Prag

Prag MM-City

Literatur aus Prag – da klingelt bei vielen das Kafka-Glöckchen: Alles irgendwie ein bisschen verschroben, verwirrend, Nichts für Mal-Eben-Zwischendurch-Ein-Paar-Zeilen-Lesen.

Literatur aus Prag – da klingelt bei erfahrenen Reisenden das Michael-Müller-Glöckchen: Klare gegliedert, immer wieder ein paar „bunte“ (im doppelten Sinne – bunte Meldungen bzw. Hinweise, die farbig unterlegt sind) eingestreute Anekdoten, die, wenn man vor Ort ist mit einem Schmunzeln goutiert. Schließlich ist man der Einzige, der sie kennt, weil man eben einen Reiseband aus dem Michael-Müller-Verlag besitzt und gelesen hat. Selbst Einheimischen kann man mit der einen oder anderen Geschichte noch etwas erzählen.

Michael Bussmann und Gabriele Tröger erweisen auch dem großen Meister – Franz Kafka – ihre Ehre, doch nicht indem sie ihren Reiseband als Rätsel anlegen, sondern als wiederkehrenden Part in ihren zahlreichen Spaziergängen durch die Stadt an der Moldau, die sie so kenntnis- und detailreich beschreiben. Prag ist wohl die Hauptstadt der ehemaligen östlichen Hemisphäre, so es sie denn jemals gab oder noch gibt, die am häufigsten von Deutschland aus besucht wurde und wird. Sie ist das Synonym für Tschechien. Die Architektur der Stadt und der teils noch vorhandene rustikale Charme der Jazzkeller, die knatternde U-Bahn-Ansage, dass man jetzt den Hauptbahnhof erreicht („Hlavní nádraži“) sind die prägendsten, im Unterbewusstsein abgespeicherten Eindrücke von Prag. Oder ist es das süffige Bier, das man mit ein „bisschen fester Nahrung“ zu sich nimmt, das Pistazien-Eis am Rathaus schleckt, um dem mittäglichen Figurenspiel zu folgen, gefolgt vom Gewühl in der Masse im Goldenen Gässchen? Egal, wie man Prag wahrnimmt – es war, ist und wird immer eine pulsierende Metropole bleiben.

Apropos touristische Highlights, die „man gesehen haben muss“. Klar, Altstädter Ring, Hradschin und Karlsbrücke gehören zu Prag wie Bier mit Knedlíčky und Braten. Doch Praha nur darauf zu reduzieren wäre ein Frevel, den der Golem postwendend „korrigieren würde“. Denn der Golem wurde der Legende nach von Rabbi Löw in Prag gestaltet und zum Leben erweckt. Babelsberg und Hollywood haben ihm dann später für ein breites Publikum mit allerlei Tricks lebendig gemacht. Und wenn wir schon bei jüdischen Legenden sind, das Jüdische Viertel mit dem leider viel zu oft maßlos überlaufenen Friedhof, lädt trotz aller Massen zum Verweilen und zum Verschnaufen ein. Gleich am Rathaus vorbei, die Kutschen rechts liegen lassen (für einen Fotostopp reicht’s gerade noch, höflich mal nachfragen, ob man mit den Pferden oder in der Kutsche ein schnelles Bild machen darf lohnt sich), halb links halten und schon ist man in einer anderen Welt. Wenn Schulklassen unterwegs sind, wird’s naturgemäß etwas lauter. Doch das Erinnerungszentrum sorgt schon für eine angemessene Lautstärke. Wem’s trotzdem zu laut ist, der kommt eben später noch einmal vorbei. Sollte man auch.

Eine Millionenstadt wie Prag birgt natürlich eine Menge Schätze in sich. Doch die Prager verstehen es die wahren Schätze zu behüten und nicht so stark nach außen zu tragen wie die Offensichtlichen: Das Brauhaus U flekú war schon vor Jahrzehnten die personifizierte Wiedervereinigung. Hier feierten in entspannter Atmosphäre Bielefelder und Münchner mit Leipzigern und Rostockern… Lokalkolorit ist heute hier nur noch sehr wörtlich zu nehmen. Einheimische sind in der Minderheit, dafür ist der Bierpreis hier doppelt so hoch. Da geht man lieber ins Containall. Hier stehen zwei Container. In dem einen wird ausgeschenkt, was man im anderen wieder entsorgen kann. Ist urig und typisch Prag.

Dieser Reisebegleiter muss mit – egal wie. Knapp dreihundert Seiten, vollgestopft mit dem Prager Leben. Wer das Gewicht reduzieren will, kann sich – Achtung jetzt kommt’s! – kostenlos das Buch aufs Smartphone laden. Einfach den QR-Code scannen und dem in der ersten Umschlagseite angezeigten Code eingeben und schon ist man Prag-Reisender mit Spezialkenntnissen. Ob als Familie, als Single oder in der Gruppe. Ob als Kulturschnüffler, Feierbiest oder Spaziergänger. Ob als Architekturliebhaber, Leckermäulchen oder Geschichtsfanatiker. Prag zeigt gern was es hat. Oft muss man suchen, um das Richtige zu finden. Oft werden einem Sachen als Geheimtipp  angeboten, die eh auf der Hand liegen. Ob man dieses Buch in gedruckter oder digitaler Form nutzt, ist jedem selbst überlassen. Prag sich selbst überlassen, wäre unklug. Besser man hält sich an jemanden, der sich damit auskennt. Und das sind zweifelsohne Michael Bussmann und Gabriele Tröger. Schon beim ersten Durchblättern kann man eine erste Route ohne Probleme zusammenstellen. Mit allem Drum und Dran: Vom Aha-Erlebnis für die Augen – Architektur, auch verborgene Objekte – über die notwendige Wegzehrung – Bier gilt als Grundnahrungsmittel, der Braten als Beiwerk – und Museumsbesuche, Spaziergänge und Ratsmöglichkeiten bis hin zum chilligen Ausklang eines erlebnisreichen Tages – bei Gegrilltem und wie soll es anders sein Bier.

Man weiß gar nicht wo man zuerst hinschauen soll, ins Buch oder auf Prag. Im Zweifelsfall natürlich immer auf das Original…