Lew Archer – Los Angeles

Routine ist gut, wenn man nur den schnöden Mammon betrachtet. Schnelles Geld für solide Arbeit. Privatdetektiv Lew Archer nagt sicher nicht am Hungertuch, aber Routine in seinen Ermittlungen sorgt zumindest für einen vollen Kühlschrank. Wenn die Routine von unvorhersehbaren Ereignissen gestört wird, kommt der Kopf ins Spiel und das ist bei Weitem spannender als ein gefüllter Bauch!

Doch zuerst gibt es was für die Augen. Maude Slocum schwebt wie ein strahlender Engel in sein Büro. Sie wird erpresst, bekennt sich schüchtern. In einem Brief droht der Erpresser ihrem Gatten James von ihrem Seitensprung zu erzählen. Ihre größte Angst sei es aber ihrer Schwiegermutter Olivia dann noch unter die Augen zu treten. Die konnte noch nie eine Frau ihres James dulden. Außerdem hat Maude Slocum eine Tochter. Cathy. Teenager. Und die darf unter gar keinen Umständen vom Streit ihres über alles geliebten Vater James und ihrer Mutter erfahren. Wenig Anhaltspunkte für eine Ermittlung. Mit einem Trick lässt sich Lew Archer zu einer Party der Slocums einladen.

Und wahrlich, Olivia Slocum ist ein echtes Ekel. Findet sie einen Anlass Maude zu demütigen, fährt sie zur Hochform auf. Und James? Der hält brav zu Mutti. Wie er es schon immer tat. Schließlich erlaubt sie ihrem Bubi, dass er ein relativ sorgenfreies Leben ohne Arbeit führen kann. Dass er mit Frauen nichts anfangen kann, muss Olivia Slocum akzeptieren. Aber viel wichtiger ist es, das alles unter der Decke zu halten.

Die Party ist vorbei und Olivia Slocum schwimmt bäuchlings im Pool. Als Nichtschwimmerin hat das fatale, sogar letale Folgen. Jetzt hat Lew Archer endlich einen Fall, der ihn ganz und gar fordern wird. Nur der Polizeichef des kleinen Ortes in der Nähe von Los Angeles, Knudson, ist gar nicht von Lew Archers Schnüffeleien begeistert.

Alsbald kommt Archer einem gewissen Pat Reavis auf die Spur. Ein komischer Kauz. Einer, der keine Gelegenheit auslässt mit einer gut konstruierten Geschichte sich in einem besseren Licht darzustellen, bevor sein Gehirn ihm irgendwie Skrupel vorsetzen kann. Zwielichtig ist er und stand einmal in den Diensten der Slocums. Als Chauffeur. Nebeneinkünfte hat er auch. Steuerfrei, selbstredend. Als Archer ihn endlich dingfest machen kann – Reavis trägt ganz offen „ehrlich verdiente“ zehntausend Dollar mit sich herum – flutscht ihm der dringend Tatverdächtige blutig durch die Finger. Da steckt wohl mehr hinter der Erpressung…

Was als Routinejob beginnt, wird bald schon zum Zahlenspiel für den gewieften Ermittler. Eine Hand reicht schon bald nicht mehr aus, um die Leichen zu zählen. Und jeder hat irgendwie ein geheimes Päckchen mit sich herumzutragen. Doch Lew Archer wäre nicht Lew Archer würde er nicht den losen Faden aufnehmen und das Knäuel zu entwirren.

 

Da staunt Homer Wycherly nicht schlecht. Der Ölmagnat hat sich gerade eine zweiwöchige Kreuzfahrt durch die Südsee gegönnt. Mal abschalten. Von alle dem Stress, von der Arbeit. Und vor allem von seiner Ex-Frau Catherine. Die hat ihm noch bei seiner Abreise eine furiose Szene gemacht und den Reisenden ein ordentliches Spektakel geboten. Und nun, endlich wieder daheim, da, wo er sich am wohlsten und sichersten fühlt, fehlt von seinem Schatz, seiner Tochter Phoebe jede Spur.

