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Sommerwasser

Eine Ferienhaussiedlung in Schottland. Vor einem Wasser, über einem Wasser, unter einem Wasser. Selbst, wenn man zurückschaut Wasser, Wasser, Wasser. Es sollen unvergessliche Tage werden. In Schottland. Erholung, Ausspannen, ohne Zwang und Regeln. Doch wenn es regnet, ist man Gefangener im eigenen Traum. Vier Wände Plus. Das war’s.

Die Hausarbeit macht immer derjenige, der sie auch zuhause erledigt. Und Vorsicht vor den knarzenden Dielen! Nur nicht den Partner wecken. Der hat sich seine Auszeit redlich verdient. Kinderbespaßung bei Regen? Oh je, permanent ist man in der Pflicht der Familie nachhaltige Eindrücke zu vermitteln. Ferienhaussiedlung hin oder her – bei so viel Wetterabhängigkeit kehrt der Alltag schneller zurück als man sich ducken kann.

Sarah Moss nimmt diese spezielle Art des Urlaubens genauer unter die Lupe. Es sind keine kleinen Reportagen über nicht sitzende Fliegengitter oder planmäßige Wassereinteilung und Waschzeiten. Hier ist für den Komfort gesorgt. Nun muss der Gast nur noch seinen Platz finden. Meist geschieht das – im Regen – mit dem symbolischen Kissen unterm Arm. Schauen, wer noch so da ist, was die Anderen so treiben. Die Autorin schaut aus ihrem Fenster und sieht die Welt wie sie wirklich ist. Durchstrukturiert, und so gar nicht losgelöst von zuhause. Alles wie gehabt. Joggen, Frühstück machen, ein bisschen kajaken. Die innere Stoppuhr immer im Blick und niemals den Stoppknopf drückend.

Es sind keine bitterbösen Beobachtungen, die Sarah Moss in „Sommerwasser“ zum Besten gibt – und dieser Superlativ ist hier wirklich angebracht. Sie muss sich nicht verstecken, um „die Anderen“ zu beobachten. Hier schaut eh jeder auf den Anderen. Man zerreißt sich das Maul über die Aussprache eines Nachnamens. Wer sich für Fußball interessiert, dem kommt der Name Shevchenko eigentlich locker über die Lippen. Aber manchmal ist es doch angenehmer dem Frust über die eigene Unzulänglichkeit mit einer Brise Anmaßung („Scheiß-chenko“, Zitat) entgegenzutreten und sich zumindest einen Moment lang augenscheinlich zu erheben.

Die Frage, wann man „Sommerwasser“ lesen sollte, ist weitaus schwieriger zu beantworten als man sich eingestehen will. Liest man es vor dem Urlaub, in einer Ferienhaussiedlung, währenddessen oder lieber im Nachgang. Liest man es zu intensiv vor Abfahrt, kann die Stimmung abfallen und vor Ort nur noch durch permanenten Sonnenschein aufgehellt werden. Im Nachgang dieses Buch zu lesen, fördert sicherlich jede Menge Kopfnicken hervor. Wer sich in die Höhle des Löwen begeben möchte und den Mut aufbringt es zwischen Couch, Veranda und dem nächsten Ausflug zu lesen, muss sich auf allerlei Selbsterkenntnis einstellen. Fakt ist, dass Sarah Moss den Urlaubern nicht nur aufs Maul schaut, sondern mit dem ganz großen Holzlöffel ihre Seele gehörig zum Brodeln bringt.

In 80 Pflanzen um die Welt

Da muss man erstmal drüber nachdenken, was man von so einem Buch erwarten soll. Länderspezifische Pflanzen. Was gibt es da alles? Einen Spaghettibaum in Italien? Das war mal ein Erster-April-Scherz im britischen Fernsehen. Auf die Artischocke kommt man erst bei sehr langem Nachdenken.

