Pol Pots Lächeln

Pol Pots Lächeln

Ein Potemkinsches Dorf ist eine Vorspiegelung falscher Tatsachen. So was gab es schon im Russland des 18. Jahrhunderts, wo auch der Ursprung der Legende liegt. So was gab es auch in der DDR, wenn Staatsgästen (aber auch hohen Funktionären) die Schönheit der Republik gezeigt werden sollten. Es ist ein Privileg von Diktatoren sich dieses Kniffes zu bemächtigen. Wie man darauf reagiert, ist jedem selbst überlassen.

Vier schwedische Vertreter der Schwedisch-Kambodschanischen Freundschaftsgesellschaft reisten 1978 ins demokratische Kampuchea. So nannten die Machthaber Kambodscha seit 1975. Ihr unangefochtener Führer, das Wort ist an dieser Stelle angebracht, war Pol Pot. Unter seiner Ägide fanden rund zwei Millionen Menschen den Tod. Auf der Spur dieser Reise, dieser vier Freunde des demokratischen Kampucheas befand sich Jahre später Peter Fröberg Idling. Sein Buch „Pol Pots Lächeln“ sorgte für Aufsehen und Aufschreie.

Zu Beginn des Buches werden die handelnden Akteure kurz vorgestellt. Auffallend: Drei der ersten Fünf wurden ermordet. Von leicht verdaulicher Kost kann also nicht die Rede sein.

Der Autor macht sich und den Leser mit der Geschichte des Landes bekannt, dass den meisten nur als die Heimstatt von Angkor Wat ein Begriff ist. Es wurde auch schon vor den Roten Khmer mit eiserner Hand regiert, Prinz Sihanouk. Der stellte sich nach außen als neutral hin, spielte Regierungen und politische Lager gegeneinander aus und schlug sich im Vietnamkrieg auf die Seite Ho Chi Minhs. Nüchtern und sachlich arbeitet sich Peter Fröberg Idling durch die Geschichte. Und zwischendrin immer Zahlen: 1.500, 4.500.000. Anderthalbtausend Kommunisten ließ Sihanouk ermorden, wenn auch nur ein Zehntelprozent von Pol Pots Quote macht ihn das nicht besser. Massenmörder bleibt Massenmörder, auch wenn er es hinterher in seinen Memoiren zugibt! Viereinhalb Millionen Tonnen (!) Bomben warfen die USA auf das Kriegsgebiet Vietnam, Kambodscha, Laos ab. Zum Vergleich: Ein Mittelklassewagen wiegt so um eine Tonne. Das wäre fast die Jahresproduktion von Toyota, die auf diesem Gebiet niedergegangen ist. Unvorstellbar!

Man kann sich der Kraft des Buches nicht entziehen. Der junge Student Saloth Sar, der in Paris lebte und studierte, der Verlaine und Hugo las und verehrte und der kompromisslose Pol Pot sind ein und dieselbe Person. Die Idee vom sozialistischen Vorzeigestaat war von Anfang an eine Utopie, die schneller in brutales Blutvergießen überging als der Namenswechsel.

Wer Kambodscha heute bereist, sieht wie der Autor noch hier und da vereinzelt sichtbare Erinnerungsstücke ans die Schreckensherrschaft Pol Pots. Verstehen wird man es nie. Aber man sollte darüber lesen, damit es nicht vergessen wird. „Pol Pots Lächeln“ rüttelt am Gewissen des Westens, wühlt den Leser auf, ist ein Tagebuch der Widerwärtigkeiten. Poetisch im Klang und sachlich im Inhalt.