Spaziergänge in Verona

Spaziergänge in Verona

Städtereisen haben ihren eigenen Reiz. In relativ kurzer Zeit so viel wie möglich erleben. Auf engstem Raum, relativ gesehen. In New York ist man als Fashion-Victim bestens aufgehoben. London ist ob der schieren Vielfalt fast gar nicht mehr zu fassen. Und durch Verona schlendert man beschwingt wie zu einer Mozart-Melodie. Auch dieser Stadt machte das Wunderkind einst seine Aufwartung.

Ulrike Rauh umgeht das Vorurteil, das, wer Verona besucht, nur auf den Spuren von Romeo und Julia, der Montagues und der Capulets wandern will. Wer die Stadt nur auf die beiden – fiktiven – Figuren beschränkt, wird den größten Teil der Stadt verpassen. Auch wenn sich die Stadt scheinbar nur auf ihre beiden – fiktiven – Helden zu verlassen scheint.

Ulrike Rauh genießt jeden Tag, jede Stunde, jede Minute in der Stadt an der Etsch. Mit wachem Auge, offenem Geist und gezücktem Stift streift sie durch das Verona der Vergangenheit und betrachtet es aus der Gegenwart. Nur ein wenig größer als Nürnberg, aber nur halb so viele Einwohner (was durch den Besucheransturm aber wieder ausgeglichen wird). Verona erläuft man sich, atmet die Atmosphäre der über zweieinthalbtausend Jahre alten Stadt ein.

Ulrike Rauh setzt sich nieder, wenn es ihr sinnvoll erscheint, genießt einen Cappuccino und lässt ihren Blick schweifen. Als Leser wird dabei ebenso der Wissensdurst gestillt wie der  der Autorin sich in die Stadt zu vertiefen. Immer wieder glänzt sie mit Fachwissen, das dem hastigen Reisenden verborgen bleibt.

Wer Verona bereist, sollte die „Spaziergänge in Verona“ stets zur Hand haben. Sich niederlassen, einen kleinen Snack zu sich nehmen und wenig im Buch blättern. Wer geschickt plant, hat mit diesem Buch einen idealen Reiseguide, der die Steine zum Sprechen bringt.

Und sie trifft sogar einen Nachfahren eines der berühmtesten Söhne der Stadt: Dante. Seit zwanzig Generationen gehört die Familie Alighieri zu Verona wie die Etsch und Romeo und Julia. Er staunt über das Programm, das die Autorin noch vor sich hat und gibt Ihr Ratschläge, was sie noch sehen muss. Dem Leser soll’s recht sein: Echte Tipps von einem, der’s wissen muss.

Auch Ulrike Rauh kann sich der Anziehungskraft des Romeo-Und-Julia-Kultes nicht verschließen. Trotz all des Kommerzes ist und bleibt die Stadt ewig mit den sich innig Liebenden verbunden. Sie machte einen großen Bogen um die Touristentrauben, die mehr oder weniger versierten Guides an den Lippen hängen und verführt den Leser dazu der wahren Geschichte der beiden, sofern es sie gibt, zu folgen.

In jeder Zeile, in jedem Wort, jeder Silbe spürt der Leser die Zuneigung der Autorin zu Verona. Fast meint man, dass ein Besuch nicht lohnt, weil man alles hautnah im Buch schon erlebt hat. Das ist ein Kompliment für die Ulrike Rauh, doch würde man Verona keinen Gefallen tun und sich selbst betrügen. Die im Buch abgebildeten Bilder stammen wie die Zeilen von Ulrike Rauh. Um Souvenirs muss man sich also schon mal nicht kümmern, wenn Verona auf dem Reiseplan steht…