Archiv für den Monat: August 2014

Wien

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Haben Sie Wien schon bei Nacht gesehen? Sicherlich ein Hingucker. Aber erst bei Tag! Annette Krus-Bonazza beweist auf 276 Seiten, dass Wien bei Nacht sehr reizvoll ist, bei Tagesanbruch sich in eine florierende Metropole im Herzen Europas verwandelt und im Laufe des Tages mit einer geballten Ladung Historie, Kunst, Kultur und unzähligen Wows aufwarten kann, um bei untergehender Sonne nichts davon verschwinden lässt.

Neun Touren hat sie durch die Stadt erstellt und keine davon sollte man auslassen. Klingt anstrengend. Ja, aber anstrengend schön. Und das Buch würde nicht beim Michael-Müller-Verlag erscheinen, hätte die Autorin nicht ausreichend Tipps für Leib und Magen im Buch verewigt.

Die Standards wie Stephansdom, Prater und Josefstadt werden auf eine andere Art erkundet. Sie stehen nicht im Mittelpunkt der Touren, sie sind vielmehr gleichberechtigter Bestandteil der gesamten Tour. Das erlaubt dem Besucher sich schon von vornherein als kleiner Wienkenner zu erkennen zu geben. Man stolpert nicht mit weit aufgerissenen Augen durch die Stadt, man ist erfahrener Kenner, der ohne Zögern die Schönheiten der Stadt realisiert und einzuordnen vermag.

Der Menschenschlag in der österreichischen Hauptstadt ist bekannt als ein bisschen besonders. Todessehnsüchtig sollen sie sein die Wiener. Ihr Schmäh ist weltbekannt. Die erstklassig erhaltenen Bauten vermitteln weltläufiges Flair. Prachtbauten, die vom einstigen Ruhm der Monarchie künden. Und das alles sieht man in Wien. Doch vieles übersieht man auch im Taumel der Gefühle.

Gut, wenn man einen erfahrenen Reisebegleiter hat. An dieser Stelle auf jede einzelne Tour einzugehen, würde den Rahmen sprengen. Und ein bisschen Spannung sollte man sich für das Lesen und die Stadtspaziergänge aufheben.

Annette Krus-Bonazza treibt den Leser an Wien zu erobern. Sie hält den Leser zurück, wenn er auszubüchsen versucht. Ihre Touren sind abwechslungsreich in jeder Hinsicht. Museen und Cafébesuche bilden genauso eine Einheit wie Nackenstarre (vom vielen Nach-Oben-Schauen) und erholsame Stunden auf einer Parkbank. Ihre Passion für die Donaumetropole ist auf jeder Seite spürbar. Das macht diesen Reiseband zu etwas ganz Besonderem.

Kuchenfest

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Um einen Kuchen zu backen, dafür braucht man keinen besonderen Anlass. Einfach mal so, für zwischendurch einen leckeren Kuchen in die Röhre schieben, abkühlen lassen, servieren und die Dankbarkeit in den Augen der Gäste ist garantiert.

Doch wenn besondere Anlässe ins Haus stehen, sollte es öfter mal eben auch was Besonderes sein. Nicht unbedingt ausgefallene, exotische Früchte auf dem Kuchen sorgen für Begeisterungsstürme, sondern die Präsentation steht dann im Vordergrund. Da muss alles stimmen, und da ist es gut, wenn man sich fachmännischen (fachfraulichen) Rat holen kann.

Annie Rigg ist da eine hervorragende Adresse. Sie ist Food-Stylistin. Das heißt sie weiß wie man Leckeres lecker anrichtet. Und sie hat beim Verlag Jan Thorbecke schon zwei Titel veröffentlicht, die ihr Können unter Beweis stellten, „Feine Macarons“ und „Brownies“.

Der Titel „Kuchenfest“ und vor allem das tolle Cover lassen das Buch nach viel Arbeit erscheinen. Für Ungeübte eine Herausforderung. Ach gar nicht! Das geflügelte Wort „Jeder kann backen“ wird hier eindrucksvoll bewiesen. Um den neugierigen Leser bei der Stange zu halten, beginnt die Autorin mit dem Wichtigsten: Der Deko. Streusel und Glitzer sind hier nicht das Salz in der Suppe, jedoch das Tüpfelchen auf dem i.

Dann geht es schon an die Grundlagen. Vanille-, Früchte- oder Schokoladenkuchen ist kinderleicht zu backen. Das wird auf den ersten Seiten klargemacht.

