Trügerisches Licht

Fábbio Cássio gehört zu der Sorte Fernsehstars, die so von sich überzeugt sind, dass sie es ein Leben lang nicht schaffen aus ihrem Kokon auszubrechen. Sie ergehen sich in schwülstigen Verbalergüssen und merken nicht wie sie sich selbst widersprechen. Ihre Sucht nach Anerkennung ist krankhaft. Jede Chance nach Anerkennung wird wahrgenommen. Fábbio steht nun endlich auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Doch die Kritiker sind sich einig: Es ist ein sehr wackliges Boot, auf dem der Serienstar hier agiert. Das Stück kommt beim Publikum gut an. Sie sehen in ihm immer noch den Star aus der Telenovela, schmachten ihn an, gieren nach seiner Aufmerksamkeit. Das Stück endet mit dem Rücken zum Publikum. Der Hauptdarsteller hält sich eine Pistole an die Schläfe. Peng, Vorhang, Applaus. So wie heute. Peng, Vorhang, Applaus … Blut, Hirnstückchen verteilt in den ersten Reihen wie Souvenirs an das gierige Volk. Jetzt ist Fábbio Cássio wirklich berühmt!

Seine Frau Cayanne will noch berühmt werden. Sie sucht ihr Glück in einer abgeschmackten Realityshow. Dass sie und Fábbio schon länger kein Paar sind, ist bisher – wie durch ein Wunder – den sensationslüsternen Journalisten entgangen. Aber sie hat Fábbio in der Hand. Sie weiß Dinge, die ihm das Genick brechen könnten. Zumindest bis jetzt. Jetzt ist Fábbio tot. Selbstmord. Oder doch nicht?

Azucena leitet die kriminaltechnischen Untersuchungen im Theater. Eigentlich hat sie genug damit zu tun ihren Vater zu pflegen, ihre Schwester wieder in die Spur zu bringen (sie lässt ihr Studium schleifen), und außerdem hat sie gerade die Trennung von ihrem Mann hinter sich gebracht. Ganz ohne Rosenkrieg. Der Selbstmord war technisch gesehen einer. Aber was, wenn der Täter nicht wusste, was er tut?

Die Gewinner des dramatischen Abgangs von Fábbio sind seine Frau Cayanne, die als die trauernde Witwe nun zum Star wird und seine Mutter. Die stand schon immer genauso gern und oft im Rampenlicht wie ihr Bubi. Sie verzieh ihm alles, puschte ihn, beschützte ihn. Und dann sind da noch die Aasgeier der Regenbogenpresse. Ein gefundenes Fressen für die lauernde Meute. Doch der Platz an der Tafel der Geschmacklosigkeiten ist zeitlich begrenzt.

Patrícia Melo gibt ihren Protagonisten nur einen Weg vor, den direkten. Eine Ermittlerin, die strikte ihren eigenen Weg geht. Auch wenn das heißt, dass sie der Familie vor den Kopf stößt. Ein Toter, der zuvor für sich entschieden hat in einer Traumwelt zu leben. Eine Witwe, die die Gier aus jeder Pore rausschwitzt. Polizisten, die ihr mageres Gehalt mit Nebeneinkünften aufbessern und dadurch sich selbst in Gefahr bringen. Die Geier von der Presse, die nur den nächsten Scoop im Blick haben. In diesem Netz aus Gier und Lügen muss jeder zusehen, dass er im Dickicht Sao Paolos nicht kleben bleibt.