Viva la vida! Frida Kahlo

Wenn eine Künstlerin, ganz ohne Gender-Sternchen, eine Künstlerin, den Stempel Ikone aufgedrückt bekommen darf, dann Frida Kahlo. Ihr Konterfei erkennt jeder, der den Namen schon einmal gehört hat: Die harten Gesichtszüge, der starre Blick und diese aufdringlichen, unübersehbaren Augenbrauen. Und das nicht erst seit der nicht minder ikonisch ausgefallenen Filmbiographie mit Salma Hayek als zerrissene Malerin.

Über ihr Leben war bisher eigentlich vieles bekannt. Der Unfall, der ihr Leben veränderte. Die Beziehung zu Diego Rivera, dem im wahrsten Sinne des Wortes gewaltigen mexikanischen Maler. Und vor allem ihr ausschweifendes Leben. Annette Seemann gibt in ihrer Biographie vielen bekannten Fakten neue Nahrung. Denn sie trägt einiges zusammen, was bisher eher nur Fachleuten bekannt war. Sie sah Briefwechsel ein, studierte Gutachten, und ihr gelang ein weiteres Schlaglicht auf Frida Kahlo zu werfen.

Doch es sind nicht die kleinen Anekdoten, die reichlich aufzählbaren Affären oder die peinigenden Qualen ihrer Krankheitsgeschichte, die dieses Buch mehr als lesenswert machen. Es ist die sagenhafte Geschwindigkeit, in der die Autorin das rasante Leben von Frida Kahlo noch einmal Revue passieren lässt. Seite für Seite öffnet sich der Vorhang erneut für ein weiters Kapitel einer Künstlerin, die anfangs tief im Schatten des großen Rivera stand. Sie war seine Frau, zweimal hat sie Diego geheiratet. Sie war die Frau an seiner Seite, allerdings immer ein wenig im Hintergrund. Erst kurz vor ihrem Tod – auch hierzu gibt es im Buch Erkenntnisse, die so manches Klischee erblassen lassen – rückte sie in Riveras Nähe, um ihn schlussendlich in den Schatten zu stellen. In Mexiko wird er heute noch verehrt – ihr errichtet man immer noch Denkmäler.

Wie die gesamte blue-notes-Reihe räumt auch diese Biographie mit dem ermüdenden Kampf der Geschlechter auf. Letztlich ist es doch egal, ob Frau oder Mann die Bilder schuf. Frida Kahlos Bilder sind für den Betrachter oberflächlich leicht zu erkennen. Sie zu entschlüsseln, dazu bedarf es ein wenig Hintergrundwissen. Und davon gibt es auf den knapp einhundertfünfzig Seiten mehr als genug. Surrealismus, Realismus, Folklore – die Spielarten der Stile waren Frida Kahlo willige Werkzeuge, um sich auszudrücken. Vom ersten Malkasten, den ihr ihr Vater schenkte, bis zu überdimensionalen Werken, die weithin Räume erstrahlen lassen, gibt Annette Seemann die ihnen zustehende Sprache an die Hand.