Das kleine Licht

Wenn einem ein Gedanke nicht mehr aus dem Kopf geht, muss man was dagegen tun. So denkt auch der einsame Mann, in den einsamen Bergen, in seiner einsamen Berghütte. Und zwar als er auf der gegenüberliegenden Seite des einsamen Tales ein Licht sieht. Jeden Tag. Jeden Tag zur gleichen Zeit erscheint es. Und es lässt ihm keine Ruhe. Was ist das? Was ist dort? Ist es hier vielleicht doch nicht so einsam wie vermutet? Er entschließt sich dorthin zu fahren, von wo das kleine Licht ihm die Nerven zerbrechen lässt. Auf dem Weg trifft er Menschen, die noch nie was von dem Licht gehört haben, geschweige denn es selbst je gesehen haben. Nur einer hat es ebenfalls schon mal gesehen. Für ihn sind es Außerirdische. Naja, eine befriedigende Antwort hört sich anders an.

Der einsame Mann findet die Stelle und ist überrascht, was er da sieht – was er erhofft hat zu finden, kann er eh nicht in Worte fassen. Ein kleiner Junge lebt dort. Er wäscht ab, bügelt seine Sachen, macht Hausaufgaben. Mama und Papa sind nicht da, sind weg. Einfach nicht existent. Und jeden Tag geht der kleine Junge durch den dunklen Wald zur Schule. Er lernt fleißig, doch die Lehrer verzweifeln an ihm. Die Mitschüler hänseln ihn. Er scheint keine Leuchte zu sein.

Doch die Szenerie ist irgendwie geladen. Das spürt der Mann sofort. Der Junge will sich nicht helfen lassen. Sein Fatalismus ist erschreckend, aber auch mutmachend. Der Kleine braucht keine Hilfe, so sehr sie ihm von dem Mann auch angeboten wird. Das ist verstörend … für den Mann. Doch es soll noch unerklärlicher werden als er es sich jemals ausmalen könnte.

Die Idylle der abgeschiedenen Berge ist für Antonio Moresco der ideale Nährboden für seinen Kurzroman. Die einfache Sprache passt ins Bild der Einöde in den einsamen Bergen. Hier ist nicht viel los. Arbeit und nochmal Arbeit bestimmen den Tagesrhythmus. Keine Zeit zur Klage, keine Zeit, um über Dinge grübeln, die eh nicht zu verändern sind. Doch hier oben ist die Welt nicht so in Ordnung (im wahrsten Sinne des Wortes) wie es sich so mancher Teilzeitaussteiger gern vorzustellen wünscht. Und schlussendlich ist die Begegnung mit dem Jungen, der den Kitt aus den Fenstern der Schule aß, ein Treffen mit einem sehr vertrauten Menschen…