Phoebe ist so ein liebes Ding. Immer höflich, tut, was man ihr sagt. Der Abgang vom College in Stanford war zwar ein herber Rückschlag für den stolzen Vater, doch das College in Boulder Beach ist auch nicht zu verachten. Doch Phoebe ist weg. Ihre Mitbewohnerin Dolly Lang (toller Name, der passt auch so herrlich zu der leicht als einfältig zu beschreibenden Zimmergenossin) weiß, dass Phoebe zurückkommen wird. Schließlich hat sie ihr das ja gesagt. Kein Grund zum Zweifeln. Phoebes Freund Bobby hat dagegen eine harte Zeit hinter sich. Er vermisst Phoebe schmerzhaft. Eine Erklärung kann er Lew Archer auch nicht geben.

Lew Archer wurde von Homer Wycherly damit beauftragt das flügge gewordene Früchtchen aufzuspüren. Archer würde gern mit der Mutter, der so verhassten Catherine sprechen. Doch Homer Wycherly hält das für keine gute Idee. Vielmehr verbietet er es sogar der Spürnase. Der gute Ruf der Familie stünde auf dem Spiel. Wie soll man da ermitteln, wenn die wohl wichtigste Person – nach der Vermissten, natürlich – nicht involviert werden soll?

Klinken putzen heißt es für den feinsinnigen Schnüffler. Je mehr er fragt, desto verworrener wird der ganze Fall. Ein zwielichtiger Immobilienhai hat offenbar seine gierigen Finger im Spiel. Und so unschuldig wie Phoebe dem Vater vorkommt, ist die Kleine gar nicht. Ein bisschen zu sehr zugeknöpft, dann wieder überbordend tatkräftig. Depressionen? Mmmh, vielleicht. Beim Psychodoc war sie jedenfalls. Aber nur ein paar Mal. So viel weiß Dolly Lang. Doch Lew Archer weiß immer noch nicht mehr. Geschweige denn, wo er den nächsten Hebel ansetzen soll.

Und so reist er von Motel zu Hotel, quer durch Kalifornien, nur um schlussendlich festzustellen, dass es nur einen Ort gibt, an dem die Lösung sich zeigen wird. Doch ihr Aussehen ist erschreckend. Die Lügen sind bis ins Innerste der Familie Wycherly vorgedrungen und haben ihre Unheil bringenden Wurzeln tief ins Fleisch von Homer, Catherine, Phoebe sowie auch Trevor und Helen, Homers Schwager und Schwester, geschlagen.

Jede Aktion zieht eine entsprechende Reaktion nach sich. Das hat bereits vor mehreren Hundert Jahren Isaac Newton formuliert. Doch das, was Ross Macdonald seinen Helden angedeihen lässt, ist finsterste Bigotterie und ein feistes Lügengebilde. Zum Glück alles nur Fiktion. Mit geschmeidiger Sprache und zielstrebiger Eloquenz stolpert Lew Archer nicht einen Moment. Jeder Ansatz von Hindernissen wird als Sprungbrett für weitere Erkenntnisse geschickt ausgenutzt. Die Vergangenheit wird niemals ruhen so lange Männer wie Lew Archer ihre Aufträge ernst nehmen.

 

Lew Archer mag Isobel Blackwell vom ersten Moment an als sie bei ihm im Büro erscheint. Elegant, distanziert, und ein herzensgutes Wesen. Das merkt er als die beginnt von Harriet, der Tochter ihres Gatten Mark, dem Colonel, zu reden. Harriet ist nach Mexiko gefahren, um ihre Mutter zu sehen und ein wenig zu malen. Isobel weiß allerdings, dass Mutter und Tochter sich nicht sehr nahe stehen. Und die Malerei sollte Harriet jemanden überlassen, der was davon versteht. So einem wie Burke Damis. Der ist Maler. Und wahrscheinlich auch der Grund für Harriets abrupte Abreise. Und schon sind wie bei des Pudels Kern. Burke und Harriet, die nebenbei (oder doch nicht so nebenbei) in baldiger Zeit über eine ordentliche Erbschaft verfügen kann, darf es in den Augen des Colonels nie geben. Ein mittelloser Hallodri und sein Augenlicht – nicht mit dem Colonel! Er hält Burke Damis, so wie schon einige Anwärter zuvor für einen Mitgiftjäger. Doch Harriet liebt Bruke. Und Isobel hält zu ihr.

