Der Schrecken

Während auf dem Kontinent sich die gegenüberSTEHENDEN Armeen gegenseitig die Köpfe einschlagen, geschehen in Wales seltsame Dinge. Im Moor versinken Menschen, sie stürzen Klippen hinab, hinter Hecken leuchtet es unerklärlich und ein Schiff versinkt. Einfach so. Neben all den Schreckensnachrichten über den Krieg – eine Bezifferung ist zu dieser Zeit noch nicht nötig – beschäftigen diese unerklärlichen Fälle menschlicher Tragödien die Menschen um ein Vielfaches. Und sie regen die Phantasie an.

Denn wie sonst als mit dem unguten Trieben einer höheren Macht, eines perfiden Planes fremder Mächte, seltsamer Gestalten oder doch handfester Fieslinge sind diese Ereignisse zu erklären. Mit Z-Strahlen vielleicht, wie es der Doktor meint? Ist zumindest eine Theorie. Doch das hochgestochener Gebrabbel, seine nicht jedermann verständlichen und nicht enden wollenden Ausführungen lassen das alles schnell als Spinnerei abtun. Dennoch bleiben die Theorien haften. Vielleicht ist ja doch was dran?! Und außerdem wartet der Geschichtenonkel immer wieder mit neuen „Fakten“ auf.

Als Leser wird man von einem Sog erfasst, der einfach kein Entkommen zulässt. Ohne auch nur einen Gedanken an stumpfsinnige Spinnerei zu verschwenden, befindet man sich im Nu in einer wahrlich phantastischen Geschichte. Und zwar eine Geschichte aus einer Zeit, in der das viel geschundene und missbrauchte Genre Fantasy nun wirklich noch nicht einmal in der Wiege lag.

Arthur Machen (ausgesprochen Mecken, er war Waliser) lässt seinen Theorienaufsteller nicht verzweifeln an der Missachtung seine Theorien. Vielmehr treibt sie ihn an. Immer wieder ergeht er sich in historischen Ausflügen, die seine Gedanken stützen. Auch wenn es ab und an groteske Züge annimmt, wenn also beispielsweise deutsche Soldaten im Untergrund (im wahrsten Sinne des Wortes) agieren.

Dieses Buch und die dazugehörige Werksausgabe als Grundstein für Verschwörungstheoretiker zu bezeichnen, würde weit über das Ziel hinausschießen, es nicht einmal ins Visier nehmen können. Arthur Machen verbreite mit „Der Schrecken“ keinen Schrecken. Dieses Buch ist ein anregendes Stück Literatur, das einen sofort gefangen nimmt. Ein ziviler Arrest, den man mit Freuden annimmt, wenn man sich der Wortgewalt einmal bewusst ist.