Danach ein paar Cremes und Füllungen. Und schon hat man den größten Teil der Arbeit hinter sich gebracht. Jetzt geht es ans Dekorieren. Wem schnell das Wasser im Munde zusammenläuft, muss jetzt ganz tapfer sein. Zitronen-Mohn-Torte (schlucken) mit Heidelbeeren und Zitronen-Baiser-Buttercreme. Diese Kreation muss man sich noch einmal durchlesen. Zitronen-Mohn-Torte (schlucken) mit Heidelbeeren und Zitronen-Baiser-Buttercreme. Und daneben dieses Bild! Göttlich! Kurz die Mundwinkel abputzen … so … kurz schlucken. Und ab in die Küche. Nachbacken. Wohlgemerkt, da befindet man sich erst auf den Seiten 24/25. Es kommen noch einhundert!

Und dort findet man vergoldete Schokoladentorte, Super Disco-Baisers, Himbeer-Zitronenrolle, Ingwer-Rum-Kuchen mit kandierter Ananas und Schleifen- und Bändertorte.

Die Dekotipps sind wie die Einführungen und die Rezepte sehr einfach beschrieben. Mit ein wenig Konzentration wird man vom Gelegenheitsbäcker zum Profi für die ganz großen Anlässe.

Spielplatz der Spione

Spielplatz der Spione

„Erwarten Sie von mir, dass ich rede?“. „Nein Mister R., ich erwarte, dass Sie schreiben. Am besten doppelt.“ So muss es sich wohl angehört haben, als Peter Rieprich sein Manuskript bei Edition Karo angeboten hat. Klischee! Natürlich! Genauso wie Spionagebücher und –filme. Seit den 60ern waren Spione knallharte Kerle mit Knarren und pfiffigen „Werkzeugen“. Seit ein paar Jahren sind es brav gestriegelte, junge Männer, die sich in fremden Ländern und Botschaften verstecken müssen.

Wer die Gegenwart verändern will, muss die Vergangenheit verstehen.

Bis vor einem Vierteljahrhundert war Berlin der titelgebende „Spielplatz der Spione“. Hier tummelten sich die Geheimdienste der Welt. Allerdings mehr im Westen als im Osten. Außer dem Stasi, der war ja überall. Mythen ranken sich um ihre Tätigkeit. Man denke nur an die Harry-Palmer-Reihe mit Michael Caine in der Hauptrolle. Dunkle Ecken, verschrobene Typen, hektische Verfolgungsjagden.

So wollen wir Leser Spione. Oder doch nicht? Lieber ein bisschen mehr Realität als bäng-bäng? Bitte sehr! Peter Rieprich hat einzelne Geschichten von einzelnen Spionen, die in West-Berlin tätig waren aufgeschrieben. Spannend war die Tätigkeit wohl nur für sie selbst, wenn überhaupt. Für den Leser tut sich eine völlig neue Welt auf. Ja, Spione sind auch nur Menschen. Manche sind uns sogar so nah, so ähnlich, dass auch wir so einen Job hätte verrichten können.

Doch zurück zum Anfang. „Am besten doppelt!“. Wie ist das denn gemeint? Für beide Seiten arbeiten? Als Doppelagent? Nein, vielmehr ist „Spielplatz der Spione“ eine Geschichtensammlung und Sachbuch in Einem. Den Anfang bilden die Spion-Stories. Lesenswert, auch wenn das Geballere und die Verfolgungsjagden fehlen (wir haben ja bereits gelernt, dass nicht jeder, der sich Spion schimpfen durfte eine Waffe trug). Im Anschluss kommt der historische Kontext. Denn Spione gab es nicht nur in Romanen. Sie waren echt! Und ihre Arbeitsplätze sind bis heute erhalten. Also zumindest die Gebäude.

Wer Berlin besucht, kommt an der jüngeren Geschichte nicht vorbei. Noch immer werden Uniformen und Mauerreste zum Kauf angeboten. Wer will, kann sich mit uniformierten Darstellern fotografieren lassen. Der Kalte Krieg als Erinnerungsstück. Wer darüber erhaben ist, fährt nach Zehlendorf oder Karlshorst. Dort, wo sich Amis und Russen im Abhören, Ausspähen und Denunzieren einen erbitterten Wettkampf lieferten.

Eine Reiseband der besonderen Art. Geschichtsunterricht zum Anfassen.

Black Vodka

Black Vodka

Gefangen im Nirgendwo? Das sind die Protagonisten der zehn Geschichten sind nicht zu Hause. Eine Engländerin in Prag zusammen mit Serben. Doch eigentlich sind Her- und Ankunft egal. Alle sind irgendwie irgendwo gestrandet.

