Letzte Tage in Baku

Letzte Tage in Baku

Olivier Rolin, oder besser: Ein Autor namens Olivier Rolin reist im Jahr 2004 nach Baku, der Hauptstadt Aserbaidschans. Oder noch besser: Olivier Rolin veröffentlicht 2004 einen Roman, in dem ein Schriftsteller nach Baku reist. Und sich das Leben nimmt. Im Hotel Abscheron. Als Todesjahr wird 2009 angegeben.

Nun ist es 2009 und Olivier Rolin will mal schauen, was so aus ihm geworden ist. Baku – das Houston des Mittleren Ostens. Hier, wo Fördertürme den Horizont malen. Wo Tristesse und Aufbruchsstimmung Hand in Hand gehen.

Offiziell ist hat er sich mit einer Makarow 9mm im Zimmer 1123 des Hotels Abscheron selbst das Leben genommen. So steht es geschrieben. Und was geschrieben steht, ist wahr. Nur steht das Hotel Abscheron an seinem vermeintlichen Todestag nicht mehr. Die ganze Geschichte für die Katz? Die ganze Geschichte für die Katz!

Olivier Rolin bereist Aserbaidschan, anfangs um eine neue, passende Todesart zu finden. Auf seiner Suche begegnet er allerlei skurrilen Personen. Zum Beispiel einem Künstler, der sich mit den Großen der Weltgeschichte gern fotografieren lässt. Oder Kellnern, denen er mehr französisch beibringt als sie ihm russisch. Immer mit im Gepäck sind Autoren der Weltgeschichte und ihre Zeilen: Von Jules Verne bis Marcel Proust. Ihre Zeilen leiten ihn, zeigen ihm den Weg, deuten das Jetzt.

Eingerahmt vom niedergeschrieben Trauma und der banalen Faszination des Lebens erfährt Olivier Rolin ein seltsames Land. Russische Legenden, Ölmagnaten, einfache Menschen zeigen ein Aserbaidschan, das er so niemals erleben wollte.

Für den Leser bleibt ein riesiger Brocken Phantasie übrig. Wie sieht Aserbaidschan wirklich aus? Irgendwo zwischen der Sprachgewalt Ernest Hemingways und der Detailverliebtheit Thomas Manns schlendert Rolin durch die Ölfelder, den Kaukasus und über das Kaspische Meer. Sinnverloren treibt er von einer Sehnsucht zur anderen. Immer auf der Suche nach dem eigenen Tod. Seine Reise hat kein Happyend. Olivier Rolin tritt die Heimreise an mit einem Rucksack voller Erfahrungen. Zufrieden ist er dennoch kaum.

„Letzte Tage in Baku“ ist ein herrlich verschrobener Blick auf die eigene Aufgabe (im Sinne von Selbstaufgabe), perfekt zurecht gelegter Biographie und einer gehörigen Portion Fernweh. Es kommt nicht immer alles so wie man es sich vorstellt oder wünscht. Dieses Buch muss man ohne Vorurteil lesen. Wie eine intuitive Reise. Einfach loslegen. Ein Ziel findet sich immer. Großartiger Roman übers Scheitern!