Unter der Sonne von Saint-Tropez

Wie fest gemauert steckt die Tricolore im provenzalischen Boden. Ernest Charmasson, der Bürgermeister von Ardinoschou hält seine schwungvolle nachdem die Tonanlage kurz ausfiel. So was mag er ganz und gar nicht. Und als er sich dem Höhepunkt seiner Rede nähert, die Kinder immer wilder um den Platz herumtollen, gerät die Fahne ins Schwanken. Niemand mehr hört dem Maire zu. Incroyable! Unglaublich! Alle wenden sich dem Fahnenträger zu. Der ist zusammengebrochen, die Augen geschlossen liegt er im Staub des Dorfplatzes. Unerschütterlich brennt die Sonne auf die Häupter der Anwesenden.

Das war ja klar! Jérôme Laskar, der Dorfpolizist, hat wohl beim Umtrunk beim Bürgermeister – vor dessen Rede, vor dem Festakt – zu tief in eines der zu vielen Gläser geschaut. Und da haben wir die Bescherung! Sturzbetrunken liegt er im Dreck der Schande, neben ihm die ruhmvolle Fahne. Un scandale!

Jérôme Laskar ist wirklich die ärmste Sau im Dorf. Seine Frau Colette spricht kein Wort mehr mit ihm, seit zwei Jahren! Und der Bürgermeister würde am liebsten den Polizisten aus dem Amt und gleich noch aus dem Dorf jagen. Jérôme ist sicherlich nicht der hellste Zapfen an der Pinie, dennoch ist er ein rührender Polizist, der jeder Arbeit oft mit überbordendem Pflichtbewusstsein annimmt. Noch bevor ein Bobonpapier zu Boden fällt, fängt er es auf und trägt es stolz zum nächsten Abfalleimer. So einer ist Jérôme Laskar.

Nun will es der Zufall, dass vor einem großen Pétanque-Turnier einige Spielgeräte verschwinden. Sie wurden gestohlen. Das ist die Chance für den Dorfpolizisten sich zu bewähren und zu beweisen, dass er zurecht an Ort und Stelle ist – vielleicht gibt man ihm ja sogar seine Dienstwaffe zurück?! Am nächsten Tag werden wieder Pétanque-Bälle gestohlen, zwei Tage später wieder. Schon bald will Jérôme den Täter kennen. Doch niemand glaubt den überschnellen Ermittlungsergebnissen. Vielmehr belächelt man dessen sprudelnder Quelle. Auch Charmasson schickt ihn einmal mehr lieber ins Café um dem Dorftratsch zu frönen als ihm weitere Ermittlungen zu überlassen. Doch Jérôme hat der Ehrgeiz gepackt…

Benito Wogatzki wollte eine Trilogie schaffen, in dessen Mittelpunkt immer ein Polizist steht, der durch ein Fanal aus seiner Lethargie gerissen wird. Es blieb bei dieser einen Geschichte, Wogatzki starb bevor er die Skizzen zu den weiteren Romanen in Romane verwandeln konnte. Dieser eine Roman zeigt eindrucksvoll welch großer Verlust dem Leser entgangen ist. Voller Empathie und feinsinnigem Humor beschreibt der Autor die Tristesse eines Mannes, der nicht viel vom Leben erwartet. Jérôme Laskar ist zufrieden, merkt jedoch (zu spät?), dass er als Lachnummer herhalten muss. Er könnte sich vergraben, schmollen, die Welt zum Teufel wünschen … doch er kämpft, macht seine Arbeit. Und erntet Applaus.