Apulien

Als Mitte der Achtziger die Band Geier Sturzflug den Spaß mit „Besuchen Sie Europa, so lange es noch steht“ Ernst mit Spaß mischte, war es die Angst vor einem atomaren Erstschlag, die die Menschenmassen auf die Straße trieb. Der Vergleich mit einem dringend anstehenden Apulien-Urlaub mag auf den ersten blick etwas hinken, dennoch ist dieser Vergleich stellenweise angebracht. Ein Ausflug in die Flora an die Hacke des italienischen Stiefels lässt jeden Besucher den Mund offen stehen. Hier stehen uralte Olivenbäume. Und die tragen immer noch Früchte! Doch ist ihr Bestand gefährdet. Nicht nur weil der Mensch aus dem Holz den letzten Euro herausquetschen will, sondern durch ein wortwörtlich brandgefährliches Bakterium. Das Xylella fastidiosa. Dieser sorgt dafür, dass die Bäume – wie gesagt, uralt und immer noch trächtig – innerlich verbrennen. Eine Impfung wie man es beim homo sapiens kennt, gibt es nicht. Es kann also sein, dass das Gold Apuliens, aus Apulien kommen rund 40 Prozent des italienischen Olivenöls, bald schon ein Ende haben könnte.

Und wenn man schon mal da ist, um die letzten ihrer Art zu besichtigen, kann man auch gleich den Rest Apuliens besuchen. Zugegeben, eine recht eigenwillige Art der Destinationssuche, vor allem, weil Apulien so reich an Kulturgütern ist. Die Gründe die schönste zeit des Jahrs in Apulien zu verbringen sind so vielfältig wie dieses Buch prall gefüllt an Tipps und ausgewählten Wanderungen ist. Peter Amann kann von sich behaupten – diesen Eindruck bekommt man unweigerlich der Vielzahl an aufgedeckten Geheimnissen der Region – unter den Top Ten der Apulien-Experten zu sein. Perlen wie Bari und Lecce offenbaren sich Autor und Leser genauso wie das sonnenverwöhnte Hinterland. Orte wie Massafra – durch eine Brücke wird aus dem Ort tatsächlich eine Einheit – sind ein Augenschmaus.

Am Eingang zum Parco Nazionale dell’Alta Murgia, der mit der Überschrift „Steinwüste, Blütenmeer, Dinosaurier“ keine weiteren Anreize benötigt, liegt das geheimnisvolle Castel del Monte. Ein achteckiger Bau, burgähnlich, der bis heute den Wissenschaftlern Stoff für Forschungen bietet. Die Acht bietet allerlei Anlass für Spekulationen um die Form des Baus. Vielleicht, um den Nächtlichen Himmel zu studieren? Trutzburg? Wozu der Jahrhunderte alte Bau schlussendlich diente, kann bis heute nicht zweifelsfrei bewiesen werden. Fest steht, dass dieses außergewöhnliche Bauwerk mehr als nur ein Hingucker („da oben auf dem Hügel“) ist.

Mit Peter Amann zu reisen, und jede Seite ist eine kleine Reise, kommt dem sprichwörtlichen Paradies nahe. Nicht ein einziges Mal unterliegt man der Versuchung den Reiseband beiseitezulegen. Immer wieder überrascht er mit Ausflugstipps, einem Stupser in die richtige Richtung, wenn der Magen knurrt und unterhält mit kleinen Anekdoten aus der reichhaltigen Geschichte Apuliens. Mehr als fünfhundert Seiten, die schon beim Lesen den Urlaub erlebbar machen.