Nicht immer freiwillig. Alle haben ihr Scherflein zu tragen. Und sie meistern ihre Situation. Großstadtromantik und Großstadtalltag treffen hier auf die kongruente Literaturgattung der Kurzgeschichte. Zackig und präzise hält Deborah Levy die Fäden ihrer Figuren in den Händen. Sie taumeln, sie stöhnen, sie lachen, sie tanzen … sie sind am Leben.

Das ist es was zählt lebendig sein. Urbanität und Kreativität findet nicht nur in Büros statt. Draußen auf der Straße wird der Mythos creative urbanity geboren. Oder ist es doch die urban creativity?

Die Schicksale scheinen auf den ersten Zeilen banal. Essen in der Mikrowelle aufwärmen, ist nicht gerade ein Ausbund an Kreativität. Doch Deborah Levy nimmt dies zum Anlass ungewöhnliche Geschichten zu kreieren. Im Reisegepäck hat jeder sein Paket mit Erinnerungen und Erfahrungen. Diese sind Mittel zum Zweck. Aus Erfahrungen heraus werden Probleme gelöst. Oder man erlaubt es aus Problemen neue Erfahrungen zu machen.

Die zehn Geschichten sind schwer greifbar. Man muss alles um sich herum vergessen, ausblenden. Dann, und erst dann, taucht man wirklich in die Stories ein. Eine Weltreise rund um den Globus: Von Barcelona über Wien bis Prag. Eine globale Geschichtenzusammenstellung, die eines klarmacht: Globalisierung kann auch Spaß machen. Zumindest, wenn man die Geschichten von Deborah Levy liest.

Murmelbrüder

Murmelbrüder

Unter der Sonne Sardiniens spielt diese zauberhafte Geschichte aus der Feder von Michela Murgia. Sie ist dort geboren und lebt (wieder) dort. Sie kennt die Menschen der Insel. Mit diesem Buch versetzt sie den Leser in ihre Kindheit und auf die Trauminsel Sardinien.

Maurizio, Franco und Giulio sind echte Freunde. Sie sind um die zehn Jahre alt. Ihre Welt ist Crabas, ein kleines Städtchen, in dem sie sich so richtig austoben können. In der Natur herumstromern, Murmeln spielen – diese, ihre Welt ist in Ordnung. Maurizio hat den angenehmen Vorteil Einzelkind zu sein. Das heißt, er wird nicht permanent überwacht. Bei seinen Großeltern hat er ohnehin noch mehr Freiheiten. So soll es sein. Die Drei sind unzertrennlich. Wie selbstverständlich treffen sie sich jeden Tag zur gleichen Zeit an der gleichen Stelle. Alles ohne Uhr, ohne Karte, ohne Verabredung. Später werden sie es seelenverwandt nennen…

Und sie sin richtige Lausbuben. Eine Rattenplage wird radikal mit Stein, Alufolie, Alkohol und Steinschleuder bekämpft. Leider auch mit allen Konsequenzen.

Der Pfarrer des Ortes, Monsignor Marras hat auch so seine Vorstellungen vom Leben. So gründet er (kurzerhand?) eine neue Glaubensrichtung. Das spaltet den Ort in zwei Lager. Spannungen sind vorprogrammiert. Die Einigkeit, die so gern von der Kirche propagiert wird, soll nur noch von einer der beiden Richtungen vertreten werden. Auch die Jungens werden in den Sog der beiden streitenden Parteien gezogen. Doch sie haben eine (Welten) umwerfende Idee.

Michela Murgia berichtet von Freundschaft, die Grenzen überwindet. Die gewitzten Jungen Maurizio, Franco und Giulio sind Helden, Einiger und Lausbuben in einem. Sie wachsen dem Leser sofort ans Herz. Genau wie dieses Buch, das jeder lesen sollte, der offenen Auges durchs Leben schreitet, die Inseln des Mittelmeeres liebt und eine gute Geschichte zu schätzen weiß.

Die Schmuggler

Die Schmuggler

Was für eine Überraschung! Da ist sie, die „Mestral“. Der Ich-Erzähler wird von einem Fischer herangepfiffen, weil sich die beiden kennen. Denn das Boot gehörte einst dem Erzähler, der Pfeifende heißt Baldiri Cremat und ist Fischer, mit Nebenerwerb. Eigentlich wollte der Erzähler arbeiten, eine Geschichte schreiben. Und eigentlich sollte der Fischer mach Fischen fischen. Eigentlich. Aus dem Zusammentreffen wird ein Trip, den alle Beteiligten nicht mehr vergessen, inklusive des Lesers.