Die Mistel und Frankreich in Verbindung zu bringen, gelingt vor allem Asterix-Fans. Miraculix kraxelt in die Wipfeln der Bäume mit seiner kleinen Sichel, um die Zutaten für seinen Zaubertrank zu besorgen. Ist man erstmal im Nachdenkerausch, ist es auch nicht mehr so weit bis zum Kaffeestrauch in Äthiopien. So einen Strauch haben dann doch aber im Verhältnis zu den Kaffeegenießern Wenige gesehen. Und noch weniger weiß man, dass seine Blätter den Schatten bevorzugen. Die Früchte sind eine Delikatesse für Affen und Vögel. Heute kaum vorstellbar ist die Tatsache, dass vor rund vierhundert Jahren – inzwischen wusste man wie man aus der Frucht ein köstliches Getränk bereitet – Kaffee von der katholischen Kirche als Teufelsdroge verschrien war. Papst Clemens VIII. „opferte sich“ und probierte … und siehe da: Es war gut! Nix mehr Verteufelung!

Schon mal versucht eine üppig wachsende Agave von A nach B zu transportieren ohne sich dabei die Haut vielschichtig aufzureißen? Mexikaner können sicher darüber nur lachen. Denn dort ist diese Kakteenart heimisch. Und sicher weiß man auch wie man damit umgeht. Wahrscheinlich lässt man sie an Ort und Stelle und freut sich an ihrem Wachstum und dem überwältigenden Formenspiel.

Jonathan Dori lädt die Botanikfreunde ein sich mit ihm auf eine vergnügliche Reise durch die Flora der Welt zu machen. Ein Hauch Muskat in Indonesien. Vielleicht sogar an Fuchsschwanzblättern? Dazu müsste man aber über den Pazifik gen Osten reisen. Bis nach Peru. Denn dort gedeiht diese widerstandsfähige Prachtpflanze. Nicht nur hübsch anzusehen – mittlerweile auch in unseren Gefilden, Fuchsschwanz ist halt widerstands- und anpassungsfähig – sondern auch als Nutzpflanze einsetzbar.

Dieses Buch macht Appetit und schärft den Blick für die Pflanzen links rechts, über die man sonst eher im besten Fall den Blick nur streifen lässt. Die Abbildungen, diese wunderbar poetischen Zeichnungen von Lucille Clerc sind ein andauernder Frühlingskick, der niemals vergeht.

Der lebende Berg

Schon Hannibal Lector wusste, dass wir das am meisten begehren, was wir täglich sehen. So muss es auch Nan Shepherd ergangen sein. Sie sah Zeit ihres Lebens die Cairngorms vor sich. Diese Erhebungen im Nordosten Schottlands faszinierten sie. Sie reiste viel, von Norwegen bis Südafrika. Doch zu rück in der Heimat wusste sie, dass nur diese Berge ihr Glück bedeuten können.

In der Mitte der Vierzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts begann sie ihre Erlebnisse am, im und rund um die Cairngorms aufzuschreiben. Behielt sie aber drei Jahrzehnte in der Schublade. Nun sind sie in einer wunderbar gestalteten Neuauflage nachzulesen, zu bewundern und machen Lust auf Wandern. Auch diejenigen, denen das Auf und Ab nicht unbedingte Zuneigung abfordern, werden eingestehen, dass Nan Shepherds Worte Spuren hinterlassen.

Ihr Drang sich diesem Berg zu nähern, ihm seine Geheimnisse zu entlocken, ist atemberaubend. Kein Souvenirladen an den Hängen wird, kein Reiseguide wird mehr über diese Landschaft erzählen als die Englisch-Dozentin vom Aberdeen College of Education. Ob wolkenverhangene Gipfel, das glasklare Wasser, das duftende Moos, die gespenstischen Skelette der Bäume, die einzigartigen Aussichten … Nan Shepherd zieht mit ihren klaren Worten den Leser sofort in ihren Bann.

