Wyatt Earp – Australien

Einmal mit Profis arbeiten! Einmal nicht jeden Schritt noch einmal aufsagen müssen, sondern einfach nur den Job erledigen. Wyatt Earp hat es nicht einfach. Der Mann mit dem Wildwestnamen kann momentan aber eigentlich ganz froh sein, dass er es am Ende des Buches nicht mit einem echten Profi zu tun hat. Denn er wird gerade beschossen. Eine Kugel nach der anderen schwirrt ihm um den Kopf. Und dabei hatte sich der Berufsverbrecher hier eingerichtet. Falscher Name, falscher Beruf, ab und zu mal Besuch, nette Nachbarn, die während seiner zahlreichen „Geschäftsreisen“ ein Auge auf sein Anwesen haben. Was ist passiert?

In Gangsterkreisen hat Wyatt Earp den Ruf ein zulässiger und akribischer Arbeiter zu sein. Den Knast hat er bisher nur von außen gesehen. Exakte Planung dient seiner eigenen Sicherheit und derer, die mit ihm auf Beutezug gehen. Der letzte Bruch ging gehörig in die Hose. Sugarfoot, sein Helfer ist ein Trottel wie ihn Earp nicht gebrauchen kann. Ungeduldig und nicht ganz helle im Oberstübchen. Als Schuldeneintreiber ist er die Idealbesetzung für seinen Bruder Ivan. Der ist schon des Öfteren der Auftraggeber für Wyatt Earp gewesen, derartige Verflechtungen mag Earp gar nicht. Nun sitzt er bei Ivan und muss ihm erklären, dass dessen unterbelichteter Bruder alles vermasselt hat. All die Planung für die Katz!

Doch ein neuer Auftrag lässt das Desaster schnell vergessen. Anna Reid ist Anwältin. Ihr Kanzleipartner macht gern mal eine paar Geschäfte nebenbei. Dafür braucht er Bargeld, und gerade liegen im Safe 300.000 australische Dollar. Nur knapp eine Woche Zeit, das ist wenig, um eine wyatt’sche Vorbereitung durchzuführen. Auf der anderen Seite lockt das Geld … und schon nach kurzer Zeit auch das Weib. Anna Reid weiß wie sie Wyatt vom Gelingen des Jobs zu überzeugen hat.

Doch Ivan und Sugarfoot sind mit Wyatt Earp noch nicht fertig. Im Schlepptau haben sie Bauer, einen widerwärtigen Rassisten, der allzu schnell mit der Waffe in der Hand rumfuchtelt. Wenn einer kein Gewissen hat, dann Bauer.

Der erste Roman der Wyatt-Earp-Reihe brachte dem Australier Garry Disher im Jahr 2000 gleich den Deutschen Krimipreis ein. Zwei Jahre später folgte der Zweite für den Auftakt seiner Hal-Challis-Reihe. Ein Krimineller als Hauptakteur einer Krimireihe zeugt von Originalität und Mut. Wyatt Earp wünscht man sich selbst als Einbrecher. Er scheint einer derjenigen zu sein, die hinterher wieder alles ordentlich an seinen Platz zurücklegen und noch einmal den Faltenwurf der Tischdecke kontrolliert. Waffen gehören als notwendiges Übel zum business, deren Einsatz verteufelt der pedantische Planer vehement.

 

Selbst ein Planungsfuchs wie Wyatt Earp muss mal eine Niederlage einstecken. So wie vor ein paar Wochen, in Melbourne. In Deckung gehen, den Kopf unten halten, bloß nicht auffallen. Bis Gras über die Sache gewachsen ist. Irgendwo bei Adelaide hat Wyatt Earp das gefunden, was momentan für ihn das Paradies darstellt: Ein Nest mit einer Zapfsäule, einem Supermarkt, einem Pub, in dem sich die zweihundert Einwohner ab und zu mit einem Foster die Kehle schmieren. Außerhalb, vor den „Toren der Stadt“ buddelt eine Baufirma an einer Pipeline. Fast so viele Arbeiter wie der Ort Einwohner hat. Donnerstags gibt’s Geld, dann kommen auch die Nutten aufs Baugelände. Wyatt hat hier ‘nen Job gefunden. Durch Leah. Das ist die, die dafür sorgt, dass das Geld der Arbeiter möglichst schnell den Besitzer wechselt. Dafür hat sie ihre kleine Amazonenarmee. Zwinker, zwinker.