Lew Archer soll also nun das Pärchen suchen und bitteschön auch finden. Und er muss die ganz dicken Schuhen anziehen. Denn jede Spur von Burke und Harriet ist eine verdammte Kalte. Auch wenn Lews erste Weg ihn nach Mexiko führt. Nicht nur, weil Harriets Mutter dort lebt, sondern wegen eines sonderbaren Fundes. Burke Damis hatte sich für eine kurze Zeit in einem Haus eingemietet, dass dem Colonel gehört. Als das revoltierende Pärchen überstürzt gen Süden ausflog, hatte Burke versucht Spuren zu verwischen. Im Kamin entdeckt Lew Archer einen Flugschein auf den Namen Quincy Ralph Simpson. Und der war nun mal in Mexiko. Ist Q.R. Simpson Burke Damis?  Oder umgekehrt?! Leider nein. Denn der echte Q. R. Simpson ist tot. So wie einige andere auch, die den Weg von Bruce Campion gekreuzt haben. Bruce wer? Bruce Campion, der wahre Name von Burke Damis. Da ist sich Lew Archer ganz sicher.

Kalifornien – Mexiko und zurück. Für die meisten eine Traumreise. Für Archer einmal mehr das Tappen im Dunkeln. Es wird auf ihn geschossen, er trifft eine alte, wenn auch Leinwand-Liebe, und überall findet er Puzzlestücke, die nicht ineinanderpassen wollen. Je öfter man sie dreht, umso verworrener wird das Gesamtbild. Und so mehr Informationen Archer sammelt, desto größer wird das Versteckspiel. Archer gewinnt immer tiefere Einblicke in das Sittengemälde der Familie Blackwell. Und jeder, der hunderte von Seiten lang als Außenstehender wahrgenommen wurde, rückt immer näher in den inneren Kreis der Familie vor. Die Auflösung dieses kniffligen Falles verblüfft Archer schlussendlich kaum noch, dem Leser jedoch reißt es zum Schluss noch einmal die Augen auf.

Und wie kommt nun das außergewöhnliche Fortbewegungsmittel ins Spiel? Der Leichenwagen mit den sechs sonnengebräunten blonden Surfern birgt ein Geheimnis, das die Lösung fast schon auf dem Silbertablett präsentiert…

 

Es ist keine verführerische Blondine, die dieses Mal Lew Archers Büro betritt und ihn um einen (gut bezahlten) Gefallen bittet. Lew Archer hat gerade vor Gericht einer Frau ein wasserdichtes Alibi gegeben und da fängt in Alex Kincaid ab. Seine Frau Dolly ist seit ein paar Wochen verschwunden. Nicht mal einen Tag nach der Hochzeit hat sie sich aus dem Staub gemacht. Der Verlassene verliert fast die Fassung als Archer ihm rät die Ehe annullieren zu lassen. Das sagte man ihm bereits im Sheriffbüro, entgegnet ihm der derangierte Heißsporn. Lew Archer sieht, dass hinter den Donnerwolken ein sanfter Kerl steckt und schlägt in den Deal ein.

Im Honeymoon Hotel soll Dolly oft mit einem Bärtigen gesehen worden sein. Hat Chuck Begley was damit zu tun? So heißt der Brummbär, der in Dolly seine verschollene Tochter gesehen hat. Doch Dolly ist nicht Begleys Tochter und so hatte er auch keinen Grund mehr Dolly zu belästigen. Doch das Treffen mit ihm muss Dolly einen Stoß versetzt haben.

