Velvet Underground – White Light / White Heat

White Light - White Heat

Einmal nur im gleißenden Licht der Scheinwerfer stehen, und sei es nur für eine Viertelstunde. Andy Warhol hat es auf den Punkt gebracht: „Jeder kann für 15 Minuten ein Star sein.“ Velvet Underground – deren Manager, Ideengeber der exaltierte Künstler war – gelten bis heute als Inbegriff einer Art Rock Band. Sie hatten niemals einen Top-Ten-Hit und dennoch kennt man „Sunday Morning“, „All Tomorrows Parties“ und „I’ll Be Your Mirror“ wie einen guten Bekannten.

Lou Reed – Sänger und Gitarrist der Band – bekannte einmal, dass er sich an Velvet Underground nicht mehr erinnere, zu viele Drogen. Die düstere Stimme von Nico, Christa Päffgen, die monotone Batterie von Maureen Tucker, der lakonische Bass von John Cale, der drängende Gitarrensound aus den Fingern von Lou Reed (der auch für so manch gruselndes Gesangsstück verantwortlich war) und Sterling Morrison bildeten einen Klangteppich, der unzählige Band beeinflusste. Das Ende kam Anfang der 70er Jahre als die Eingebung fehlte und der Drogenkonsum überhandnahm. Die Einzelkämpfer Lou Reed und John Cale gingen sich im Laufe der Jahre immer mehr aus dem Weg, waren solo erfolgreicher als mit den anderen Bandkollegen. Lou Reed schaffte mit seinem Debut-Solo-Album „Transformer“ einen Meilenstein der Popgeschichte.

Doch Velvet Underground waren mehr als nur eine stoned spielende Krachkapelle, die zufällig von einem der genialsten Künstler des 20. Jahrhunderts protegiert wurde. Sie waren das rohe Fleisch im Einerlei der Hippie-Kultur. Gänseblümchen im Haar wurden durch psychedelische Aggressionstherapie ausgetauscht. Lavalampenspiele als Bühnenhintergrund und pressender Sound brachten das Publikum zum Schwelgen, Abheben, in andere Sphären eintauchen. Klar, Drogen beschleunigten diese Effekte auch.

Der Titel dieses Buches „White Light White Heat“ stammt vom zweiten Album von Velvet Underground. Da fehlte schon Nico / Christa Päffgen, John Cale sollte hier zum letzten Mal im Studio mit seinen Bandkollegen sein. Es schaffte nicht mal den Sprung unter die Top 100 der amerikanischen Charts. Ein Flop? Nein! Meilenstein trifft es eher. Alle nachfolgenden Bands des Punk, der Gothic-Szene, Industrial, Metal, Progressive beziehen sich auf „White Light White Heat“. Da ist es egal, ob die Masse das Album mochte oder nicht. Man kann sogar so weit gehen, dass der scheinbare Misserfolg zum späteren Erfolg beigetragen hat. Dieses Buch ist ein Buch für Fans. Und für solche, die es werden wollen – wenn es das gibt. Die Fülle an Bildern erschlägt den Leser nicht, sie zieht ihn in den Strudel der Musikgeschichte hinein. Autor Richie Unterberger schreibt kenntnisreich und schwungvoll über eine der spannendsten und unstrittig am meisten verkannten Bands der Popgeschichte. Er gibt der Musik den Raum, den sie beanspruchte und niemals bekommen hat.