Wyatt Earp hält es nicht lang aus in der Einöde. Zu verlockend das donnerstägliche Angebot an sechsstelligen farbenfrohen kleinen Dollars. Fast eine halbe Million, rechnet er sich aus. Der Wachdienst ist ein Witz. Ein Team ist trotz alledem von Nöten. Pedersen – der muss auf alle Fälle dabei sein. Ist schon ein paar Wochen her, dass man sich sah. Seit dem schiefgegangen Coup in Melbourne.

Pedersen hingegen wird noch schneller an das Fiasko in Melbourne erinnert. Lettermann, ein widerwärtiger Ex-Bulle, hält ihm vor der Tür ein Messer unters Kinn. Will wissen wo Wyatt ist. Der hält sich bedeckt, meint Pedersen, nach der Sache in Melbourne…

Ist aber auch echt blöd. Da muss man die Füße stillhalten, wenn um einen herum die Musik spielt. Leider hören die lauschigen Töne auch andere. Andere, wie zum Beispiel Lettermann. Doch Wyatt Earp wäre nicht Wyatt Earp, wenn er das Risiko nicht wagen, selbiges gering halten und den Coup durchziehen würde. Den verrat kann Wyatt noch nicht riechen, auch nicht den Verräter, noch nicht. Der Coup geht schief, der Geldtransporter ändert seine Route und Wyatt Earp bläst alles ab. Einer aus seinem Team ist damit nicht einverstanden. Denn er hat andere Pläne…

Garry Disher lässt den Leser dieses Mal besonders nah an der Planung teilhaben. Selbst halbwegs unbefestigte Straßen sind es wert begutachtet zu werden. Derart pedantisch war Wyatt Earp lange nicht. Das liegt zum Einen am misslungen Streifzug vor ein paar Wochen, zum Anderen am neuen Team, mit dem Wyatt Earp dieses Fischzug unternehmen will. Wer dieses Buch absetzt, landet in der Hölle der unersättlichen Neugier und brennt im Feuer der Ignoranz. Das Buch ist erst zu Ende, wenn der Autor es will. Die Reihe ist es noch lange nicht!

 

Zwei Millionen Dollar Beute. Der Untergrund. Ein Bankdirektor mit Schulden. Zwei Typen, die meinen schlauer als Wyatt Earp zu sein. Ein Privatermittler, der alles einfädeln kann. Klingt alles stark nach einem Hinterhalt.

Ein paar Dollar hat Wyatt noch vom letzten Fischzug übrig. Viel weniger als gedacht. Doch besser als gar nichts. Ausgerechnet zwei Nullen bringen Wyatt um selbige. Also um zwei Nullen. Jetzt sind es nur noch 200 Dollar. Besser als gar nichts bringt ihn jetzt auch nicht weiter. Eine der Nullen, die ihn gerade beraubten , kann fliehen. Die andere Null liegt wimmernd am Boden und fleht um Gnade. Wyatt muss die Hintergründe für den Überfall nicht mal aus ihm rausprügeln. Max Stolle, Privatdetektiv steckt hinter der heimtückischen Attacke auf Wyatt. Ein knallharter Typ, der Leute kennt, die jemanden kennen und so weiter. Keiner, mit man gern zusammenarbeitet. Schon gar nicht, wenn man am Telefon erfährt, dass der eigentliche Auftraggeber (Loman) sich in Rauch aufgelöst hat. Und das nicht nur sprichwörtlich! Stolle hat gerade einen „Klienten“ abgewimmelt, dessen Frau er um die Ecke bringen sollte. Das Gespräch hat er in Wort UND Bild aufgezeichnet. Einen Mann wie Stolle führt auch ein Wyatt Earp nicht so schnell hinters Licht.