Die Drei, Baldiri Cremat, Pau Saldet und der Erzähler machen sich also auf den Weg von der katalanischen Küste in Frankreich Olivenöl zu verkaufen. Das Beste, was es überhaupt gibt. Auf dem Rückweg wollen sie teure Ersatzteile für Fahrräder mitbringen. Alles in allem ein ganz normaler Arbeitstag. Doch dem Erzähler schwant nichts Gutes. Er weiß, dass Cremat und Saldet mit allen Wassern gewaschener Halunken sind. Doch die Aussicht mit dem einst eigenen Boot noch einmal aufs Meer hinauszufahren, den Wind um die Nase wehen zu lassen, und vielleicht auch die Schmeicheleien von Cremat lassen die Abenteuerlust über die Vorsicht siegen.

Dem Erzähler ist klar, dass es sich nicht um eine „normale Geschäftsreise“ handelt. So konzentriert er sich bei der Kurzreise ins benachbarte Frankreich auf die Schönheiten der Natur und der Eigenheiten der Ortschaften. Besonderen Wert legt er auf die lukullischen Genüsse an Land. Dem Leser läuft das Wasser im Mund zusammen, wenn er von den Köstlichkeiten an Land erfährt.

Und so tritt die Tätigkeit des Titels – das Schmuggeln – immer weiter in den Hintergrund. Fast könnte man „Die Schmuggler“ als kulinarischen Reiseband für Leckermäuler verstehen. Als Reiseband taugt die Geschichte allemal. Entlang der katalanischen Küste von Spanien nach Frankreich ins Roussillon oder in umgekehrter Richtung, Josep Pla gibt die Richtung und Einkehrorte vor. Immer mit dabei: „Die Schmuggler“.

New York – Eine literarische EInladung

New York - eine literarische Einladung

New York – die Hauptstadt der Welt, Big Apple, Moloch, Monstercity. Es gibt so viele Bezeichnungen für die Gigantenmetropole, dass sich mindestens genauso viele Autoren an einer Beschreibung versuchten. Die besten (Autoren und Beschreibungen) sind in diesem kleinen roten Büchlein zusammengefasst.

Auf der ersten Umschlagseite empfängt den Leser eine graphische Übersicht, wo denn die einzelnen in diesem Buch vertretenen Autoren in NYC in ihren Geschichten rumgetrieben haben. Helene Hanff und Charles Reznikoff im Central Park. Grace Paley, Calvin Trillin und Eliot Weinberger im Village. Don DeLillo und Colum McCann im Financial District. Drei völlig unterschiedliche Orte, die alle zu einer Stadt gehören – genauso ist New York. Wie wohltuend, dass Sammlerin der Geschichten Beatrice Faßbender auf die tränenrührenden Geschichten um 9-11 und das World Trade Center verzichtet hat. Es war unfassbar schlimm, was damals passiert ist. Es hat unser aller Leben verändert. Aber die Erinnerungslitaneien sind und bleiben Amerika und den New Yorkern vorbehalten.

Eliot Weinberger geht in seiner Geschichte davon aus, dass der Schmelztiegel einen eigenen Staat verdient hat. Hier trifft sich die Welt. Hier arbeitet die Welt. Hier amüsiert sich die Welt. Und hier werden die Weltbewohner zu New Yorkern. Man ist grundsätzlich gegen die da aus Washington. Denn wie selbstverständlich hält man sich selbst für die Hauptstadt der USA (und somit der Welt).

Die Geschichten sind prädestiniert Reisenden, lesenden Reisenden, die Stadt näher zu bringen. Keine endlosen Einkaufstipps oder Hinweise, was man gesehen haben muss. Eine Stadt definiert sich über ihre Bewohner, und die stehen im Mittelpunkt der literarischen Exkurse.

Andy Warhol konnte hier arbeiten, alles andere war eh Zeitverschwendung. Dennoch konnte er sich über die Baumvielfalt und Menge Gedanken machen. Ein köstlicher Spaß ihm bei seinen Gedanken Zeile für Zeile zu folgen.

Ein Buch über New York ohne Paul Auster ist kein Buch über New York. „Auggie“ ist vielen aus dem Film „Blue in the face“ mit dem grandios agierenden Harvey Keitel bekannt. Hier die geschriebene Fassung.

