Ricardo Blanco – Las Palmas de Gran Canaria

Unter der Sonne der Kanaren, in Las Palmas auf Gran Canaria, ist er der ungekrönte König der Privatschnüffler: Ricardo Blanco. Ein Marlowe unter tropischer Sonne, ein Poirot im Paradies. Wobei der bei den Temperaturen sicherlich eingehen würde – so viel Selbstbewusstsein hat Blanco.

Er sitzt in seinem Büro und sinniert über seine Vorbilder als María Arancha Manrique in seinem Büro Platz nimmt. Manrique – ihrem Onkel hat er mal geholfen. Damals. Ein misstrauischer Typ war der. Nicht zu unrecht. Blanco half ihm untreue Parteigenossen ans Tageslicht zu befördern. María Arancha berichtet ihm vom Tod ihres Verlobten. Toñuco Camember (Blanco kann sich eine gewissen Grinsens nicht erwehren, aber ein T gibt es im Namen des Toten nun einmal nicht) soll sich selbst ins Jenseits befördert haben. Die Polizei glaubt das. Und bald schon weiß Blanco, dass es Kräfte gibt, die diese Theorie gern unterstützen. Doch Arancha glaubt das alles nicht. Sie wollten heiraten und überhaupt ist – war – Toñuco nicht der Typ, der zur Waffe greift, um sich selbst zu richten. Ricardo Blanco schenkt ihr schnell Glauben als er die Tatortfotos sieht. So liegt kein Selbstmörder da. Zu viele Fehler in der Positionierung der Leiche. Natürlich ermittelt er. Das Salär ist vorzüglich. Und er kann jede Pesete – ja, der Roman hat schon ein paar Jährchen auf dem Buckel – gebrauchen. Und das sagt er ihr auch. Durch und durch ein harter Hund, dieser Ricardo Blanco.

Und mit der blütenweißen Weste des Unschuldslammes macht er sich auf den Weg den wahren Täter zu finden. Prompt landet er in Kreisen, die so gar nicht zu der coolen, teils schnoddrigen Art des Schnüfflers passen. Die Oberen Zehntausend, oder besser die Finanzelite der Insel sind ihm suspekt. Und er ihnen. Da muss man schnell kombinieren können und eine flinke Zunge haben. Hat er. Und Nerven wie Drahtseile.

José Luis Correa schuf mit Ricardo Blanco eine kanarische Version des eiskalten Ermittlers mit Herz am rechten Fleck. Zack-zack liest man sich flinken Schrittes durch den Fall und merkt erst sehr spät, dass es nur noch wenige Seiten bis zur Klärung es Falles sind. Keine Zeit, um Siesta zu halten. Immer weiter treibt Correa seinen Helden Blanco in einen Fall hinein, aus dem man nur schwer wieder heil (!) herauskommen kann. So scheint es. Der ideale Urlaubskrimi auf einer der beliebtesten Inseln, jetzt mit der passenden Lektüre im Handgepäck.

 

Opfer numero uno: Mario Bermúdez. Vertreter, keiner von der erfolgreichen Sorte. Menschlich nicht unbedingt derjenige, mit dem man des Abends gern von Taverne zu Taverne zieht. Ihn als Scheusal zu bezeichnen, wäre zu viel des Guten, kommt dem Charakter aber ziemlich nahe. Ein Eigenbrödler. Ab und zu – so berichtet eine Nachbarin mehr vage als präzise – kam ein junges Mädchen zu ihm, das wohl auch einen Schlüssel zu seiner Wohnung hatte.

Opfer numero dos: Carlos Ventura. Krankenpfleger. Ein geselliger Typ. Nicht der Sympathischste auf der Welt, aber immerhin ein umgänglicher Kerl.

Opfer numero tres: Inspector Alvarez weiß noch gar nichts von einem dritten Opfer. Er hat genug mit den beiden ersten zu tun. Denn beide Opfer wurden mit ziemlicher Vehemenz des Lebens beraubt, an einem Freitag ermordet und trugen nicht ihrem Typ, sprich ihrem Geschlecht, die angemessene Kleidung. Bei Bermúdez kommt noch erschwerend hinzu, dass er an Karfreitag ermordet und erst Ostermontag gefunden wurde. Das heißt, dass es erbärmlich gestunken hat als man ihn fand und den Tatort inspizieren konnte.

Auftritt Ricardo Blanco. Auch er hat von den ungewöhnlichen Leichenfunden Wind bekommen. So wie die Presse, die Alvarez gehörig auf die Pelle rückt. Nun, Blanco tastet sich langsam an die beiden Mordfälle heran. So viele Parallelen. Hier ist eindeutig ein und derselbe Täter am Werk. So weit war Alvarez auch. Doch Blanco geht noch einen Schritt weiter. Er weiß, dass es bald ein drittes Opfer geben wird. Das Wer und Wann und das Wo gilt es zuvor zu ermitteln.

Ricardo Blancos Vorbilder Marlowe und Poirot sind gerade nicht zur Stelle, so muss er sich wohl oder übel – wie immer – selbst darum kümmern. Die Coolness von Marlowe hat er, die Spitzfindigkeit von Poirot ebenso. Na dann, frisch ans Werk!

José Luis Correa lässt dem Kanaren-Urlauber keine Chance! Eine Strandliege ohne Correa bzw. seinen knallharten Ermittler Blanco ist kein vollendeter Strandtag. Die Wellen rauschen unaufhörlich, und Ricardo Blanco rauscht dem Leser durchs Hirn wie die Gischt, die auf den Wellen schwimmt. Und unversehens ist man tiefer in der Urlaubsinsel verankert als man es sich hätte vorstellen können. Das ist die Macht der Literatur, die jedem Urlaub die Krone aufsetzt.