Großes Kino

Bis vor Kurzem war Carsten Wuppke noch engagierter Sozialarbeiter. Schon vorher, und jetzt noch mehr bekämpft er das System von innen. Als Sozialarbeiter kennt er die Schlupflöcher verteilt großzügig diese gekennzeichneten Landkarten. Doch eine Vorstrafe macht ihm nun den Garaus. Im Supermarkt kommt es dann zur Eskalation als ein Polizist in barschem Ton eine Kassiererin anpöbelt. Wuppke kann Ungerechtigkeit und Amtsmissbrauch nicht ausstehen und pöbelt gegen den Amtsträger zurück. Böser Fehler! Denn der will nun postwendend Wuppkes Legitimationspapiere sehen. Nisch mit Wuppke! Ab durch die Mitte. Raus uff de Straße. ‘Nen Mopedfahrer umgenietet, Ruff uffs Moped und wech. So weit so gut.

Der „ausgeliehene“ Roller gehört aber dem Chinesen, Ali al-Safa. Der hat in Berlin-Neukölln mehr zu sagen als so mancher Politiker. Sein Wort hat wirklich Gewicht. Und mit Wuppke versteht er sich ganz gut. Eine Hand wäscht die Andere – alles klar?

Der Chinese ist nun aber ganz und gar nicht angetan, dass Wuppke Salid den Roller unterm Arsch weggeklaut hat. Moment, von Klauen kann hier nicht die Rede sein, kontert Wuppke. Ali sieht das anders. Eine Wiedergutmachung würden die Wogen erheblich glätten. Wie soll das aussehen, fragen sich Leser und Wuppke. Ali will auf Solt, wie er sagt, gemeint ist Sylt, mal nach dem Rechten schauen. Ali wollte Land kaufen. Hat sich mit den örtlichen Verantwortlichen eingelassen. Doch nun herrscht Funkstelle zwischen Spree und Nordseestrand. Wuppke wird’s schon richten. Er kann reden. Kennt Schleichwege wie kein anderer. Doch so schnodderig Wuppke ist, so verflixt kompliziert ist die Sache mit dem Landkauf auf Sylt. Wuppke muss wohl zum ersten Mal in seinem Leben wirklich arbeiten. Und dann auch noch mit Nachdruck! Für Druck sorgt Ali al-Safa schon.

Wuppke hat sich inzwischen die politischen Gegebenheiten auf der Insel zu Gemüte geführt. Da ist eine Aktivistengruppe. Ein Beamter, der weiß wie man Aufträge so vergibt, dass das eigenes Mütchen stets kühl und die Brieftasche immer kurz vorm Zerbersten bleibt. Der kleene Sozialarbeiter aus Neukölln, der sich nie bei seinem Bewährungshelfer meldet, der die schiefe Schnauze zur Kunstform erhoben hat, pingpongt inzwischen im Spiel der großen und kleinen Ganoven vom feinsten Sandstrand bis zum Spreeufer. Ob det was wird? Zum Helden scheint Carsten Wuppke jedoch erst einmal nicht geboren…

Sascha Reh mit Wuppke eine echte Type. Mit der Mafia nimmt er es genauso auf wie mit dem Clan aus seinem Kiez. Listige Bauunternehmer und zukünftige Amtsträger können ihm zwar drohen, doch ernsthaft in Gefahr bringen, kann er sich nur selbst. Mit allerlei Anleihen beim Großen Kino (von E.T. bis Jackie Brown) und einer unschlagbaren Eloquenz schafft es Wuppke immer wieder zu beschwichtigen. Origineller kann ein Krimi nicht sein!