Wenn Du den Regen suchst, der kommt von oben

Wenn Du den Regen suchst, der kommt von oben

Vor, während und auch nach dem so genannten Arabischen Frühling fristete und fristet Algerien ein Mauerblümchendasein. In den 80er und 90er Jahren rückten die Erfolge einzelner Sportler und der Fußballnationalmannschaft in den Fokus der Öffentlichkeit (man denke nur das legendäre Hackentricktor von Madjer 1987 gegen die Bayern), aber ansonsten blieb es still um das mittlerweile größte Land Afrikas. Man kennt es kaum. Algier und Oran sind gerade mal zwei Städte, die man aufzählen kann. In Oran ist Albert Camus‘ „Pest“ verankert. Und Algier kennt man wahrscheinlich nur deshalb, weil es so ähnlich wieder der Landesname klingt.

Yahia Belaskri zeichnet ein wahres, oft düsteres Bild seines Heimatlandes. Da ist zum Beispiel Déhia. Sie ist Professorin für Sprachen. Mit Hingabe versucht sie ihren Schützlingen etwas einzuschärfen, was sie sonst nie wahrnehmen würden: Die Ehrfurcht vor der stärksten Waffe des Menschen. Blinder Religionswahn, ja schon fast Fanatismus, Engstirnigkeit und Korruption erschweren es ihr, sich an ihrem Beruf zu erfreuen. Unter ihren Studenten ist auch einer, der sich auf seinen Papa verlassen kann. Der ist Minister und bietet ein kleines Vermögen für eine von Déhia geschriebene Diplomarbeit seines Sohnes. Déhia zögert keinen Augenblick … und lehnt ab. Déhias Kapitel (Buchkapitel) wird mit einer Katastrophe geschlossen.

Genau wie das ihres Gatten Adel. Das Einzige, was ihm noch bleibt ist Déhia. Seine Liebe zu ihr lässt die beiden die Hoffnung auf Besserung nicht gänzlich ersticken.

Badil, Adels Bruder, ist das dritte Kapitel gewidmet. Er schafft das, was sich so viele Eltern für ihre Kinder wünschen. Er ging ins Ausland. Doch die Gründe dafür sind niederschmetternd. Genauso wie das Wiedersehen mit seinem älteren Bruder Adel und dessen Frau Déhia.

Yahia Belaskri verbindet die blumige Sprache Arabiens mit den unumstößlichen Fakten der Gegenwart. Er verzaubert den Leser und erschrickt ihn zugleich mit seiner schonungslosen Abrechnung mit Algerien. Seine Protagonisten hassen ihr Land, hassen Andersdenkende. Doch lieben sie. Sich untereinander, die Eltern, die eigene Geschichte. Algerien ist ein Land, das noch immer voller Geheimnisse steckt und daraus seinen Reiz bezieht. Dieses Buch gibt einen Einblick in das wahre Algerien, das Besucher ohne dieses Buch so wohl nie erleben könnten.