Man muss wirklich kein Wandervogel sein, um beim Blättern und Lesen ins Schwärmen zu geraten. So eindringlich wurde selten zuvor eine Landschaft beschrieben. Man will umgehend sich Wanderschuhe zulegen, die Koffer packen und auf ihren Spuren wandeln. Flora und Fauna kennt man ja bereits aus den zwölf Kapiteln. Und dennoch wird man sicher das eine oder andere entdecken, dass Nan Shepherd vors Auge kam. Denn die Region hat sich verändert.

Als sie zum ersten Mal das Gebirge erkundete, war sie fast allein. Als sie sich entschloss ihre Gedanken zu veröffentlichen, gab es Straßen, Hütten, zarte Anfänge einer Tourismuslogistik. Wie oft Nan Shepherd hier oben war, lässt sich nicht einwandfrei nachvollziehen. Es müssen Hunderte, wenn nicht Tausende Wanderungen gewesen sein. Wo andere ihren Namen ins Gehölz schnitzen, um Nachkommenden ihre Anwesenheit aufzudrängen, schweigt die Autorin. Sie wird das hinterlassen, was wirklich wichtig ist: Den Berg in all seinen Facetten. Sie isst, was ihren Weg kreuzt. Sie trinkt das frische Wasser, dass kaum ein paar Meter zuvor dem Berg entsprungen ist. Sie wandert trittsicher, wo andere ins Stocken kommen. Und sie berichtet so treffsicher wie Robin Hoods Pfeil im Ziel steckt. Ein Klassiker, der niemals seine Kraft verlieren wird!

Highlights Schottland

Da, wo man sich wohlfühlt, lass Dich nieder. Böse Menschen haben keine schönen Bilder. Und wer diesen Bildband auch nur oberflächlich betrachtet – was man eh nicht tut, weil er zum Eintauchen einlädt – wird niemals mehr kariert aus der Wäsche schauen!

Schottland und Sehnsucht – diese Mixtur treibt viele an dieses Land einmal zu besuchen. Ein schier endloser Horizont, der auf dem Weg die gesamte Farbpalette präsentiert. Historische Bauten, die vor lauter Geschichte zu beben scheinen. Und ein einzigartiges Licht, das nur hier seine Wirkung entfalten kann.

Fünfzig Ziele sollen es sein, die in diesem Buch dem Leser ein inneres Beben der Sehnsucht hervorrufen werden. Die Ortsnamen sind gewöhnungsbedürftig. Glen Shiel – wo die Spanier untergingen (wenn man der Überschrift des Kapitels glaubt) – klingt da noch verhältnismäßig eingängig. Auch mit Mull of Kintyre kann man sich anfreunden, besonders wenn man ein Beatles-Fan ist und bei Paul McCartney immer noch ins Verzücken gerät. Und Whisky, ohne e vor dem Ypsilon – das wird den Amerikanern überlassen – gehört zu Schottland wie die Frage, was die Männer unterm Rock, pardon, Kilt, tragen. Um es vorweg zu nehmen, sie tragen … nein, auch in diesem Buch wird diese Frage nicht abschließend beantwortet. Es ist schließlich ein Bildband!

Und der hat es in sich. Schon auf den ersten Seiten, genauer gesagt auf Seite Elf schlägt die Stunde der Wahrheit. Denn Schottland ist nicht nur Glasgow, Edinburgh und ein paar Seen mit Bergen. Die ganze Karte ist übersät mit Highlights, die man gesehen haben muss. Und die natürlich in diesem Band vorgestellt werden.

Jedes einzelne Kapitel schottisiert den Leser mit jeder Zeile. Doch das Highlight sind die erstklassigen Abbildungen! Exakt gegärtnerte Landschaftsoasen, feierliche Zeremonien mit blankgeputzten Uniformen, perfekt ins rechte Licht gesetzte Burgen und Schlösser, aussagekräftige Detailaufnahmen … ach, man müsste jetzt in Schottland sein. Denkt man sich bei jedem Umblättern. In der Umgebung von Edinburgh, der Hauptstadt Schottlands, liegt Lothian. Hier beginnt für die meisten der Kampf mit der Sprache. Setzt man sich – fast schon typisch schottisch – darüber hinweg, wird man mit rauer Natur belohnt.

