Wie Staub im Wind

Ja, man kann sagen, dass Adela und Marcos sich vielleicht nicht gesucht haben, aber auf alle Fälle haben sie sich gefunden. Ihre Wurzeln liegen in Kuba. Adela kam als kleines Kind in die USA, Marcos erst vor Kurzem. Adelas Mutter floh von der Insel und hat sich im Washington State ein neues Leben aufgebaut. Ihre Wurzeln, ihre kubanische Vergangenheit ist nichts mehr als das, aus, vorbei, Vergangenheit. Marcos hingegen lebt seine Wurzeln. In Hialeah – Adelas Mutter ist gelinde gesagt wenig begeistert, dass ihre Tochter gerade dort wohnt, wo Kuba allgegenwärtiger ist als auf der Karibikinsel – haben sich die Exil-Kubaner eine Zuflucht geschaffen, in der sie ihren Träumen einen Hauch von Realität verleihen können. Doch das traute Zusammensein von Adela und Marcos wird auf eine harte Probe gestellt. Zum Einen ist Adelas Mutter wenig begeistert von diesem Marcos Chaple. Zum Anderen erkennt Adela auf einem Foto bei Marcos Menschen, die ihr näher sind, als sie es sich vorstellen konnte. Da ist eine Frau mit dickem Bauch. Es ist niemand Geringeres als ihre Mutter. Und der dicke Bauch … ist sie selbst!

Was Adela zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen kann, ist, dass ihre Mutter zu einer Clique gehörte, die man den Clan nannte. Das war in den 80ern. Man las, diskutierte, plante eine rosige Zukunft. Es war ein im wahrsten Sinne des Wortes erlesener Kreis. Aufstiegschancen innerhalb der Möglichkeiten waren realistisch. Ebenso so realistisch war die Streitkultur des Clans.

Als Ende der 80er in Europa ein Umsturz vollzogen wurde, der die ganze Welt umschlang, geriet die kleine heile Welt des Clans auf Kuba ins Wanken. Erworbene bzw. erhoffte Doktorwürden wurden nicht mehr anerkannt bzw. man durfte sie nicht abschließen, weil es im fernen (Ost-) Deutschland nun andere Probleme zu bewältigen gab als Kubanern ein Diplom angedeihen zu lassen. Und der kubanische Sicherheitsapparat bekommt langsam kalte Füße ob der veränderten Weltlage…

Der Clan zerbricht. Jahre später wird der Clan wider zusammengeführt. Durch ein Foto, dass die Zeiten überdauert hat. Das darüber gewachsene Gras mehr konservierte hingegen mehr die Abbildungen als dass sie verblassten. Die Zeit heilt alle Wunden, sagt man. Manchmal aber ist die Zeit ein geduldiger Genosse, der nur sich selbst hat.

Ganz behutsam baut Leonardo Padura seine Geschichte auf. Mit jedem gehauchten Stoß ins Horn der Geschichte spürt man schon den kommenden Paukenschlag. Und dieser wird unweigerlich den Leser bis ins Mark erschüttern.