Der Dreispitz

Irgendwo im beschaulichen Teil Andalusiens. Nicht weit von Jerez. Da, wo die Welt noch in Ordnung zu sein scheint. Da lebt der Müller Onkel Lucas. Alle mögen ihn. Die Sympathie in Person. An seiner Seite: Señora Frasquita. Der Liebreiz in Person. Ihr steigen viele nach, noch mehr wollen es. Doch sie hat nur Augen für ihren Müller. Der Altersunterschied, die offensichtliche Kluft in ihrer beider Aussehen, hindern sie nicht ein Leben zu führen, das ganz allgemein mit Glück bezeichnet werden kann. Im Hof ihrer Mühle setzt man sich gern im Schatten zur Ruhe und lässt den Herrn über sich wachen.

Ein neuer Bürgermeister wird schon bald die Idylle des Ortes zerklüften. Don Eugenio Zuñiga y Pence de León – allein schon der Name lässt so manchen „Untergebenen“ erschaudern – hat mehr als nur ein Auge auf die hübsche Frasquita geworfen. Doch ihr imponieren weder das pfauenhafte Getue des Oberen noch seine sorgsam ausgewählte Kleidung noch sein Werben. Vielmehr bereitet es ihr einen gewissen Spaß den Beamten zu foppen, während ihr Gatte im Blätterwerk der Weinreben die Szenerie beobachtet.

Ein weiterer Spieler in dieser auf einer historischen Legende beruhenden Geschichte in Garduña, der Dorfpolizist. Einer, mit dem nicht gut Kirschen essen ist. Ein Günstling, der schon drei Bürgermeister erlebt hat und schon deswegen für sich in Anspruch nimmt Recht und Gesetz mehr als nur zu verkörpern.

Durch eine List wird der Onkel Lucas, der Müller des Nachts aus seinen Gemächern, vom Hof, aus dem Ort gelockt. Bahn frei für den Frontalangriff auf das Objekt der Begierde: Señora Frasquita! Doch der Angriff schlägt fehl. Anfänglich wiegt man sich in Sicherheit, doch im Nachgang wird alles, was hier einmal zur festen Grundordnung gehörte, über den Jordan geschickt. Getreu dem Motto: „Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein“. Und das gilt für alle Beteiligten!

Pedro Antonio de Alarcón schreibt als Erster dieses kleine Verwirrspiel auf. Die Idee ist nicht seinen Hirnwindungen entsprungen. Über eine lange Zeit hinweg wurde diese Geschichte mündlich weitergegeben. Doch alle Aufzeichnungen sind spurlos verschwunden wie die Moral der handelnden Personen. Ihm verdanken wir also diese zauberhafte Geschichte, die dem Leser den Schlafsand aus den Augen treibt. Bevor die letzte Seite nicht gelesen ist, kann man eh nicht einschlafen. So viel ist garantiert. Wem der Titel irgendwie bekannt vorkommt, kann beruhigt sein. Es ist kein böser Geist, der einem da die Gedanken durcheinander zu wirbeln scheint. Manuel de Falla hat die Geschichte in einem Ballett verarbeitet, das vor über einhundert Jahren mit dem berühmten Balletts Russes Premiere feierte. Die Bühnenausstattung inkl. der Kostüme entwarf niemand Geringeres als Pablo Picasso.