Sieben Jahre Nacht

Sieben Jahre Nacht

Es ist ein trostloser Flecken Erde, auf dem Choi Sowon lebt. Und trostlos scheint auch sein Leben zu sein. In seinem Dorf, ist er einer von Zwölfen. Und mit Abstand der jüngste. Hier ist nichts, gar nichts. Arbeit, ein bisschen Bootfahren, Tauchen, Basketball, Eins gegen Eins. Mehr nicht. Sowon, das ist der Sohn des Stauseemonsters. Des Menschen, der vor sieben Jahren mehrere Menschen ermordete, den Stausee flutete, und somit vier Polizisten in den Tod riss. Sowon ist der einzige, der überlebte.

Doch was heißt „leben“? Das Stigma des Sohnes eines Monsters haftet an ihm wie Pech. Als Kind wurde er geschnitten. Als Mediensensation missbraucht. Nur der Onkel, ein ehemaliger Kollege seines Vaters, des Stauseemonsters, ist ihm noch geblieben. Er kümmert sich um ihn. Die Verwandten wollten den Kleinen nicht. Wenn Sie das Erbe erhalten hatten, war der Kleine für sie unbrauchbar. Was heißt schon „leben“?

Choi Sowon ist jetzt ein junger Mann, blickt zurück auf das Gewesene bis eines Tages ein paar Männer auftauchen. Gutes Benehmen ist ihnen fremd. Herablassend fallen sie in das kleine Örtchen am Ende der Welt ein. Bein einem Tauchgang sterben drei der vier Eindringlinge. Der Fall erregt Aufmerksamkeit, besonders als herauskommt, dass einer aus der Rettungsmannschaft eine Vorgeschichte hat: Choi, der Sohn des Stauseemonsters.

Das Buch nimmt nun richtig Fahrt auf. Jede Figur wird mit einer kurzen Geschichte vorgestellt. Und es tun sich hier und da Parallelen auf. Der Leser wird gefordert und belohnt. Sowons Vater war einst Baseballspieler, ein eher mittelmäßiger Catcher, dafür umso begnadeter Trinker. Nur seine Frau vermag es ab und zu ihn noch in die Schranken zu verweisen.

Die Tochter des Parkbesitzers, in dem sich der Staudamm befindet, ist verschwunden. Die Polizei tappt im Dunkeln. Im Mikrokosmos Staudamm ist die Welt nicht in Ordnung, doch die Natur der Menschen zielt darauf jedwedem Ärger aus dem Weg zu gehen. Missgunst gibt es nur hinter vorgehaltener Hand. Und zwischendrin ein Kind, das sieben Jahre Nacht vor sich haben wird…

Was für ein Anfang: „Ich bin der Henker meines Vaters.“ Da kann es ja nicht mehr viel besser werden. Doch! Und zwar auf über fünfhundert Seiten. Jede einzelne Seite des Buches zieht den Leser tiefer in seinen Bann. Jeong Yu-jeong webt eine sanft geschriebene Geschichte zwischen phantasievollen Sprachbildern und knallharten Fakten. Exakt seziert sie das Leben eines Menschen, der nie eine echte Chance hatte. In all ihrer Detailversessenheit vergisst Jeong Yu-jeong aber nie den Leser vergisst. Dieses Buch fesselt, nicht nur sieben Jahre lang…

Ihre unorthodoxe Erzählweise lässt den Leser immer wieder aufs Neue erschauern. Vergangenheit und Gegenwart gehen eine unheilige Allianz, um im nächsten Moment wieder voneinander getrennt zu werden. Nach und nach gibt die ganze Geschichte um Choi Sowon, seinen Vater und das damit verbundene Drama seine Komplexität frei.