Archer findet Dolly, doch die lässt Alex ausrichten, dass sie und er niemals zusammen sein werden. Alles aus, futsch, vorbei! Fall gelöst. Alles in Butter. Zeit sich ein bisschen auf dem Campus umzusehen, den Dolly studiert. Prof. Helen Haggerty wartet schon auf Archer. So scheint es. Mit einem Trick – der Name Dolly Smith, eigentlich Kincaid, geborene McGee zieht bei dem Schnüffler immer noch – lockt sie ihn in ihr Appartement. Will sie ihn verführen, oder will sie …? Sie will ihm nur sagen, dass sie bald ermordet wird. Mehr nicht.

Helen Haggerty soll Recht behalten. Am Ende des Tages sind ihre Tage gezählt. Und auch Chuck Begley, der eigentlich einen ganz anderen Namen hat, tritt noch einmal aus der Dunkelheit hervor. Jetzt ist Lew Archer richtig gefordert.

Alex Kincaid hat in den wenigen Wochen, in denen er und Dolly zusammen waren, nur wenig über ihr Leben erfahren. Lew Archer holt diese binnen weniger Tage und Stunden nach. Vor ihm öffnet sich ein Höllenschlund, der ihn erschaudern lässt. Dolly fand als Kind ihre Mutter erschossen vor. Unter diesem Eindruck gab sie zu Protokoll, dass es ihr Vater war, den sie im Dunkeln davon stapfen sah. Mit einem rauchenden Revolver in der Hand. Jetzt ist Helen Haggerty tot. Und Dolly könnte als Täterin in Frage kommen. Sie befindet sich wieder in psychiatrischer Behandlung. Sie selbst kann erstmal nicht befragt werden.

Helen Haggerty hatte ein ähnliches Trauma erlebt. Ihr Vater war Polizist und ihrer Meinung nach entscheidend daran beteiligt einen Mord zu vertuschen. Weswegen sie ihre Heimat verließ. Das ist zwanzig Jahre her.

Lew Archer fühlt sich wie ein Zeitreisender. Alle zehn Jahre ein Drama, zwei Frauen, drei Morde, ein gehörnter Ehemann und ein Muttersöhnchen, das ein echtes Multitasking-Talent ist bis … ja, bis Lew Archer einfach nicht aufhören kann Fragen zu stellen.

 

 

Der vermeintliche Tagesablauf eines Detektivs sieht doch so aus: Eine Rauschgoldengel schwebt wie von Geisterhand ins Büro, in dem der Detektiv gerade die Hosenträger schnalzen lässt. Durch den Qualm der Zigarette wirkt sie noch geheimnisvoller. Er soll für sie jemanden finden. Doch die Sache ist weitaus komplexer.

Lew Archer fährt manchmal sogar zu seinen Klienten. Von LA Richtung Süden, Montevista. Tennisclub. Peter Jamieson erwartet den Ermittler schon. Denn Peter Jamieson ist Virgnia Fablon, Ginny, abhanden gekommen. Mehr als ihr halbes Leben kennen sich die beiden schon. Und nächsten Monat sollte diese Liebe mit viel Tamtam, prachtvollem Kleid, irritierend großer Torte, unzähligen Gästen etc. vor Gott und vor allem vor der staunenden Meute zelebriert und besiegelt werden – man ist schließlich wer. Doch dann kam ein gewisser Francis Martel in den Club. Angeblich Franzose. Angeblich adelig. Aber ganz sicher der neue Mann an Ginnys Seite! Und nun macht sie Peter Jamieson Sorgen um Ginny. Ob sie zu ihm zurückkommt, spielt für ihn keine Rolle mehr. C’est la vie oder besser shit happens. Aber er will wissen, wer dieser Martel ist. Und deswegen ist Lew Archer heute im Tennisclub von Montevista und unterbreitet seinem neuen Klienten erstmal seine Preisliste. Ganz schön teuer – Archer weiß: Je reicher die Klienten, desto knausriger werden sie. Doch Jamieson ist auf Archer angewiesen.

