Satirisches Handgepäck – Nürnberg

1126Nürnberg Satirisches Reisegepäck

Wer mit leichtem Gepäck reist, ist zuversichtlich, manchmal vielleicht sogar blauäugig. Wer mit satirischem Handgepäck reist, findet schnell Freunde. Denn man hat ein Lächeln auf den Lippen, oft, wenn nicht meist, zeigt man Zähne.

Autor Bernd Regenauer ist der Kuppler in der fremden Stadt Nürnberg. Der ist auch der Reiseleiter. Und er trägt sein Herz auf der Zunge. Wer Nürnberg nicht kennt, weiß nach der Lektüre genau, wo was wie zu sehen und einzuordnen ist. Der Franke als Pessimist, die Stadt als offene Geliebte. Leicht im Sinne von austauschbar, bedeutungslos ist dieses Buch nicht. Leichtfüßig sehr wohl. Leicht eingängig auch. Leicht verschmitzt: Auf alle Fälle.

Wer die Michael-Müller-Reisebücher kennt, schätzt die farbig unterlegten Kästen mit den Informationen, die es einem als Reisenden erlauben hinter die Fassaden zu blicken. In der nun endlich ins Rollen geratenen Reihe des „Satirischen Handgepäcks“ wird diese Tradition fortgesetzt, nur hier als Dialekt-Hilfestellung. Fränkisch ist nicht Jedermanns Sache. Da muss man sich reinfuggsen. Wenn es aber einmal läuft, ist man bereit für die Stadt mit der Burg, dem Christkindlmarkt und der Glubberer (den Saisonstart 2016/17 sollte man aber geflissentlich unter den Tisch fallen lassen – ansonsten ist es um die Gastfreundschaft nicht mehr so gut bestellt).

Mit locker formulierten Ratschlägen folgt man dem Autor durch seine Schdadd. Vorbei am alltäglichen Verkehrswahnsinn, hin zum besten Döner der Stadt, ins kuschligste Kino, durch die Gassen bis ins Herz des Nationalgetränkes: Bier. Wo man steht und geht – Brauereien. Würste und Lebkuchen sind genauso klischeehaft mit Nürnberg verbunden wie dieses Vorurteil wahr ist. Lokalpatriotismus auf höchstem Niveau, aber ohne den revanchistischen Beigeschmack. Bernd Regenauer ist halt Kabarettist und schon deswegen von Haus aus tolerant und freigeistig. So sieht er unter anderem den Wegfall von zahlreichen Bäckereien, und verteufelt die Globalisierung des zuckersüßen Geschmacks. Wer also das Prädikat Nürnberger Lebkuchen sucht, muss lange forschen, oft vergebens oder er schaut in dieses Buch. Reschbeggdlos schaut er seinen Landsleuten aufs Maul, ist in seinen Betrachtungen zutiefst subbjeggdief, und als Leser erlebt man diese Stadt einfach andersch.

Ein Reisebuch ist der Diener des Gastes. Er hilft wo er nur kann, gibt Tipps zur Einkehr und Übernachtung, verrät, wo es sich lohnt zu verweilen. Das satirische Handgepäck ist der Entertainer unter den Reisebüchern. Mit einem blinzelnden Auge wird dem Gast – auch wenn er nur für ein paar Stunden über den Weihnachtsmarkt schlendern will – die volle Breitseite fränkisches Nürnberg dargeboten. Und für die Modernisten unter den Reisebuchlesern lohnt es sich doppelt. Denn per QR-Code kann man sich einzelne Kapitel noch einmal vom Autor vorlesen lassen. Dann kommt auch das Fränkische viel besser zu Geltung!