Rocha Monte

Was ist das wichtigste bei einer Immobilie? Lage, Lage, Lage! Da können die Armaturen noch so golden glänzen, wenn das Haus nicht am rechten Fleck steht, ist alles für die Katz.

Das Monte Rocha Palace kann mit einer exquisiten Lage protzen. Hoch oben auf dem Berg dieser einsamen Insel irgendwo im Meer vor der iberischen Halbinsel. Hier finden alle eine Arbeit, die vorher nicht wussten wie sie ihre Taschen füllen sollen. Auch Aurélio Fuentes als Haustechniker, Chef der Haustechnik, wie seine Frau spöttisch später zu Protokoll gibt. Und auch José Dante Barosa als Chauffeur. Das Problem an der auf den ersten Blick so grandiosen Lage ist: Hier oben sieht man an 200 Tagen im Jahr die Hand vor Augen nicht. Dichter Nebel und Dauerregen vergraulen die Gäste. Gerade und weil nur ein paar Kurven weiter unten, permanent die Sonne schient. Von da schaut man zwar immer nach Oben, wundert sich gleichzeitig jedoch, warum man ausgerechnet da ein Hotel baut. Auch im Ort selbst weiß man, dass dieses Unterfangen – Touristen in und auf den Berg zu locken – zum Scheitern verurteilt sein muss.

Es kommt wie s kommen muss. Mit viel Tamtam – der Chef weiß, was sich gehört – wird der Abgesang eingeläutet. Alles werden zum nächsten Ersten entlassen. Das Monte Rocha Palace ist nach einer Saison Geschichte. Doch es kommen sicherlich bald schon wieder gute Zeiten. Nämlich dann, wenn der neue Besitzer hier einzieht. Dann geht es wieder aufwärts – wenn man schon oben ist, wie soll es da noch weiter aufwärts gehen?, fragt man sich da verwundert. Und damit der Verkauf so lukrativ wie möglich wird, der Besitzerwechsel so schnell wie möglich vonstatten gehen kann, werden Aurélio und José als Wächter das Objekt bewachen, es warten und in Schuss halten.

Lucia, Aurélios Frau ist davon wenig begeistert. Sie weiß, dass hier nichts mehr blühen und gedeihen wird. Und ihren Mann wird sie nun noch seltener sehen. Denn Aurélio stürzt sich voller Elan in die Arbeit. José hingegen sieht diesen Job als willkommene Gelegenheit zum bezahlten Nichtstun an. Was zu Zwistigkeiten mit Aurélio führt. Bald schon ist hier nichts mehr wie s war. Das Hotel verkommt nach und nach. Verwüstungen, eine Fliegenplage, tropfende Wasserleitungen – die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Bis eines Tages Aurélio verschwindet … und nie mehr auftaucht. Ein Publizist bekommt Wind von der Sache, ihm werden Papiere des Hotels zugespielt. Er beginnt zu recherchieren. Das Bild, das man bisher sich gemalt hat, bekommt Risse, neue Schattierungen werden sichtbar, der Fokus wechselt…

Peter Höner schreibt keinen klassischen Roman, in dem es ein wirkliches Ende gibt. Der Weg ist das Ziel – er trägt Puzzleteile zusammen, die aber nur schwerlich eine echte Schönheit ergeben. Vielmehr dominieren dunkle Farben wie wenn beispielsweise die eigenen Kinder Aurélios nicht wirklich etwas zur Lösung beitragen können – die kannten schlicht und ergreifend ihren Vater nicht. Warum er verschwand, und wohin? Die Frage bleibt offen. Die kann nur einer beantworten – und der ist verschwunden. Vielleicht ist er auf Drachenflügeln ins Nichts geflogen…