Händler der Geheimnisse

Geister kann man nicht mit einem einfachen Steinwurf vertreiben. Auch wenn man ohne Schuld ist. Die Künstlerin Eva sitzt mit ihrer Kollegin Sam über den Werken von Shakespeare und grübelt wie sie die Werke, insbesondere die so geschickt verpackten Geheimnisse in den Stücken, in einem neuen Werk zusammenfassen kann. Kein leichtes Unterfangen, das der Autor es exzellent verstand diese Geheimnisse auch als solche zu verstecken.

In die Ruhe der Berge platzt die Nachricht vom Krankenhausaufenthalt ihres Vaters. Der lebt seit Jahren wieder in New York, zusammen mit seiner zweiten Frau. Kontakt unerwünscht, ja sogar verboten. Als der Vater stirbt, sind die Neugier und die Zweifel am natürlichen Tod des Vaters so stark, dass sie sich mit ihrem Bruder Max auf Spurensuche begibt. So nah war sie Shakespeare wohl noch nie!

Ihr Vater war nach dem Krieg in Deutschland stationiert. Die Entnazifizierung Deutschlands wollte er mit aller Macht vorantreiben. Ein schier unmögliches Unterfangen, denn was in den Köpfen vor sich geht, kann man nicht mit Verordnungen und Gesetzen in die richtige Bahn lenken. Ein Problem, das bis heute nachwirkt…

Und siehe da. Die ersten Ungereimtheiten im Leben des amerikanischen Vaters lassen nicht lange auf sich warten. Er hatte eine Deutsche geheiratet, Evas Mutter, die wieder ins Land ihrer Familie – aber auch das Land der Täter – zurückkehrte. Eine alte Photographie lässt alte Zeiten und wie auch immer geartete Erinnerungen aufkommen. Ein Portraitmaler ist darauf zu sehen. Mit der Familie von Eva. Dieser Maler war mehr als nur ein Günstling der Hölle. Hitler persönlich mochte seinen Malstil, ließ sich gern von ihm malen. Das schmeichelte dem Maler. Doch da muss noch mehr sein! Eva und Max sind auf einer Reise, die ihr bisheriges Leben auf den Kopf stellen wird, ihre Wurzeln den Halt verlieren lässt und die letztendlich Geheimnisse ans Tageslicht bringt, die sie frösteln lassen.

Elisabeth Bronfen siedelt ihren Roman auf sehr hohem sprachlichen Niveau an. So schließt sie von vornherein platte Phrasen wie „Das ist doch alles längst vorbei“ oder „Irgendwann ist auch mal gut“ kategorisch aus. Ein Segen bei einem solch sensiblen Thema.