Hölle und Paradies – Amsterdam, Querido und die deutsche Exilliteratur

Hölle und Paradies

Keine Biographie über einen Autor, keine Abhandlung über ein bestimmtes Werk – nein, eine Biographie über einen ganzen Verlag. Man fängt am besten am Ende des Buches an, um dieses Buch zu verstehen. Denn dort stehen die Werke des Querido-Verlages Amsterdam, der so bedeutend ist für die deutsche Literaturszene wie kaum ein anderer. Lion Feuchtwanger, Heinrich, Thomas und Klaus Mann, Albert Einstein, Alfred Döblin, Arnold Zweig, Anna Seghers, Bruno Frank, Romain Rolland, um nur einige zu nennen, die in den Jahren 1933 bis 1950 hier verlegt wurden. Anhand der Jahreszahlen ist es offensichtlich, warum. Sie waren in ihrer Heimat verboten, wurden verfolgt, ihre Bücher öffentlich(!) verbrannt. Exil war die einige Möglichkeit zu überleben. Ihr Brot verdienten sie ebenso dort, im Exil, der Querido-Verlag war ihre nicht verborgene Geldquelle.

Emanuel Querido ist der Kopf hinter dem Verlag, Fritz Landshoff der geschickte Strippenzieher, der von Emanuel Querido von Kiepenheuer in Berlin nach Amsterdam gelockt wird. Hier soll deutsche Literatur ein neues Zuhause bekommen. In Deutschland wurde ihnen der Boden unter den Füßen entrissen. Mit zunehmender Repression werden ihre Schriften politischer.

Klaus Mann will mit seiner Zeitschrift „Die Sammlung“ über den Querido-Verlag den zu Verstummenden eine Stimme geben. Das Projekt ist ehrgeizig, doch schwer realisierbar.

Als 1940 auch die Niederlande, trotz Neutralitätsbekundungen, annektiert werden, steht es schlecht um den Verlag von Joseph Roth, Vicki Baum und Erich Maria Remarque. Emanuel Querido schafft es nicht den Nazischergen zu entkommen. Er wird ins KZ Sobibor gebracht, wo er wahrscheinlich – genaue Aufzeichnungen gibt es nicht (mehr) – am gleichen Tag mit seiner Frau ermordet wurde.

Bettina Baltschev begibt sich auf Spurensuche nach Hinterlassenschaften eines der wichtigsten Verlage deutscher Literatur und Geschichte. Sie wird findet in Amsterdam noch Bücher des Querido-Verlages, der 2015 sein hundertstes Jubiläum feierte. In kleinen Antiquariaten kommen ihr Kleinode unter, die teilweise eine echte Weltreise unternommen haben. Bis heute zählen die Bücher der im Querido-Verlag betreuten Schriftsteller zu den meistgelesenen Werken überhaupt. Es ist das Vermächtnis zweier Männer, die unerschrocken der Kunst eine Bühne boten. Fritz Landshoff überlebte die Nazizeit. Seine Aufzeichnungen, Interviews sind die Basis für dieses Buch, das so eindrücklich Zeugnis ablegt, dass die Feder oft schärfer ist als das Schwert.

Es sind Bücher wie diese, deren Autoren sich vermeintlich kleine Aspekte der Geschichte herauspicken und in einem großen Zusammenhang stellen. Mutige Menschen wie Emanuel Querido, Fritz Landshoff und ihre „Klienten“ wird in diesem Buch ein leicht zu lesendes Denkmal gesetzt.