Die Opiumpfeife

Ein Winterabend im Paris in der Mitte des 19. Jahrhunderts: Die feuchte Kälte schmiegt sich unaufhörlich zwischen die Fasern eines jeden Mantels. Der dichte Nebel, das kaum noch Sichtbare – wie soll man da die Adresse finde, die einem endlich offeriert wurde?! Der Erzähler ist seit Kurzem Mitglied in einem äußerst exklusiven Club. Man trifft sich im Geheimen. Der Kutscher hat Augen wie ein Adler und findet die gewünschte Adresse. Zugewachsene Fassade, ein kaum sichtbares Namensschild, eine schwerfällige Klingel. Und so dauert es bis dem Neuen Einlass gewährt wird.

Man ist schon gut unterwegs, würde man heute süffisant und ein wenig plauderhaft die Szenerie beschreiben. Nicht Wollust und Völlerei geben den Ton an, sondern vielmehr ein Rausch der besonderen Art. Der Erzähler darf sich fortan – wie auch immer er in diesen Club aufgenommen wurde – zusammen mit den anderen Mitgliedern des Haschisch-Clubs – jetzt ist es raus, hier betäubt man sich, und zwar so, dass es keiner „da draußen“ mitbekommt – im Rausch seiner Kunst hingeben. Und er beobachtet. Einer galoppiert auf einem Clown durch den Raum, eine anderer bläst Tabak in die Augen seines Gegenübers, zwei weitere duellieren sich mit Stöcken. Hier ist ja richtig was los! Doch auch die schönste Nacht hat einmal ein Ende. Das muss jeder einsehen und zieht, mit der Lethargie im Arm von dannen. Das ist nur eine Geschichte des zwanzigsten Bandes aus der Schlaflosreihe. Zweifellos die berühmteste, der „Haschischclub“. Die namensgebende „Opiumpfeife“ ist bei Weitem düsterer, einige Jahre zuvor geschrieben, und nimmt den Leser mit in eine Welt, die heute viel verschrobener – vielleicht sogar verklärter – wirkt als sie bei Erscheinen für einen Skandal sorgte.

Théophile Gautier fungiert hier nicht als phantasiebegabtes Geschöpf, der sich und den Leser dank seiner Gedanken in eine fremde Welt katapultiert. Er ist Beobachter, und er schreibt, was er selbst erlebt hat. Den Club gab es tatsächlich. Baudelaire ging im Hôtel de Lauzun ebenso ein und aus. Das heißt, diese Bettlektüre wurde im schlimmsten Fall ein wenig ausgeschmückt. Ansonsten ist alles wahr!

Die dritte Geschichte „Eine Nacht der Kleopatra“ entstand zwischen den beiden Geschichten rund um das berauschende Zeug. Auch hier spielt eine „nicht im Handel erhältliche Substanz“ eine gewisse Rolle, die Hauptrolle. Was sich allerdings erst später herausstellt und mit der der ersten beiden Geschichten nicht allzu viel zu tun hat.

Dreimal Gautier, dreimal höchster literarischer Genuss, dreimal Eintauchen in Welten, die man so selten bis gar nicht erlebt. Sie dienen vielleicht nicht die Augen im Nu zu schließen, doch die Träume, die darauf folgen, werden andere sein als wenn man diese Geschichten nicht gelesen hätte.