Weiter im Westen, in den westlichen Highlands und auf den Hybriden, kann das sogar noch getoppt werden. Alles ein bisschen noch rauer, wilder, ungestümer, sehnsuchtsvoller.

Petra Woebke und Peter Sahla wecken nicht nur die Reiselust auf Schottland, sie haben auch gleich das fiebersenkende Mittelchen parat. Jetzt liegt es an einem selbst. Den Kopf voller Bilder, Ideen en masse für den nächsten Urlaub. Fehlt nur noch die Reise…

Laaanges Wochenende

Die Zeit zwischen zwei Urlauben ist die härteste für alle, die nicht zwischen den eigenen vier Wänden festwachsen wollen. Ein Kurztrip übers Wochenende – oder noch besser das Wochenende ein wenig verlängern – ist der immer mehr in den Fokus der Tourismusmanager rückende Kurzurlaub. Mal ein, zwei, drei Tage raus aus dem Trott und schauen, wo auf der Welt es was zu entdecken gibt. Ob nun einfach mal die Seele baumeln lassen oder auf eine knackige Entdeckertour gehen – in der Kürze liegt die Würze. Nur ein paar Stunden entfernt von Zuhause sieht die Welt oft schon ganz anders aus. Die Auswahl ist riesengroß. Vom irischen Galway bis in die alte polnische Königsstadt Krakow, vom idyllischen Oslo bis ins quirlige Palma de Mallorca, auch mal ohne Komasaufen: Dieser Band wird ein redseliger Ratgeber sein für alle, die dem Grau des Alltags das Bunte der Welt entgegensetzen wollen.

Hält man das Buch erstmalig in den Händen, ist man auf Anhieb fasziniert von der Auswahl der vorgestellten Destinationen. Von Strasbourg über Portofino, von Porto bis Brno sind die Ziele wohlbekannt, doch oft dem Schnellzugriff bei der Urlaubsortfindung entzogen. Weniger bekannte Orte wie Pointe du Raz, der westlichste Punkt Frankreichs, ist von nun an ein Sehnsuchtsort, den man gesehen haben muss. Wenn man vorsichtig an den Klippen wandert und den Blick nach unten schweifen lässt, wird man Zeuge der Urgewalt des Meeres. Wer nur ein wenig nordöstlich reist, landet unweigerlich auf einer der Kanalinseln wie Jersey, die seit ein paar Jahren wieder verstärkt um die Gunst der Besucher buhlt.

In Luzern über die Kapellbrücke schlendern, in Dubrovnik auf der Stadtmauer auf Meer und Altstadt schauen oder originelles Windowshopping im Stockholmer Stadtteil Södermalm – hier wird jeder fündig. Bei jedem Umblättern steigt der Puls und die Zeit bis zu den nächsten freien Tagen wird unerträglich lang. Jetzt hat man aber zumindest ein Ziel vor Augen, beziehungsweise sind es gleich zweiundvierzig in fünfzehn europäischen Ländern.

Schottland

Schottland_Iwanowski

Mythen, Whisky (ohne „e“ vorm „y“!), Golf. This is Scotland! Wenn’s so wäre, wäre dieses Buch nicht in der zehnten Auflage erschienen und nur ein ödes Blatt Papier. Mit ein paar Bildchen, Platz wäre ja noch genug. Wer sich die Zahlen anschaut, erkennt sofort, dass alle, die schon mal in London waren (oder es, aus welchem Grund auch immer, umgehen wollen) und die Insel lieben, als nächstes Ziel Schottland angeben. Und doch ist Schottland nicht überlaufen. Außer in der Saison die eine oder andere Stadt vielleicht.

Auch wäre es falsch zu behaupten, dass Glasgow und Edinburgh (wobei das „burgh“ nicht wie in Burger mit einem „ö“ ausgesprochen wird, sondern eher einem „boro“ wie in der Zigarettenmarke) die eigentlichen Höhepunkte der Schottlandreise sein werden. Klar, Edinburgh Castle ist sehenswert. Aber andere Mütter haben auch hübsche Töchter.

