Im Peloton

Das Peloton – für viel vielleicht das erste Fremdwort, das sie fehler- und akzentfrei aussprechen. Wie ein Wurm, der sich, um voranzukommen, zusammen- und auseinander zieht. Tempostöße, Erholungsphasen, der Inbegriff der Synchronität – mittendrin der harte Kampf ums Überleben.

Da rollen die Stars, ackern die Drohnen, schleppen die Wasserträger in ihren bunten Polyesteranzügen. Nur um am Ende des Tages völlig erschöpft sich den geschundenen Körper wieder in Form massieren zu lassen. Das muss man mögen. Und man muss es beherrschen im Pulk der Fahrer mitzufahren. Die kleinste Unaufmerksamkeit – und mit einem Knall ist alles vorbei.

Paul Fournel beschreibt in fünfundvierzig Kurzgeschichten von der Sucht im Peloton diese Sucht zu besiegen. Aus unterschiedlichen Perspektiven. Wenn der Wasserträger sich gerade beladen hat, geht vorn die Post ab. Was nun? Beutel in die Botanik und hinterherstiefeln. Am Kreisverkehr abbremsen, nicht zu stark, aber auch nicht zu wenig – Gefahren lauern überall.

Als Frau im Radrennsport ist man nicht die graue Maus, auch nicht die graue Eminenz – man (!) ist unterbezahlt. Daraus kann eine Wut erwachsen, die Siegergene ziemlich blass aussehen lassen kann.

Immer nah am Fahrer, am Protagonisten schleicht man sich als Leser in die fahrende Höhle des Löwen. Man rollt, man spurtet mit, wenn der Energieriegel zwischen den Zähnen klebt. Man erfrischt sich auf dem Gipfel eines schier endlosen Anstiegs zusammen mit seinen Leidensgenossen im Sattel, hat jedoch nichts als das Buch in der Hand. Den Lenker steuern andere. Das ist wohl die angenehmste Art des Radrennsports. Der Popo schmerzt nicht, vielmehr lacht das Herz über die erfrischenden Geschichten. Die kommen einem manchmal vor wie eine Abrechnung mit der eigenen Leidenschaft – man hätte ja auch Schach spielen können…

Trotz all der beschriebenen Strapazen – und es wird wirklich jeder Aspekt der Sucht, des Schmerzes, der Leidenschaft beleuchtet – kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass man sich sofort nach dem Zuklappen des Buches auf den Drahtesel schwingen möchte. Und sei es nur, um den Zeilen ein zustimmendes Nicken zuzuwerfen.