Fleur de Sel

Fleur de Sel

Pessimisten vermuten hinter einer exzellenten Verpackung einen schnöden Inhalt. Optimisten freuen sich ab der ersten Sekunde auf eine hübsch verpackte Idee. Wenn Überraschung „das Salz in der Suppe“ ist, dann tragen bei diesem Buch die Pessimisten den ersten Sieg davon.

Edles Schwarz breitet sich aus. Darauf von der ewigen Strahlkraft der Sonne geformte Diamanten, die auf der Zunge zergehen. Das Cover verspricht höchsten Lesegenuss. Nächste Seite: Mit einfachsten Mitteln wird aus der Salzigen Menge der Titel dargestellt – Fleur des Sel, Salzblume. Die Blume verleiht dem chemischen Begriff des Natriumchlorids einen Hauch von Verheißung, von edlem Geschmack, von Würze.

Salz ist das einzige Gewürz, das überall auf der Welt ein Adjektiv besitzt. Salzig. Rosmarinisch, basilikumisch – das streikt jeder Texteditor. Rainer Schillings und Ansgar Pudenz setzen mit ihrem Buch nicht nur Maßstäbe für ähnlich geartete Koch- und Lebensmittelbücher. Sie setzen dem scheinbar einfachen Gewürz Salz ein Denkmal. Jedoch nur dem edelsten Salz der Erde, dem Fleur de Sel. Das übrigens nur, wenn es aus der Bretagne kommt diesen Namen verdient. Die harte Arbeit, die hinter der Salzgewinnung (und es ist ein wahrer Gewinn) steckt, steht ebenso im Fokus wie die lukullischen Enderzeugnisse, die mit der Salzblume verfeinert werden.

Die Rezepte sind – wie das Fleur de Sel auch – nicht unbedingt für jeden Tag. Auserlesene Zutaten erhalten erst durch das auserlesene Meer-Sonne-Produkt ihren letzten Schliff. Gebratene Taubenbrust auf Couscous mit geräucherter Aalcreme. Und dazu eine Prise Fleur des Sel. Schon beim Lesen läuft einem das Wasser im Mund zusammen. Am raffiniertesten sind aber die Desserts. Salz –  egal, ob nun für wenige Cent im Pappbehälter oder im handgetöpferten Gefäß für einige Euro mehr – verträgt sich nach landläufiger Meinung nur in den seltensten Fällen mit Süßkram. Aber liest man auf Seite 84 Amarant-Törtchen mit Granatapfelgelee und Vanille-Salzeis wird man schon von der Überschrift eines Besseren belehrt.

Seit jeher war Salz ein wertvolles Produkt. Der altmodische Begriff Salär für Bezahlung und Entlohnung geht auf das lateinische Wort für Salz zurück. Denn so mancher Staatsbedienteste wurde mit Salz bezahlt. Dafür gab es zeitweise ein Pferd oder sogar ein Stück Land. Im Mittelalter waren beispielsweise die Medici bestrebt den Salzhandel unter ihre Fittiche zu bekommen. Ihr Machtstreben dehnte sich bis nach Frankreich aus, um sich dort die Salinen einzuverleiben.

Der Verlag 99pages hat es sich zur Aufgabe gemacht das Genre Kochbuch zu revolutionieren. Der Initialschuss hier geht nicht ins Leere. Im Gegenteil: Ein absoluter Volltreffer.

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