Für Royalisten ist Schloss Balmoral eine Stippvisite wert. Hier verbringt die Queen ihre Sommerferien. Und gleich in der Nähe gibt es das, was auf alle Fälle, aber nicht sofort mit einem Schottlandurlaub in Verbindung bringt. Wer am ersten Septembersamstag das Örtchen Braemar besucht, wird es nie wieder so stimmungs- und voll erleben. Denn dann finden hier das Braemar Royal Highland Gathering statt. Highland Games. Mit allem, was dazu gehört, zusätzlich dem, was bei allen anderen Nachahmer-Veranstaltungen fehlt. Zum Beispiel spielen Dudelsack-Kapellen … um die Wette, um die Ehre und um einen begehrten Preis.

Gut betuchte Besucher – und das Wort „betucht“ muss dieses Mal wortwörtlich genommen werden – suchen die natürliche Ruhe der Highlands und der Lowlands. Schottland bietet Wanderern, Klettermaxen und Naturliebhabern ein wahres Füllhorn an Betätigungsmöglichkeiten. Munros nennt man die knapp eintausend Meter hohen Berge. Fast dreihundert sind es und mittlerweile ist es zu einer Art Sport geworden sie alle zu besteigen. Rekorde in Schnelligkeit und Anzahl und Wiederholung sind die Antriebsfeder.

Nur diese paar kleinen Auszüge beweisen, dass Schottland eben mehr als nur der ewige Kampf von Celtic gegen die Rangers im Fußball ist, übrigens sind ab der Saison 2016/17 wieder traditionelle Old Firm Derbies an der Tagesordnung. Die zehnte Auflage des Reisebandes für Individualisten ist das Verbindungsglied zwischen Wunsch und Realität. Der Stadtplan Edinburghs auf der letzten Umschlagseite, die herausnehmbare Karte (alle Karten sind außerdem online abrufbar), die farbigen Seiten mit praktischen Reiseratschlägen, Verhaltenshinweisen, die immer wieder eingestreuten Einkehr- und Unterkunftstipps. Der Reiseband geizt nicht mit handfesten Tatsachen, die es jedem Urlauber, Wanderer, Reisenden, Besucher leichtmachen sich in rauen Schottland heimisch zu fühlen und möglichen Touri-Fallen aus dem Weg zu gehen. Auch wenn die Frage, was der Schotte unterm Kilt nicht endgültig gelöst wird (niemand kann das!), so weiß man doch, was der Schottlandbesucher im Gepäck hat: Diesen Reiseband!

Gebrauchsanweisung für Schottland

Gebrauchsanweisung für Schottland

Gleich der erste Satz gleicht einem Aktualitätsdonnerwetter: Schottland ist nicht England! Wenn man das nur ein paar Tage nach dem Brexit-Referendum (bei dem Schottland mit ansehnlicher Mehrheit für „Bremain“ gestimmt hat) liest, weiß man, wie der Hase läuft. Schottland ist anders, und eben nicht England.

Mit besonderer Leidenschaft widmet sich Autor Heinz Ohff dem schottischen Witz. Der wäre ohne England und Engländer nicht denkbar. Doch kleine Nickligkeiten erhalten die Freundschaft. Und bei einem

Dram, tot, nip oder spot lässt sich die Unterschiedlichkeit am besten vergessen. Die vier Begriffe sind nichts anderes als ein Synonym für einen „Schluck“ Whisky, ohne „e“ vor dem Ypsilon. Das bleibt den Amerikanern vorbehalten!