Wer in New York eintauchen will, kommt an den geschriebenen Zeilen seiner Bewohner nicht vorbei. Doch wo anfangen? Kleiner Tipp: Rot, schmal, kompakt.

Nord- und Mittelengland

Nord- und Mttelengland

Nord- und Mittelengland? Gibt es diese Region überhaupt? Ja! Und warum sollte man dort hin? Im Süden gibt es doch viel wohlklingendere Ortsnamen wie Bigbury on Sea, Brighton, oder Seaton und Beer. Im Norden liegen die Industriehochburgen wie Manchester, Newcastle, Sheffield – Ortsnamen, die maximal bei Sportfans für Erregung sorgen.

Also ein Reiseziel für Sportfans? Auch, aber nicht vorrangig. Eine Stadt wie Liverpool war vor dreißig Jahren maximal eine Stippvisite wert, um zu schauen,, wo denn nun John, Paul, George und Ringo sich ihre ersten Meriten verdient. Heute ist es ein Zehn-Tages-Trip, um unter andere zu schauen, wo John, Paul … naja Sie wissen schon … Sporen usw.  Liverpool kann sich rühmen eine der wenigen Städte zu sein, für die es sich gelohnt hat Geld in den Titel „Kulturhauptstadt Europas“ zu investieren. Fünf Milliarden Pfund (in English klingt es noch pompöser: Five billion pound!) wurden in das Makeover gesteckt. Heute kann sich Liverpool durchaus mit Barcelona, Chicago und LA messen, wenn es um kulturelle Events geht. Natürlich – das darf an dieser Stelle nicht vergessen werden – lebt die Stadt am River Mersey (den so klangvoll die „Ferry“ überquert) auch vom Fußball. Jahrelang quälten die Spielstafetten von Stephen Gerard & Co. die Gemüter der Fans, doch seit der vergangenen Saison spielt man wieder oben mit. Doch einfach mal so eine Partrie miterleben, ist schwierig. Nur Langzeitfans (und vor allem Langzeit-Clubmitglieder) erhalten Tickets. Und die sind dann auch entsprechend teuer. Nix mit acht Euro „für Euch in der Südkurve“! Ein Euro pro Spielminute ist da schnell erreicht.

Doch Nord- und Mittelengland ist mehr als nur Anfield und Beatlemania. Oxford und Cambridge sind klangvolle Namen in der Welt der Wissenschaft. Dutzende Nobelpreisträger lernten und lehrten hier. Die beiden Ortschaften haben sich dank großzügiger Spenden aus den verschiedensten Richtungen ihren Charme erhalten können. Cambridge leistet sich den Luxus seinen Studenten ein Auto im Umkreis von zehn Meilen rund um den Campus zu verbieten. Cambridge ist also eine Fahrradmetropole.

Was wäre England ohne seine Schrulligkeiten. Wo wir gerade in den Midlands sind. Die Region Cotswolds ist (bis zu diesem Buch) unbekannt. Wer seinen Urlaub auf Anfang Juni legen kann, sollte sich hier einfinden. Denn dann finden hier die Olimpicks statt. Welly-Wanging, Shin-Kicking und Sack-Races sind nur ein paar Disziplinen, in denen um den Ersten Platz gerungen wird. Zum Verständnis: Es geht um Gummistiefel-Weitwurf, Schienbeintreten und Sackrennen.

Dorothea Martin hat die Mammutaufgabe auf sich genommen den Norden und die Mitte Englands in einem reiseband zusammenzufassen. Allein die Fülle an Städten (die man meist auch schon mal gehört hat: York, Manchester, Liverpool, Stoke, Middlesborough, Leeds, Sheffield, Hull, Leicester, Worcester (Achtung, Aussprache! Nicht Wurschester, eher Wuster – die mit der Sauce! Oder doch Soße?), Nottingham, Birmingham, Newcastle) lässt den Reisenden verzweifeln, wo man denn nun seine Erholung suchen soll. Die Antwort muss sich jeder selbst geben, jedoch: „You’ll never walk alone“ mit diesem Reiseband.