Schon allein das Kennenlernen des wilden Haufens bietet schon genug Stoff für einen einzelnen Roman. Doch Garry Disher verdichtet diesen komplexen Beutezug auf knapp zweihundertfünfzig Seiten, so dass der Leser ziemlich atemlos aus dem Leserausch wieder erwacht. Jedes Teammitglied hat seine eigenen – nicht immer freiwilligen – Gründe mitzumachen. Und jeder hat ein dunkles Geheimnis. Über allen schwebt Wyatt Earp! Seiner Lust, dem exakten Planen, kann er einmal mehr nicht frönen. Improvisation ist vielleicht nicht sein zweiter Vorname – hat er überhaupt einen? – aber wenn er einen hätte, würde man ihn Impro rufen. Wie soll Wyatt nur mit so vielen Unbekannten eine vernünftige Rechnung aufstellen, bei jeder seinen Schnitt macht? So viele Nullen, die das Ergebnis beeinflussen können. Der Mathematiker in Wyatt Earp ist gefragt. Mal sehen  wie viel dieses Mal übrigbleibt…

Aus dem Hinterhalt in die Freiheit zu gelangen, ist ein schwieriges Unterfangen. Jeder Faktor, jeder, der mitmacht, darf nicht außer Acht gelassen werden. Schummeln ist da nicht möglich. Und immer auf den Rücken achten. Denn sonst ist die Legende Wyatt Earp wirklich bald schon nur noch eine Legende.

 

Mesic, Mesic, immer wieder Mesic – nein, das ist nicht der billige Abklatsch einer nostalgischen Fußballreportage, sondern der Gedankengang eines Getriebenen. Getrieben von der Sucht den einen großen Coup zu landen. Und dann endlich das Leben so genießen zu können wie er es seiner Meinung nach verdient. Wyatt Earp rennt seit einigen Romanen dem Traum vom großen Geld hinterher. Die Zeiten des Erfolgs sind Bilder aus vergangenen Tagen. Immer wieder hat er es mit minderwertigem Teammaterial zu tun. Jeder kocht entweder sein eigenes Süppchen, nimmt bei der geringsten Ahnung von Scheitern die Füße in die Hand oder ist einfach nur zu blöd das in die Tat umzusetzen, was Wyatt ihnen sagt.

Und dann sind da noch die Mesics. Die haben all den schönen Zaster, der eigentlich Wyatt Earp gehört. Und die wissen das nicht einmal! Doch Wyatt Earp wäre nicht Wyatt Earp, hätte er da nicht eine Idee. Oder zumindest die Idee, dass er eine Idee braucht, um die Mesics endgültig auf die Ersatzbank zu schicken. Rossiter kann da bestimmt helfen. Wie schon so oft ist der Mittelsmann, den Wyatt Earp braucht, und dem er auch vertrauen kann. Genauso wie Jardine. Kumpel aus alten Tagen, in denen die Sonne öfter schien. Pläne an das Geld zu kommen, gibt es im Überfluss. Auch die Umsetzung dürfte für das ehemalige Dreamteam nicht allzu schwer sein.

Es dürfte halt nur kein fetter Bulle, so einer wie Napper, dazwischen funken. Man stelle sich vor, dass er Rossiter erpresst oder sich dessen reichlich verblödeten, weil politisch derart fehlgeleitet, Sohn vorknöpft. Den Sohn hat Wyatt schon kennengelernt. Aus sicherer Entfernung. Und er sah, wie der Nazi seinen Hund auf einen anderen losließ. Und er sah, wie eben dieser Hund den anderen regelrecht zerfleischte. Und er sah wie das Söhnchen von Rossiter das leblose Fleisch des Terriers über den Zaun des Nachbarn warf. Ein echtes Herzchen! Nun ja, die Sache muss laufen. Denn Wyatt will seine Kohle und die Mesics aus seinem Leben.

