweihundert Worten in der Zeitung genügend gewürdigt sein sollte. Dass sich der Richter über sie hermacht, so wie es seine Gattin allenthalben mit anderen Männern tut, ihre Eltern sich im Glanze des Ruhmes ihres Schwiegersohnes sonnen, lässt sie dabei unerwähnt.

Am nächsten Tag erfährt sie, dass sie vielleicht doch zu früh die Party mit dem nachhaltigen Ende (für sie) verlassen hat. Ihr Bericht wird wohl doch nicht in der Zentralausgabe erscheinen. Denn die Gattin des Richters wurde erschossen! Ja, so schnell wird aus einer gähnend langweiligen Veranstaltung eine hochgradig spannende Story, die für die Lokalreporterin Lisi in einem Spannungsbogen endet, den sie sich nun wirklich nicht gewünscht hat. Wenn man denn bei beidem – Party und Mord – vor Ort gewesen wäre.

Eine echte Spürnase wie Lisi, dafür wurde sie schließlich von den Machern der Zeitung engagiert – lässt sich von einer solchen nachträglichen Hiobsbotschaft nicht schocken. Im Gegenteil. In das Gift der Neugier einmal gesetzt, lässt sich hervorragend herumschnüffeln. Dass Lisi dabei ungeheuerliche Dinge zu Tage fördert und dem Mörder so nah kommt wie man es als „normaler“ Schnüffler nicht sein wollte, ist ein zweischneidiges Schwert…

Shulamit Lapid lässt keinen Zweifel offen, dass Lisi Badichi die Idealbesetzung für eine Schnüfflerin ist. Lisi hat sich arrangiert mit der Situation, dass ihr die Männer nicht scharenweise hinterherlaufen bzw. nicht einmal –pfeifen. Ihre Arbeit bedeutet mehr als nur Broterwerb. Mit leib und Seele ist sie Reporterin in einer Region, die tagein tagaus Hochbrisantes auf die Titelseiten befördert. Mit dem Jagdinstinkt einer Löwin und dem dazu passenden Mut rückt sie Verbrechern nach auf den Pelz und sich in den Fokus von Leuten, mit denen man sich nicht auf einer Bank am Straßenrand eine Orange teilt.

 

Es waren tödliche Schüsse. Präzise. Inspektor Awnar Rosen und seine Freundin Tami Simon sind tot. Rosen, Rosi von seinen Freunden – bald auch von Lisi Badichi – genannt, war für Lisi ein Ermittler, den man kennen musste, wenn man recherchierte. Dieses Mal will ihr Chef von „Zeit im Süden“ das volle Programm. Sie soll bei der Beerdigung alle befragen, Freunde, Familie, Kollegen. Und es sollen jede Menge Fotos gemacht werden. Ihr Chefredakteur will die Story ganz groß aufziehen. Dass Lisi als gewiefte Journalistin das schon längst selbst geplant hat, ist ihm nicht bewusst. Er meint immer noch – trotz all ihrer Erfahrung – dass er ihr den Weg weisen muss. Lisi nimmt’s hin.

Kurz vor der Abfahrt bittet sie ihr Schwager Benzi – ebenfalls Polizist – jeden, aber auch wirklich jeden, der an der Trauerfeier teilnimmt, zu dokumentieren. Denn der Mörder könnte sich nach Ansicht von Benzi unter die Trauernden mischen… Lisi wittert eine heiße Story und willigt ein, nachdem sie ihm das Versprechen abgerungen hat als Erste vollumfänglich über den Ausgang der Ermittlungen informiert zu werden.

Was ein Tag! Lisi kommt nach Hause. Sie ist fertig. Schließlich ist ein ranghoher Polizist gerade zu Grabe getragen worden. Licht an. Ab auf die Couch und den Tag ausklingen lassen. Man kennt das: Die Sonne geht unter, man selbst fährt Körper und Geist ebenfalls runter. Duschen, einen Happen essen und ab ins Bett. Doch plötzlich…

… plötzlich liegt da jemand auf der Couch. Und beschwert sich auch noch, dass der Kühlschrank leer ist. Wäre alles halb so schlimm, wenn der unangemeldete nörgelnde Gast nicht seit ein paar Stunden unter der Erde liegen sollte. Awner Rosen, Rosi, hat es sich auf Lisi Badichis Couch gemütlich gemacht! Nicht nur, weil Lisi Journalistin ist, besteht akuter Gesprächsbedarf!

Rosi erzählt ihr am nächsten Tag die ganze Geschichte. Er und Benzi hatten den Plan ausgeheckt. Ohne Lisi einzuweihen. Denn Rosi ist einer Organisation auf der Spur – Interpol hatte ihn um Hilfe gebeten – die mit Schmuggel Umsätze macht, von denen manche Staatshaushalte nur träumen. Lisi hat nun einen Toten als Untermieter. Einen Untermieter, der nichts in die Haushaltskasse einzahlt, weil Tote keine Taschen haben. Und sie muss schweigen, weil sonst der Erfolg der Ermittlungen mehr als gefährdet ist. Denn es geht um mehr als Kunstwerke von Chaim Soutine und Schriften von Alexander Skrjabin … um viel mehr…

Shulamit Lapid hat schon im ersten Lisi-Badichi-Fall ihrer Hauptfigur einzigartige Charakterzüge verliehen. Im zweiten Fall kann sie sich nun voll und ganz auf die Kriminalgeschichte konzentrieren. Und das mit Erfolg! Verworren und immer gradlinig lässt sie Lisi in eine Welt eintauchen, die nicht nur auf den ersten Blick abgrundtiefe Absurditäten aufweist. Es ist eine gefährliche Welt, auch für die wissbegierige Lisi Badichi. Und die muss sich nun auf die Hilfe eines Toten verlassen.