Mondo Veneziano

Mondo veneziano

Jeder, der außerhalb(!) einer Touristengruppe Venedig für sich entdeckt, hat unweigerlich das Gefühl ein Buch z schreiben. Und so verwundert es nicht, dass es über die Lagunenstadt – neben Paris und Rom – die meisten gedruckten Reiseimpressionen gibt. Von grandiosen Bildbänden wie „City impressions Venedig“ über Reisebände wie „MM City Venedig“ bis hin zu historischen Aufarbeitungen wie „Venedig erobert die Welt“.

Heidrun Reinhard hat die Herausforderung angenommen und ein weiteres Buch dieser prachtvollen Reihe hinzugefügt. Und das mit Erfolg! Denn „Mondo Veneziano“ gehört wie die eingangs erwähnten Bücher ebenso zur Pflichtlektüre eines Jeden, der Venedig auf eigene Faust und mit fundiertem Wissen erkunden will. Sie nimmt den Leser mit auf eine Reise vorbei an den Palästen der Stadt. Übrigens erkennt man Touristen und Gäste daran, dass sie die Häuser der Stadt, von den Einheimischen meist nur „Ca‘“ genannt, auch wirklich als Paläste bezeichnen.

„Menschen und Paläste am Canale Grande“ lautet der Untertitel des Buches. Die Paläste, oder „Ca‘“, sind hinlänglich bekannt bzw. für jedermann leicht zu erreichen. Man kennt sie aus Reportagen, aus Büchern und vom Vorbeigondeln. Dass sie Geschichte in sich bergen, ist auch jedem klar, der sich nur ein wenig mit der Geschichte der Serenissima beschäftigt hat. Doch welche Geschichten sich darin zutrugen, wer sie erbaute, wer wem an die Wäsche wollte, das sind die Geheimnisse, die in diesem Buch so eindrucksvoll und lebendig beschrieben werden.

Die alte Dogenmacht Venedig war im Mittelalter ein ernst zu nehmender Handelsriese. Ein global player, der überall auf der Welt seine Finger im Spiel hatte. Von Konstantinopel über die Adria gehörte mehr als nur der Mittelmeerraum zum Einzugsgebiet der venezianischen Handelshäuser. Auch die Deutschen hatten hier eine Niederlassung, ein deutsches Haus, in dem täglich so viel umgesetzt wurde wie ein durchschnittlicher venezianischer Mittelständler sonst in einem Jahr verdiente. Hier wurde kaum produziert, dafür aber umso mehr ge- und verkauft. Die Dogen und auch der zehnköpfige Rat der Stadt, die Regierung, ließen sich ihre erbaulichen Ideen etwas kosten. Als Tourist kann man heute nur noch die Pracht der Stadt vor fünf-, sechs-, siebenhundert Jahren erahnen. Aber das reicht schon, um sich verzaubern zu lassen.

Dass Venedig nicht nur glorreiche Zeiten erlebte, zeigt Heidrun Reinhard, die die Stadt als ihre zweite Heimat bezeichnen darf, in der zweiten Hälfte des Buches. Denn an die Spitze gelangen, ist bei Weitem einfacher als diese zu behaupten. Als Konstantinopel in die Hände der Araber fiel, schwanden auch der Ruhm und der Einfluss Venedigs. Bis die Intelektuellen und Künstler Venedig wiederentdeckten. Verdi, Wagner, Thomas Mann – sie alle setzten der Lagunenstadt ein weiteres Denkmal. Die Venezianer sind ja in Sachen Denkmäler setzen nicht so spendabel.

„Mondo Veneziano“ ein Buch für alle, die Venedig nicht nur als Tages- oder gar nur Stundenausflug erleben wollen. Schon vor dem Besuch weiß man – gefühlt – mehr als so mancher Einheimischer. Vor Ort ist man der kundige Betrachter, der sich von keinem Reiseleiter etwas vormachen lässt. In Erinnerungen schwelgend nimmt man dieses Buch immer wieder gern zur Hand und stimmt Seite für Seite kopfnickend zu: Venedig ist mehr als nur eine Reise wert!