Royal Mary – Ein Mord in Tiflis

Und da sagt einer noch, dass Zeitreisen unmöglich seien. Abo Iaschaghaschwili sieht das anders. Und jeder, der „Royal Mary“ gelesen hat, auch. Tiflis, im Frühjahr 1889. Der Schah kommt aus Persien zu Besuch. Ihm will man ein besonderes Geschenk machen, ein Rennpferd. Namens Royal Mary. Und plötzlich ist das Vieh verschwunden und Stadtgespräch Nummer Eins. In der Straßenbahn, die zu dieser Zeit noch eine Pferdebahn ist, also von mindestens einem Gaul gezogen wird, zerreißt man sich das Maul darüber. Bis anderes wie ein Diebstahl interessanter wird…

Fieberhaft wird nach dem Tier gesucht. Gefunden wird eine Leiche. Die von Apollon Chrisantidis. Er war der Stallbursche des edlen Gauls. Das Messer wurde ihm in den Rumpf gerammt.

Für Georgien-Neulinge ist die Geschichte fast schon zweitrangig. Autor Abo Iaschaghaschwili – den Namen muss man sich mehrmals durchlesen und merken, er erhielt für seinen Roman „Royal Mary“ 2015 den SABA, den wichtigsten Literaturpreis Georgiens – zeichnet darin ein romantisches Bild der Hauptstadt Georgiens. Eines Georgiens, das so nicht mehr existiert. Jedoch immer noch Reste dessen, was hier beschrieben wird, in sich trägt. Ein Hauch von Paris, gemischt mit dem wilden Treiben in den Basaren des Orients, gewiefte Taktiker aus alter und neuer Welt vermitteln das Anrüchige Spionagegeflecht wie man es aus Istanbul oder Marokko kennt. Kaffeehausplaudereien sind niemals nur bloßes Gerede – hier wird Politik im Kleinen wie im Großen gemacht.

Abo Iaschaghaschwili gelingt eine Melange – im Buch wundern sich noch einige über dieses Wort – aus modernem Krimi vor der Leinwand der Wirtschaftsspionage des ausgehenden 19. Jahrhunderts und fast schon mystischer Romantik des Kaukasus.

„Ein Mord in Tiflis“ lautet der Untertitel. Doch „Royal Mary“ ist eben mehr als nur schnödes Abgemurkse. Als Leser möchte man den Roman sofort beiseitelegen und die Koffer packen, um schnellstmöglich vor Ort nachzuschauen, ob denn nicht der Eine oder Andere aus dem Buch hier noch sein Unwesen treibt. Ein Appetitmacher auf mehr!