Auch kulinarisch ist Schottland nicht gerade der originäre Reisegrund. Haggis, das optisch oft fragwürdige, geschmacklich – je nach Anbieter – durchaus schmackhafte Mahl, ist so was wie die Currywurst in Deutschland. Gibt‘s überall. Schmeckt aber nicht überall gleich (gut). Sollte, nein, muss man probieren. Heinz Ohff hat sich bei seinen Aufenthalten in Schottland überzeugen lassen. Doch meint er auch, dass es nicht gerade als Kompliment gilt, Schottland über den Haggis zu definieren. Wir Deutschen wollen ja auch nicht nur auf Currywurst reduziert werden…

Doch nicht nur die Engländer bekommen von den Schotten (den Scots, Scotch wird scottish getrunken – so viel Zeit muss für die Grammatik bleiben) gern mal eines verbal drübergezogen. Auch untereinander gibt es mehr oder weniger ernstgemeinte Querelen. So wie die zwischen Edinburgh und Glasgow. Oberflächlich betrachtet ist das an Einwohnern weit überlegene Edinburgh die Stadt zum Anschauen, Glasgow mit etwas mehr als der Hälfte der Einwohner die Macherstadt. Architekturanregungen gingen von hier in die ganze Welt hinaus. Die Glasgow School of Art ist erst auf den zweiten Blick eine Augenweide. Wer die Möglichkeit hat, sie von innen zu erforschen, sollte das Angebot annehmen.

Bei all den Rivalitäten, die Heinz Ohff aufzählt, bekommt man beim schnellen Überlesen den Eindruck, dass hier der Wettkampf zu Hause ist. Doch der ehemalige Feuilletonchef umgeht geschickt wort- und detailreich den Fauxpas den Schotten Kampfeslust zu unterstellen. War Schottland bis vor Kurzem noch das El Dorado der Allwetter-Bekleidungsjünger, die per pedes Schottland ursprünglich und sanft erurlauben wollten, so gibt der Autor hilfreiche Tipps für Schottlandjungfrauen als auch tiefergehende Ratschläge für alte Schottlandrecken. Schottland ist mehr als nur grünbeweidete Hänge und Burgen, trinkgelageartige Abende und gewöhnungsbedürftiges Essen. Wenn der abgenutzte Spruch zutrifft, dass an irgendeinem Platz der Welt Tradition und Moderne aufeinandertreffen, dann ist es wohl in Schottland. Wer England kennt, wird hier ein weiteres Kapitel in der Britain-Ablage einrichten.

Schottland

Schottland

Schottland – das Land der unendlichen grünen Weite. Alle sind glückselig, trinken den eigenen Whisky (ohne E vor dem Ypsilon!, ganz wichtig). Klingt ein wenig rückständig,  wenn auch romantisch. Schottland ist jedoch mehr als verlassene Burgruinen und durch die raue Witterung gegerbte Haut. Schottland ist ein Touristenziel, das anders und gleichsam nicht viel anders ist als andere Destinationen. Anders, weil hier die Uhren manchmal anders ticken. Gleich, weil auch hier Tourismus nicht nur aus Spaß an der Freude betrieben wird.

Der Reiseband von Andreas Neumeier – und damit haben wir es auch gleich hinter uns – hat einen Nachteil: Die Überraschungen vor Ort halten sich im überschaubaren Rahmen. Man kann es kaum glauben: 792 Seiten reichen wirklich aus, um dieses so abwechslungsreiche Land ausgiebig und tiefschürfend zu erkunden. Als Dreingabe gibt es eine Karte im Maßstab 1:300.000.

Was tragen Schotten unterm Kilt? Muss ich damit rechnen, dass ich auf freiem Feld auf einmal auf eine Arme aus entblößten Hinterteilen starre? Spielt wirklich jeder Schotte Golf? Wem diese Fragen bekannt vorkommen, muss dieses Buch lesen. Nicht wegen der Antworten. Die muss man eh selbst für sich beantworten – sieht bestimmt lustig aus, wenn man gestandenen Mannsbildern, auf Knien rutschend, entgegen robbt, um …Lassen wir das! Nein, es geht nicht um die Klischees. Vielmehr werden in diesem Buch Fragen beantwortet der Autor Fragen, die man sich nicht vorstellen konnte zu stellen. Zum Beispiel die Frage nach dem Wohin. Wohin in Schottland? In die Highlands? Nach Galloway? Nach Edinburgh? Strathclyde oder auf die Isle of Skye oder die Orkneys? Aberdeen als Boomtown – vorstellbar? Eine Ölmetropole wie Dallas, denn ohne schottisches Öl wäre Aberdeen immer noch ein verschlafenes Nest. Auf alle Fälle mindestens eine Stipvisite wert.