Ja, dieser Martel ist schon eine Type. Auf der Straße richtet er eine Waffe auf einen Mann, der ihn nur fotografieren wollte. Dabei vernimmt Archer, dass Martel seine Sätze fast immer mit einer französischen Redewendung beendet. Also scheint es zu stimmen, dass Martel Franzose ist. Es nützt nichts, um auf Nummer Sicher zu gehen, muss er Martel in die Augen schauen und seine Fragen beantwortet wissen. Doch zuvor stattet Archer dem Collegeprofessor von Ginny noch einen Besuch ab. Sie studierte Französisch bei ihm. Prof. Tappinger kann bestimmt helfen einen kleinen Test für Martel zu entwerfen.

Doch Martel besteht den Test! Er sei Franzose – ohne Pass, weil er vor De Gaulle fliehen muss. Der Präsident der Grande Nation sei sein Feind. Ziemlich hochgegriffen, doch irgendwie auch glaubhaft.

Es ist zum Verzweifeln. Jeder in dem Küstenort kennt die Geschichte von Ginny und Peter. Doch die Ursachen für das Drama scheinen nur wenige zu kennen. Ginnys Vater beging vor sieben Jahren Selbstmord. Ein aufsehenerregender und dazu noch angekündigter Badeausflug. Lew Archer muss sein gesamtes Können aufbieten, um zu erkennen, dass Liebe und Betrug nicht immer Hand in Hand gehen, doch wenn sie es tun, Opfer zu beklagen sind. Ginny hat vor sieben Jahren ihren Vater verloren. Etwa zur gleichen Zeit war ein Feliz Cervantes in der Stadt, die er hastig wieder verließ. Doch dieser Cervantes hieß eigentlich Pedro Domingo, kam aus Panama und behauptete damals schon, dass er zurückkommen werde, um ein Mädchen aus gutem Haus zu ehelichen. Und so sollte es auch kommen… Am Ende steht Ginny allein da. Ohne Vater, ohne Mutter, ohne Ehemann.

 

Jean, Stan und Ronny – klingt nach einer amerikanischen Folkband, die mit der Gitarre über der Schulter durchs Land tingelt. Doch bis auf das Tingeln liegt dieses Bild schief in der Landschaft von Lew Archer. Er ist gerade aufgestanden, als ihm Ronny, ein Knirps von einer Handvoll Jahren beim Buschhäherfüttern Gesellschaft leistet. Ein aufgewecktes Kerlchen. Das ändert sich als Stan die Szene betritt. Mürrisch, aggressiv ermahnt er seinen Zögling sich zu beeilen, weil er mit ihm zu Oma Nell fahren will. Ronny ist eingeschüchtert. Auch das erfrischende Wesen seiner Mutter Jean kann die Situation nicht retten. Die Drei bewohnen vorübergehend die Wohnung der Wallers, die Jean in weiser Voraussicht Lew Archer als Ratgeber und im schlimmsten Fall als Helfer in der Not angegeben haben.

Und dieser Umstand wird schneller Realität als allen Beteiligten lieb ist. In der Nähe von Oma Nells Haus wüten verheerende Waldbrände. Jean ist besorgt. Auch als sie endlich Nell telefonisch erreicht, von Archers Apparat, legt sich ihre Anspannung nicht. Im Gegenteil. Stan hatte wohl nie vorgehabt mit Ronny zu Nell zu fahren. Und das blonde Gift auf dem Beifahrersitz, Archer hatte nur ihre Schultern erkennen können, tragen auch nicht unbedingt dazu bei Jean zu beruhigen. Archer schnappt sich Jean und fährt mit ihr zu dem Haus, in dem sie und Stan eigentlich wohnen. Dort gab es einen riesigen Streit. Stan hatte eine Frau bei sich, Sue. Und die steht schon bald im Fokus von Archers Interesse.