Wieder einmal – und nun kristallisiert sich ein Muster heraus – muss Wyatt Earp, der Meisterplaner und Musterkriminelle ein Team zusammenstellen, einen Plan fassen und alle entsprechend instruieren. Plan – check, Team – check, Instruktionen – check. Da kann ja nichts mehr schief gehen. Außer dieser fette Bulle Napper ist keine Illusion, sondern wahrhaftig. Ist er! Und so geht es in die nächste Runde Improvisieren mit Wyatt Earp…

 

Endlich mal ein erfolgreicher Beutezug! Denn die Legende Wyatt Earp begann schon zu bröckeln. Immer wieder musste er die Waffen strecken, weil immer irgendwas schief ging. Fünfzigtausend Dollar und eine Diamantenbrosche von Tiffany – keine schlechte Ausbeute für ein paar Tage Vorbereitung und ein paar Minuten Arbeit. Sollen so etwa Krimis aussehen? Einbruch, Beute verticken, fertig! Nein. Und schon gar nicht ein Krimi mit Wyatt Earp aus der Feder von Garry Disher.

Das Geld teilt sich Wyatt mit Frank Jardine – das ist er ihm schuldig. Denn seit dem letzten Coup, geht es Frank nicht gut. Der Streifschuss der Mesics hat größeren Schaden angerichtet als vermutet. Seine Gedanken machen nun öfter eine Pause. Sein Körper ist in einer Art permanenter Entspannung. Doch er kann für Wyatt noch Liz auftun, die das Goldstück, die Schmetterlingsbrosche mit zahlreichen Edelsteinen ankaufen soll. Liz erkennt das Teil sofort. Es gehört zu einer Beute aus einem Banküberfall. Ganz heiße Ware also. Die Magnetbohrerbande – die Zeitungen haben dem bisher nicht geschnappten Trio diesen Namen gegeben – haben vor einiger Zeit das gute Stück erbeutet. Doch wie kam es ins Schlafzimmer einer (offenbar korrupten) Politikerin, das gerade von Wyatt Earp besucht wurde? Der Diebstahl verlief soweit ganz gut, nur ein Teil der Beute fehlte. Eben dieser Schmetterling- Und der Auftraggeber war wenig erfreut über den Verlust des teuren Stücks.

Wyatt Earp ist also im Besitz eines Schmuckstücks, das ihm nicht gehört. Keine neue Situation für ihn. Berufsrisiko nennt man das. Doch der Auftraggeber des Bankraubes will die Brosche zurück. Bisher hatte er aber keinen Ansatzpunkt „seinen“ Besitz zurückzubekommen. Doch nun weiß er, dass ein Ganove aus Melbourne als neuer Besitzer in der Weltgeschichte herumspaziert. Nämlich Wyatt Earp.

Da Wyatt es nicht mag herumzusitzen und auf die Gefahren (aus dem Hinterhalt oder von sonstwo) zu warten, entschließt er sich proaktiv zu werden. Rechtzeitig zum fünften Abenteuer spendiert Autor Garry Disher seinem Lieblingsverbrecher Wyatt Earp einen Aus-Flug. Und zwar nach Vanuatu, einer Pazifikinselgruppe, die auf den ersten Blick wie das Paradies wirkt. Hier wohnt ein gewisser DeLisle. Riesiges Anwesen mit Sicherheitszaun. Ein gerissener Typ, dieser DeLisle. Kennt sich gut aus. Kennt viele Leute. Unter anderem auch die Magnetbohrerbande. Von ihm hatten die den Tipp mit der Bank. Ein echter Showdown unter tropischer Sonne? Wohl kaum! Denn der Blues ergreift Wyatt Earp in Port Vila…

 

Fassen wir zusammen: Wenn ein kriminelles Genie, dass sich selbst nie die Finger schmutzig machen will, einen nicht minder genialen Ausführenden sucht, kommt man in Australien (und den umliegenden Inselgruppen) an einem nicht vorbei: Wyatt Earp. Kein Revolverheld, sondern bedachter Planer und präziser Akteur im Haifischbecken der halbseidenen Unter- und Zwischenwelt. In der Vergangenheit jedoch ging so mancher Coup schief. Das lag an unfähigen Teammitgliedern bei den Brüchen oder an Hintermännern, die sich geschickt tarnten. Auch hatte Wyatt Affären. Sogar mit Polizistinnen. Nun wird es für Wyatt Earp Zeit endlich mal wieder auf richtige Schatzsuche zu gehen…