Im Kapitel Central Five Tayside – eine Region, die nur jemandem bekannt ist, der schon einmal dort war, oder der dieses Buch gelesen hat, lockt der Queen Elizabeth Forest Park. Der Autor bezieht sich nicht nur auf das, was es hier alles zu sehen gibt, sondern beschreibt auch wunderschön und detailliert den Weg dorthin. Wer sich dann noch verfährt, macht einen Umweg. Aber einen der sich lohnt. Ausgedehnte Seetouren, unberührte Natur, einsame Wanderungen.

Andreas Neumeier ist schreibender Schotte, was nicht bedeutet, dass er sparsam mit seinem Wissen umgeht – im Gegenteil: Er schüttet sein Füllhorn des Wissens mit herzerfüllter Freude aufs Papier. Das spürt man mit jeder Seite, die man durch die Finger gleiten lässt. Wer Schottland bereist, hat Leidenschaft im Blut. Der Autor hat es auch und teilt mit Freuden seine Leidenschaft mit dem Leser.

Schottland fürs Handgepäck

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Modezaren halten die Schotten für die freiesten Menschen der Welt. Engländer halten die Schotten für die Eigenartigsten. Ihr Dialekt ist für Englischsprechende gewöhnungsbedürftig. Schottland gehört immer noch zu den Geheimtipps für Individualreisende. Zerklüftete Felsformationen, ein stetig beißender Wind, eine Sportkultur, die echte Kerle erfordert. Das ist Schottland.

Das ist ein Klischee. Diese Zusammenstellung von Texten beweist, dass Schottland mehr ist als das Land der rauen Sitten. Virginia Woolf besucht Skye, die Insel des Whiskeys. Ringsum nur Meer, absolute Stille … fast wie in der Südsee. Eine eigenwillige Deutung der Umgebung.

Theodor Fontane lässt’s spuken bzw. ist dem Spuk auf der Spur. Und Coco Chanel lässt sich beim Angeln begleiten.

Jede einzelne Geschichte zeigt Schottland von einer anderen Seite. Der Leser wird jedes Mal aufs Neue überrascht und neugierig gemacht. Wer in einem Reisebuch blättert, weiß, wo er lang gehen muss, um fest in der Erde verankerte Zeugnisse der Geschichte zu finden. Ihm wird der Weg zu ehrfürchtigen Gemäuern und Trutzburgen gezeigt – auch das ist Schottland.

Wer den Weg in die schottische Seele sucht, kommt um intensiveres Lesen nicht herum. Seit Zeiten haben die schottischen Highlands, die düsteren Schlösser und die weite See die Phantasie beflügelt. Einsam an den Klippen zu sitzen, der tosenden See zu lauschen – ein Traum für Viele. Doch diese Eindrücke in Buchstaben, Worten, Sätzen festzuhalten, gelingt nur Wenigen. Die, denen es gelungen ist, sind in diesem Buch versammelt. Sie schildern ihre Eindrücke zweifelsfrei. Dem Leser bleibt es überlassen nur in Gedanken nach Schottland zu reisen oder gleich die Koffer zu packen. Letzteres wird meist vor sich hergeschoben. Das Reisefieber wird allerdings nicht so schnell zu kurieren sein.

„Schottland fürs Handgepäck“ ist aber nicht einfach nur der Titel des Buches, es ist eine Aufforderung. Dieses Buch darf man nicht zu Hause liegen lassen. Immer mal wieder darin blättern. Die eine oder andere Geschichte abermals lesen. Das ist die Bedienungsanleitung für dieses Buch.