Doch zuerst findet Archer heraus, warum Stan ein so derart getriebener Mensch ist: Stan wurde in Kindertagen vom Vater verlassen. Nun ist er geradezu versessen seinen Erzeuger zu finden. So versessen, dass er alles diesem Ziel unterordnet. Doch dieses Ziel wird er nicht erreichen! Im Waldbrandgebiet in den Bergen wird seine Leiche entdeckt. Von Sue, seiner Begleiterin, die nirgends einen guten Eindruck hinterlassen hat, fehlt jede Spur. Auch von Ronny!

Sue und ihr Komplize / Begleiter Jerry teilen nicht nur den Weg, den sie nun gemeinsam mit dem Broadhurst-Jungen beschreiten, sondern eine weitere  gemeinsame Person: Leo Broadhurst, Ronnys Opa und Stans Vater.

Lew Archer geht es dieses Mal nicht ums Geld. Die Summen, von denen er in anderen Fällen gern mal redet, stehen hier kaum zur Debatte. Mit Fingerspitzengefühl wird er Klienten, Zeugen, Befragten und Verdächtigen gleichermaßen gerecht. Ein Urteil erlaubt er sich nicht. Alle haben schon genug mit sich und der eigenen Geschichte zu tun. Lew Archer ist Amerikaner durch und durch. Doch Stereotypes Amerikanisch sucht man in Ross Macdonalds Roman vergeblich.

 

Das Schlimme am Urlaub ist, dass er irgendwann in absehbarer Zukunft zu Ende sein wird. Lew Archer hat gerade ein paar Tage Urlaub hinter sich. Mexiko. Schon auf dem Heimflug, im Landeanflug sieht er seinen neuen Fall unter sich auf dem Ozean schwimmen. Noch weiß er nicht, was ihn erwartet, doch Neugier ist in seinem Metier Grundvoraussetzung für Erfolg. Ein Ölteppich treibt vor der Küste von Pacific Point. Eine Bohrinsel hat sich in Busch‘scher Manier verabschiedet. Rumms, das ging die Pfeife los, heißt es bei Wilhelm Busch. Bei Jack Lennox‘ Ölplattform gab es einen Riesenknall und die Umweltkatastrophe war unabwendbar.

Pacific Point ist Lew Archers Lieblingsplatz. Er ist gern hier. Und nun dieses Sauerei! Am Strand – ihn zieht es nicht nach Hause, sondern dorthin – trifft er eine überaus attraktive junge Frau, die ihm ansatzweise verwirrt vorkommt. In der Hand hält sie einen ölverschmierten Vogel. Sie traut dem Fremden nicht, der ihr Fragen stellt. Archer bietet ihr an sie mitzunehmen. Zu sich. Denn diese junge Frau, Laurel Russo, hat offenbar keine Ahnung wohin sie soll. Bei ihm könne sie jemanden anrufen, der sie abholt, ihr helfen kann. Doch dann ist Laurel verschwunden. Schlagartig begreift Archer, was gerade geschehen ist. Aus seinem Apothekerschränkchen fehlen gute drei Dutzend Schlaftabletten. Genug, um sich umzubringen. Das weiß auch Tom Russo, Laurels Ehemann. Der ist Apotheker und Archer neuer Kunde. Hundert Dollar pro Tag plus Spesen. Kein Pappenstiel. Denn Russo hat kaum Geld, seine Schwiegereltern dafür umso mehr. Ihnen gehört die Plattform, die so auffällig von der Erdoberfläche verschwunden ist.

Sein erster konkreter Auftrag lautet sich mit den Angehörigen der verschwundenen Laurel Russo zu unterhalten. Tom Russo habe so viel zu tun, dass er unabkömmlich sei. Zu viel zu tun, um die eigene Frau zu suchen oder sich zumindest mit den Eltern und Großeltern zu unterhalten? Archer bekommt einen ersten ungefähren Einblick in die Familienverhältnisse. Alle sind so verschlossen. Nur, wen es um Tom und Laurel geht, haut jeder einen raus. Tom kann keiner so recht leiden. Umgekehrt ist es nicht anders. Tom ist verklemmt und sozial inkompetent. Aurel ist seine erste Frau. Wenn sie weg ist, wird sie es wohl auch für eine lange Zeit geblieben sein. Untereinander gönnt man sich auch nicht viel. Erbe hin oder her – die Familie Lennox ist ein ganz besonderes Exemplar kalifornischer Familienclans. Und Archer mittendrin. Doch ein gibt einen Lichtblick, fast schon fatal: Laurel hat es ihm angetan…