Doch zunächst muss Wyatt erst einmal die Beute der letzten Reise nach Vanuatu an den Mann, konkret an die Versicherung, bringen. Nichts leichter als das, denkt er sich. Die werden ihm schon ein hübsches Sümmchen zahlen. Blöd nur, dass es sich – wenn auch um exzellente – Nachbildungen handelt. Ein paar lumpige tausend Dollar bietet man ihm an.

Raymond ist der einzige Lichtblick im tristen grau der Wiederkehr. Auch weil er einen einzigartigen Job anzubieten hat. Tauchen, bergen, abkassieren. Schatzsuche heutzutage kann so einfach sein! Was Wyatt erstmal verkraften muss, ist die Tatsache, dass Raymond, sein Neffe, mittlerweile einen gewissen Ruf genießt. Als Buschbandit. Jeden seiner Streifzüge vollzieht er in anderer Kleidung, vermeidet zu sprechen und ist fast genauso präzise wie Onkel Wyatt. Und er ist immer bewaffnet, was die Polizei zu besonderer Vorsicht, aber auch Härte verleitet. Und er hat seinen eigenen Kopf. Was nichts anderes heißt als dass er sein eigenes Süppchen kocht. Wird Wyatt mit seinem Neffen glücklich werden?

Es soll der Abschluss der Wyatt-Earp-Reihe sein. Nie mehr improvisieren. Nie mehr sekundengenaue Planung. Nie mehr Spannung von der ersten bis zur letzten Zeile. Garry Disher lässt seinen Helden für den Leser sterben. Ein Gauner, den man nach sechs Romanen in sein Herz geschlossen hat. Keiner mit dem man in der Kneipe um die Ecke endlos am Tresen hockt und über das Leben sinniert. Aber einer, den man durchaus bewundern möchte. Das Abwägen von Risiken ist Wyatts Metier. Wenn er plant, besteht die Herausforderung darin alle Eventualitäten zu erkennen und eliminieren zu können. Dass es nicht immer klappt, hat für den Leser einen bisher ungeahnten Reiz ausgemacht.

 

Der Titel ruft eine leise Melodie hervor, „Dirty old town“. Mitte des 20. Jahrhunderts geschrieben, wurde der Song durch die Pogues in den 80ern noch einmal berühmt und ist seitdem nicht mehr aus dem Programm eines jeden guten Rockradiosenders wegzudenken. Eine alte Stadt, die nach und nach verfällt bis der Erzähler ihr den Garaus macht.

Wyatt Earp geht es nicht viel anders. Zwar kein Kuss am Gaswerk, doch der Musenkuss durch Eddie Oberin. Der hat durch seine Ex-Frau Lydia einen Tipp bekommen. Die Juweliere Furneaux haben an einem bestimmten Tag eine gewaltige Menge Juwelen und Uhren der Luxusklasse bei sich. Sicherheitsvorkehrungen – Fehlanzeige. Ein Job für Eddie, doch der will sich nicht allein die Finger verbrennen. Wyatt mit seiner akribischen Vorbereitungsmanie ist der richtige Mann, um unbeschadet aus der Sache rauszukommen. Insiderjobs sind jedoch nicht Wyatts Ding. Einer spielt immer falsch. Doch Eddie kann Wyatt von Lydias makellos weißer Weste überzeugen. Eddie und Lydia sind schon seit Jahren kein Paar mehr, doch ihre Trennung verlief friedlich.

