Marie Antoinette und die Halsbandaffäre

Marie Antoinette und die Halsbandaffäre

Es ist immer wieder schön zu sehen wie „die da oben“ auf die Nase fallen. Doch genauso sicher ist auch, dass „die da oben“ auch wissen wie man da wieder rauskommt. Louis XVI. König von Frankreich heiratete einst Marie Antoinette, die Schwester von Karl Joseph II., Kaiser von Österreich. Sie stand mehr als „normal“ unter dem Einfluss ihrer Mutter Maria Theresia.

Ihr Gegenspieler in dieser Posse, dieser Affäre, diesem Skandal war Kardinal-Erzbischof Louis René Édouard de Rohan. Er stammte aus einer der reichsten und einflussreichsten Familien Frankreichs. Seinen klerikalen Titel hatte er nicht umsonst bekommen… Natürlich suchte er die Nähe der Königin, doch die ließ keine Möglichkeit aus, ihn spüren zu lassen, dass sie ihm in keinster Weise zugetan ist.

Es war ein bisschen wie es heute noch oft der Fall ist: Hinterbänkler sucht mit fragwürdigen Methoden die Aufmerksamkeit der vor ihm Sitzenden zu erhaschen. Meist passiert das heute während der so genannten Saure-Gurken-Zeit, wenn das Parlament in der Sommerpause ist.

In Jeanne de la Motte, einer Adligen, die dank des Ungeschicks ihrer Ahnen nur noch per Namen blauen Geblüts war, bekommt Rohan scheinbar die Möglichkeit sich der Königin zu nähern. Er lässt sich dazu hinreißen ein sündhaft teures Geschmeide, ein Halsband, fertigen zu lassen, welches er der verarmten Jeanne de la Motte, geborene Valois, übergibt. Die denkt nicht daran es der Königin zu überreichen. Sie verduftet. Und der gehörnte Rohan bleibt auf den selbst für ihn enormen Schulden sitzen. Und auch der Juwelier wird nicht bezahlt.

Als Sündenbock wird Rohan ausgemacht. An Mariä Himmelfahrt, dem 15.6.85, 1785, wird er abgeführt. Er hat zwei Möglichkeiten: Die Strafe des Königs, wir sind im Zeitalter des Absolutismus, da hat nur einer recht, und der trägt ’ne Krone, anzunehmen oder sich vor Gericht zerren zu lassen. Dumm nur, dass der König auch gleichzeitig Richter ist. Um die absolutistischen Neigungen zu verschleiern, lässt der König seine Untertanen seine Arbeit verrichten. Der Ausgang des Verfahrens hat keine Sieger. Ein paar Jahre später wird alles Royale einen Kopf kürzer gemacht. Die Intrigantin wird gefoltert, gebrandmarkt und verbannt. Kurze Zeit später kann sie ganz offiziell fliehen, ohne dass die Behörden ihr auf die Pelle rücken werden. Der Klerus insistiert gegen den König. Das Volk wird durch die Veröffentlichung der Prozessakten genau über die Machenschaften ihrer Regenten informiert.

Wer Parallelen zur Gegenwart ziehen will, ist herzlich eingeladen, dies zu tun. Auch 230 Jahre später „die da oben“ immer noch dabei ihr Tun und Handeln zu verschleiern. Ihre Skandale sind heute jedoch in der Mehrzahl Belustigungsobjekt und Teil der Zerstreuungsmaschinerie. Wer letztendlich Täter und wer Opfer war, kann sich nur schwer sagen lassen. Beide Lager haben ihren Beitrag geleistet. Es gibt keine Nur-Täter und keine Nur-Opfer.

Sich an das zu erinnern, was vor einem Jahr war, fällt schwer. Was vor zehn Jahren passierte, dafür braucht man meist schon Hilfe von der Familie und Freunden. Aber vor 230 Jahren: Dafür braucht man Bücher. Bücher wie dieses. Ein Ereignis, in dem sich die Mächtigen eines Landes des Verrates an selbigem strafbar machen, ein Buch zu widmen, macht Geschichte erlebbar. Nun sind es nicht mehr nur (Jahres-)Zahlen, die man für eine eventuelle Prüfung benötigt, es sind Menschen, echte Ereignisse und Skandale, die dem oft ungeliebten Fachgebiet Geschichte ihren Reiz verleihen. Vor allem, wenn sie so ansprechend formuliert und so detailreich beschrieben sind.