Suppe Seife Seelenheil

Wie viele Odysseen kann ein Mann ertragen? Der Erzähler, der es sich gemütlich macht, in dem er mit sich selbst, über sich selbst im Clinch liegt, wollte doch eigentlich nur … Ja, was eigentlich? Ach ja, nach Belgrad fahren. Zu Claudia. Die heiratet nämlich. Vor Jahrzehnten wohnten sie zusammen in einer WG, runtergekommen, schäbig, den Sozialismus im Kleinen erlebbar. Die Jahre vergingen. Die WG löste sich auf. Und dann die Einladung.

Gleich zu Beginn die erste Enttäuschung. Die Reisebegleitung, wegen der er extra von Genf aus fliegen wollte, erschien nicht. Kein Wort von ihr, weder eine Entschuldigung noch überhaupt eine Absage. Allein Im Hotel in Belgrad. In einer Stadt, in der niemand seine Sprache spricht, oder zumindest ein paar Brocken Englisch. Und dann der Filmriss.

Links und rechts je ein Polizist. Serbische Uniform. Die Hände auf dem Rücken verschränkt. Wie Holger Meins bei seiner Verhaftung oder Lee Harvey Oswald. Dabei lag er doch nur im Gebüsch. So steht es im Protokoll. Zum Glück hatte man schnell herausgefunden, dass er Schweizer ist. Ab in den Zug gen Heimat. So einfach wird dem Gestrandeten dann doch nicht gemacht.

Matto Kämpf – ein Name wie eine Aufforderung zum Duell – tobt sich richtig aus. Von Jesus bis hin zu Krokodilen, von biblischen Analogien bis hin zu trostlosen Landschaften türmen sich die Eindrücke von damals bis zu dem, was direkt vor den eigenen Augen passiert wie eine unüberwindbare Mauer vor dem Protagonisten auf. Was sich anfangs noch einen Roadtrip verheißen mag, wandelt sich schlagartig in einen Seelentrip, schlussendlich in einen Seelenstriptease erster Klasse. Zweifel und Verzweiflung verschmelzen zu einem Geschichtenhaufen, in dem der Leser zu ertrinken droht. Wortgewaltig und eindrucksstark stampft der Leser mit dem heillos Verlorenen Serbienbesucher über Stock und Stein – wortwörtlich und sinngemäß.

Was auf den ersten Blick wie die Unterzeile einer Docutainment-Serie bei RTL II, bei der sich Menschen nach Aufforderung des Autors zum Affen machen, anmutet, enthüllt schon auf der ersten Seite seinen vollen Glanz: Hier sprechen keine Marionetten, hier sprechen Hirn und Herz dieselbe Sprache. Dass das nicht immer zu dem gewünschten Ergebnis führt, weiß jeder, der schon einmal in Gedanken weiter war als er es sich erhoffte. Dieses Buch wärmt das Gemüt wie eine Suppe, reinigt Kopf und Körper wie eine duftende Seife und sorgt für klare Gedanken. „Wer Suppe Seife Seelenheil“ nicht liest, wird sich bald zu einer Minderheit zählen müssen.