Heilende Gewürze

Heilende Gewürze

Was wäre ein asiatisches Menü ohne Koriander? Oder ein Steak ohne Pfeffer? Oder Spaghetti Bolognese ohne Basilikum? Nicht mal halb so lecker. Gewürze verleihen den Gerichten Pfiff, Geschmack und das besondere Etwas! Doch sie sind mehr als nur schnöde Veredler! Denn so manches Pülverchen ist ein wahres Gesundheitswunder. In den richtigen Mengen. Muskatnuss zum Beispiel – fein zerrieben über die Speise verteilt, ist es auf einen Schlag ein vollkommen verändertes Geschmackserlebnis. Und Forscher fanden heraus, dass die Muskatnuss eine krampflösende Wirkung hat. Bei Epilepsie kann das durchaus hilfreich sein. In Thailand belegten Forscher, dass Muskatnussextrakt Leukämiezellen tötet. Ein verbessertes Gedächtnis, ein sinkender Cholesterinspiegel und eine beruhigende Wirkung werden ihr ebenso nachgesagt. So eine kleine Nuss (eigentlich es „nur“ der Kern des nussartigen Samens) und so eine große und umfängliche Wirkung! Dr. Bharat B. Aggarwal arbeitet seit über zwei Jahrzehnten am Anderson-Krebszentrum der Uni Texas. Künstlich hergestellte Medikamente sind bei der Gesundheitsvorsorge und Krankheitsbewältigung nicht das alleinige helfende Mittel. Ob als Begleitmittel oder als Präventivzusatz sind Gewürze eine willkommene Alternative. Dass sie dabei oft noch den Geschmack der Speisen verfeinern ist ein mehr als willkommener „Nebeneffekt“. Auf über fünfhundert Seiten gibt der Autor hilfreiche Anregungen zum Kauf, worauf man achten sollte, zur Aufbewahrung und zur richtigen Dosierung von Gewürzen. Das Inhaltsverzeichnis ist zweigeteilt. Zum Einen nach den Gewürzen, zum Anderen aber auch nach den Wehwehchen. Und er gibt Tipps welche Gewürze zu welchen Rezepten passen. Denn schmecken soll es ja auch!

City Trip Buenos Aires

Vorspann Buenos Aires 2014

Ohne viel Federlesen macht sich Maike Christen auf eine echte Metropole zu erobern. Buenos Aires – so erfährt der Leser gleich ohne Vorwarnung ist eine gigantische Stadt, die durch ihre Freizügigkeit in Bezug auf Größe punktet. Ein mehrspuriger Boulevard? Fehlanzeige! Es sind mehrere Boulevards, die auf fünf, sechs, acht Spuren ihre Schneisen durch die Hafenstadt ziehen. Portenos nennen sich die Einwohner von Buenos Aires. Über ein Dutzend Millionen Einwohner zählt die Stadt, die Traditionen pflegt, und sich immer wieder neu erfindet.

Im Szene-Viertel Palermo siedeln sich seit Jahren innovative Unternehmen an, die der Gegend ein modernes Flair verleihen. Auf der Plaza de Mayo demonstrieren immer noch regelmäßig die Madres de Plaza de Mayo Mütter, die auf ihr Schicksal während der verheerenden Militärdiktatur aufmerksam machen. Damals verschwanden tausende Frauen, Männer, Söhne und Töchter. Auch nach über dreißig Jahren lassen sich nicht locker und fordern Aufklärung – ganz ohne Folklore-Ansinnen.

Ein Rundgang durch Buenos Aires ist unmöglich – die Stadt ist einfach zu groß. Der beiliegende Stadtplan im Maßstab 1:25.000 (das Stadtzentrum befindet sich auf der Rückseite und wird im Maßstab 1:12.500 abgebildet) zeigt die praktische Rasterung der Stadt: Wie ein Schachbrett breitet sich die Metropole vor den Augen des Betrachters aus. Verlaufen fast unmöglich. Doch bei der Fülle an Sehenswürdigkeiten fällt es dem Besucher schwer sich an Vorgaben zu halten. Einfach drauf los laufen! Wenn man doch vom rechten Pfad abgekommen ist (bitte wortwörtlich nehmen!, nichts hineininterpretieren), einfach ein paar links oder rechts abbiegen – je nachdem. Dann findet man wieder zurück auf den geplanten Weg.

Was es links und rechts zu sehen gibt, weiß Maike Christen richtig einzuordnen. Prächtige Kolonialbauten, farbenprächtige Fassaden, die jedes Viertel zum Fotomodell machen, ausgedehnte Parkanlagen, Tango in erstklassig erhaltenen Jugendstilcafés – ach man könnte die Reihe endlos fortsetzen und würde dennoch nie ein Ende der Aufzählung sehen. Einfach mal hinfahren! Und dieses Buch als ständigen Begleiter mitnehmen. Einen besseren Reisebegleiter findet man nicht!