Was jedoch keiner weiß, dass die Furneaux-Brüder noch einen dritten Mann in der Hinterhand haben. Ihren Cousin Alain Le Page. Der ist in Europa auf Beutezug. In Ermangelung sicherer (Wieder-)Verkaufswege – die Ware ist registriert, und jeder, der auch nur Anstalten macht sie wieder zu veräußern, hat schneller Polizei und übereifrige Versicherungsschnüffler an den Hacken als er rennen kann – ist Australien ein relativ sicherer Marktplatz. Sicher für die Furneaux-Brüder, sicher für Alain Le Page, doch weiß Gott nicht sicher für Wyatt, Eddie und Lydia. Auch dass Tyler, der leicht begriffsstutzige, handgreifliche Neffe der Waffenschieberin Ma meint unter die Juwelendiebe gehen zu müssen, ist nicht unbedingt von Vorteil für Wyatt Earp.

Ihm steht das Wasser bis zum Hals. In letzter Zeit nur Fehlschläge. Selbst einfachste Coups, wie dem Hafenmeister die Bestechungsgelder abzuluchsen, gehen schief. Wird er etwa alt?

Nach dem sechsten Buch sollte Wyatt in die ewigen Jagdgründe eingehen. Doch Garry Disher lässt mit „Dirty Old Town“ seinen Antihelden wieder auferstehen. Gute Idee, denn mit dem siebten Buch hebt er Wyatt Earp auf eine neue Ebene. Schnellere Action, noch verzwicktere Verquickungen und – wie im gleichnamigen Song – zum Schluss eine Axt, wenn auch symbolisch…

 

Die Abwege abwägen – so lautet das Gebot der Stunde. Ein sicherer Geldtransporterüberfall, so was gibt’s nicht! Und schon gar nicht mit dieser milchbärtigen, methverseuchten Bande. Auch wenn Vidovic – den kennet er – mit dabei ist. Nee, is zu riskant. Wyatt braucht einen One-Man-Job! Er macht sich auf die Suche. Kleines Grundstück, niedrige Kaution, schnell verfügbar. Was nichts anderes bedeutet als ein sicherer Job, mit geringem finanziellen Aufwand und zwar pronto. So werden heutzutage Jobs an Land gezogen. Auftraggeber gibt es, man muss sie nur kennen. Und ihre Codes…

Zwei Stunden Flug geben Wyatt die Möglichkeit sich auf Minto vorzubereiten. Der ist Auftraggeber, Vermittler und Ratgeber in einem. Seine riesige Villa flößt Wyatt jedoch weder Respekt noch Gier ein. Drinnen wartet schon Sten. Die Frau will ein Bild zurück, dass ihr Urgroßvater erstanden hat. Flämischer Maler, uralt und sicherlich den einen oder anderen Dollar wert. Über Umwege gelangte es von London nach Australien. Stens Familie flüchtete vor den Nazis und all ihre Habseligkeiten inkl. Schätze wurden entweder verkauft oder zurückgelassen. Das Bild, das Wyatt besorgen soll, wurde verkauft. Und der jetzige Besitzer kam als Baby mit seinen Eltern nach Australien. An eine Rückgabe, wie es seit einigen Jahren immer mal wieder passiert – mit viel Tamtam und Pomp und generöser Gestik – denkt der aktuell Besitzer aber nicht.

Wyatt braucht eine Waffe – man weiß ja nie. Minto kann ihn beruhigen. Ein Schießeisen wird nicht vonnöten sein. Seine Nichte wird sich um alles kümmern können. Doch die kocht mittlerweile ihr eigenes Süppchen. Auch sie hat einen Dieb an der Hand, der sich gerade darauf vorbereitet ein Model vor ihrem Umzug um das eine oder andere Schätzchen zu erleichtern. Was der gutgläubige Tor nicht weiß, ist, dass Mintos Nichte einen Trumpf in der Hinterhand hat. Und der hat eine Waffe. Eine Waffe, die dem Modeldieb endgültig seinen allerletzten Job bescheren wird. Der Schütze ist jemand, der mehr oder weniger direkt schon einmal mit einem Kunstwerk zu tun hatte, auf das nun Wyatt ein Auge geworfen hat und nun schon bald Hand anlegen wird…