Beim Märchen Dornröschen weiß jeder wie es ausgehen wird. Sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage. In Ross Macdonalds „Dornröschen“ wird der Leser von einer emotionalen Achterbahnfahrt erfasst, aus der er nicht aussteigen kann.

 

Lew Archer ist spät dran. Mit etwas Verspätung trifft er bei Jack Biemeyer ein. Der ist wenig erfreut wegen der Wartezeit, doch der Fall ist dringend. Ihm wurde ein Bild gestohlen. Ein offensichtlich wertvolles Bild von einem gewissen Richard Chantry. Sein Frau Ruth hat den Maler gekannt. Zu gut, wie Biemeyer durchblicken lässt. Dieses Mal keine verschwundene Person, die Archer suchen muss? Abwarten!

Ruth Biemeyer ist zugänglicher als ihr Gatte. Sie erzählt von dem Bild und dessen Bedeutung für sie. Sie besitzt sogar etwas ganz Persönliches des Künstlers. Aber dazu später. Ruth erzählt auch von ihrer Tochter Doris. Der Umgang, den die Zwanzigjährige an der Uni pflegt ihren durchaus wohlhabenden Eltern überhaupt nicht. Vor allem dieser Fred Johnson ist ihnen ein Dorn im Auge. Ein ewiger Student, der sich auf dem Campus scheinbar eingenistet hat. Aber vor allem, weil er sich so unnachgiebig bei seinem einzigen Besuch bei den Biemyers für das nun gestohlene Bild interessiert hatte. Und prompt auch über den Preis des Bildes philosophierte. Eines aus einer kleinen Serie mit Bildern, die Chantry aus der Erinnerung heraus gemalt hatte. Also ohne konkrete Vorlage oder ein Modell.

Lew Archer taucht nun in eine Welt, die ihm sehr vertraut ist. Freds Mutter kann sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass ihr kleiner Freddy ein Dieb ist. Auch Francine Chantry, die Ex-Frau des Künstlers kennt Fred Johnson. Ihr ist er niemals negativ aufgefallen.

Wäre da noch Paul Grimes. Der Galerist hat Ruth Biemeyer vor einigen Jahren das Bild verkauft. In dieser Gegen vor den Toren Los Angeles‘ kennt jeder den Künstler Richard Chantry. Seine Bilder hängen im Museum, und sie sind was wert. Zehn- bis zwölftausend Dollar, so schätzt Ruth Biemeyer den Wert ihres gestohlenen Gemäldes ein. Doch Paul Grimes lässt sich von seiner Assistentin verleugnen.

Es gibt Zweifel. Fred Johnson hat das Bild wohl nur, um es unter die Lupe zu nehmen. Er ist mittlerweile nicht mehr nur Fan des Malers, sondern ein richtiger Experte. Doris hat es ihm zukommen lassen. Von Diebstahl kann also nicht mehr die Rede sein. Oder doch? Denn Fred Johnson kann das Bild nicht mehr vorzeigen. Nun wurde ihm wiederum das Bild gestohlen. Und Lew Archer hat doch noch so was wie Glück. Er findet Paul Grimes, den Galeristen. Allerdings hat der eine klaffende Wunde…

Trotz all seines Charmes wird Lew Archer immer wieder ausgebremst. Immer ist er einen Schritt zu spät. Wenn er herausfindet, was damals vor fünfundzwanzig Jahren passiert ist, als Richard Chantry einen Abschiedsbrief schrieb und auf Nimmerwiedersehen verschwand, könnte er einem großen Geheimnis auf die Spur kommen. Ran ans Werk!