Tot in München

Tot in München

Gute Freunde kann niemand trennen – Niemals geht man so ganz – I am stretched on Your grave. Mehr oder weniger schöne Lieder, alle zu einem Thema: Dem Tod. Der Gevatter begleitet uns ein Leben lang. Und wenn es dann so weit ist, liegen wir neben uns völlig Unbekannten, in Reih und Glied auf mehr oder weniger hübsch gestalteten Grünanalgen. Der Kreis des Lebens.

In München findet dieser Kreis insgesamt 29 einen Ausgang. So viele Friedhöfe gibt es in der bayrischen Landeshauptstadt. War München Anfang des 19. Jahrhunderts noch eine kleine Ansiedlung mit 40.000 Einwohnern, so verzwölffachte sich deren Zahl innerhalb eines Jahrhunderts. Und so benötigte man dementsprechend auch eine größere Anzahl an letzten Ruhestätten. Denn wer sich einmal hier eingenistet hat, geht nicht mehr fort. Wenn man den bayerischen Ministerpräsidenten der vergangenen Jahrzehnte glauben darf, gibt dafür „ja auch goar koin Anlass ned.“

Eine Stadt ohne einen Friedhof gibt es nicht. Manchen Städten würde dann zum Beispiel auch eine Touristenattraktion fehlen. Was wäre Paris ohne den Pere Lachaise? Oder Wien ohne den Zentralfriedhof? München kann zwar nicht mit prall gefüllten Liegestätten weltbekannter Prominenter punkten, wohl aber mit einer Vielzahl fein gestalteter finaler Unterkünfte. Michael Kubitza hat sich der Friedhofgeschichten Münchens angenommen. Mit in Archiven erlangtem Detailwissen und launiger Schreibweise führt er den Leser ins Reich der Toten. Hier stehen aber auch die Macher, Anstoßgeber und Gestalter im Blickfeld des Autors. Jeder noch so kleine Stein wird umgedreht und dem Licht der Erkenntnis zugefügt.

Spaziergänge über Friedhöfe sind entspannend. Die letzte Bastion bürgerlichen Anstands. Kein Geschrei. Kein Industrielärm. Kein Handygebimmel (naja meistens jedenfalls, aber vielleicht gehört Handy ausschalten nicht zum „guten Ton“). Man flaniert, man schreitet bedächtig, liest hier und da eine Inschrift, macht sich Gedanken. Der Tod schreitet mit, an jedem Tag unseres Lebens kommen wir ihm ein Stück näher. Vielen bereitet er Kopfschmerzen, das sie am liebsten gleich … Doch so unumstößlich er kommen, so endgültig er auch sein mag – schlussendlich wohnen wir alle zusammen in einer großen Kommune, six feet under. Die Zurückgebliebenen erfreuen sich auch an der liebevollen Zuwendung des Themas in diesem Buch.