Etliche Jahre sind vergangen, seit Wyatt von Garry Dishers Gnaden überlegt und zielstrebig ans Werk gehen kann. Die Krimireihe um Gesetzeshüter Hal Challis beschäftigte Garry Disher zu sehr. Nun ist der Gauner Wyatt zurück. Ohne viel Schnörkel und mit gleichbleibender Zuneigung schlägt sich der Autor auf die Schattenseite des australischen Way of life. Wyatt ist kein Guter. Er ist ein Dieb. Doch unter den zahlreichen Dieben nimmt er eine Sonderstellung ein. Man mag ihn, hofft, dass er durchkommen wird. Dass er dieses Mal den entscheidenden Coup landen wird, doch dann würde er in der Versenkung verschwinden. Und will man wirklich nie mehr etwas von Wyatt Earp – nicht den Revolverhelden aus dem Wilden Westen – hören? Nein, das will man nicht. Schon einmal verschwand er ohne Ankündigung. Die Trauer war groß. Umso größer ist nun die Freude, dass Wyatt wieder da ist!

 

Die Auswirkungen der Machenschaften einiger Weniger spüren wir Tag für Tag. Da wird mit Summen jongliert, die den meisten ein Stirnrunzeln ins Gesicht zaubern, wenn sie ausrechnen müssen, um wie viele Stellen vor (!) dem Komma es sich handelt. Die meisten dieser Transaktionen bleiben jedoch im Verborgenen. Ausgemachte Schlitzohren – wie Jack Tremayne – sind die Drahtzieher dieser so genannten Geschäfte, die nach dem Ponzi-Schema ablaufen, einem Pyramide-System. Tremayne ist ein gerissener Gauner, der weiß wie man Kunden gewinnt und sie überzeugt zu investieren. Und er hat einen Plan wie er immer wieder davonkommen kann. Besonders jetzt. Die Staatsanwaltschaft ist ihm auf die Schliche gekommen. Bald schon wird er vor Gericht stehen. Es sei denn …

Es sei denn, dass da draußen – in diesem Falle eher da drinnen – jemand sitzt, der noch schlitzohriger ist als man selbst. Sam Kramer ist so einer. Er weiß ganz genau, was Tremayne vorhat. Er will fliehen. Mit einem Koffer. Einem Koffer voller Geld, rund eine Million. Nicht schlecht. Besonders, wenn man jemanden kennt, der das Risiko nicht scheut, sich diesen Koffer selbst unter den Nagel zu reißen. Was soll schon passieren? Einem Dieb die Beute klauen? Sicher kein Kinderspiel, wenn der zu Beklauende vom Kaliber eines Jack Tremayne ist. Doch wenn man Hilfe bekommt. Von einem wie … Wyatt Earp.

Dumm nur, dass Kramer einsitzt. Er also von Drinnen alles koordinieren muss. Wyatt Earp hört sich den Plan an. Machbar ist es. Einfach wird es bestimmt nicht. Vor allem, weil Kramer immer noch einsitzt. Earp kümmert sich um dessen Familie, schaut nach dem Rechten, passt auf, dass ihnen nichts passiert. Und nebenbei muss er einen Coup organisieren, der seine ganze Aufmerksamkeit erfordert. Perfektion ist wie immer oberstes Gebot. Perfektion bedeutet sekundengenaue Planung, alle Eventualitäten berücksichtigen und neben Plan A noch diverse Notfallszenarien zu kennen und zu seinen Gunsten auszunutzen.

Da kann man keine Ablenkung gebrauchen. Und hat bei Wyatt Earps Raubzügen schon mal was ohne Komplikationen funktioniert? Der Krimileser weiß, dass jede Wendung zur Steigerung der Spannung beiträgt. In „Moder“ kommt diese in Form von Nick Lazar daher. Der hat Wind bekommen von der großen Sache. Er bleckt sich die Zähne, weiß um die Beute. Als Kriegsveteran mit Afghanistan-Erfahrung sind ihm die fiesesten tricks nicht unbekannt. Allerdings kann er eine Sache nicht: In den Kopf von Wyatt Earp hineinsehen. Das ist Earps riesiger, wenn auch einziger Vorteil.