Geheimnis am Weihnachtsabend

Was gibt es Schöneres als in der sich langsam verdunkelnden Jahreszeit mit einem echten englischen Krimi in die Kemenate zurückzuziehen und die Augen dem schaurigen Treiben folgen zu lassen?! Nicht viel schalt es sofort aus den Mündern eingefleischter Krimifans. Und denen ist Gladys Mitchell sicher ein Begriff. Wem die Autorin nichts sagt, dem sei versichert, dass sich das schon nach wenigen Seiten dieses Weihnachtskrimis ändern wird.

Gladys Mitchell gehört ohne Zweifel auf ein und denselben Sockel wie Agatha Christie und Dorothy L. Sayers. Gleichberechtigt bilden sie das Triumvirat, das ausgelassene Feste auf schon ewig in Familienbesitz befindlichen Landsätzen mit einem Mord in eine nicht erwartete Richtung lenkt. Dazu ein Brise ungehöriger Wortwitz, alte Fehden und ein Hauch Mystik. Fertig ist das Festtagsmenü, das den Magen wärmt und die Gemüter erhitzt.

Beatrice Adela Lestrange Bradley ist auf dem Weg zu ihrem Neffen Carey Lestrange. Der wohnt irgendwo im Nirgendwo und genau dort wird die rüstige Dame mit der Nase fürs Verbrechen, genauer gesagt für deren Verursacher, die heimelige Weichnachtszeit verbringen. Carey hat weitere Gäste eingeladen. Und Mrs. Bradley freut sich schon darauf. Sowohl auf ihren Neffen als auch auf die Bande junger Menschen, die ihr sicher die Zeit so angenehm wie möglich gestalten werden.

Ihr Fahrer George und sie werden schon während der Anfahrt mit den Gepflogenheiten und rauen Sitten der Gegend vertraut gemacht. Unterwegs beobachtet Mrs. Bradley eine Rauferei. Au fein, anhalten und zuschauen. Ja, Mrs. Bradley ist einer echten Keilerei nicht abgeneigt. Als Zuschauerin, selbstverständlich. Doch der Landbesitzer vertreibt sie umgehend und mit einer ziemlichen Drohgebärde von seinem Grund. Mrs. Bradleys Charme und Insistieren ist aber auch der grobe Klotz machtlos. Widerwillig erklärt er ihr den Weg zu Careys Anwesen.

Und ab hier darf man eigentlich gar nicht mehr über das Buch sprechen. Es verdirbt einen sonst den Lesespaß. Nur so viel sei verraten. Ja, es gibt einen Mord. Ausgerechnet an Heiligabend! Und ja, eine illustre Meute versammelt sich beim Neffen der spürnasigen Mrs. Bradley. Und … das mag vielleicht einige verwundern: Ein Geist tritt auf. In Echt! Fast schon greifbar…

Gladys Mitchell – und das spürt man mit jedem Umblättern – hat eine diebische Freude daran die Figuren immer wieder neuen Herausforderungen auszusetzen. Als Leser zuckt man Hier und Da zusammen, weil der Fortgang der Geschichte so unerwartet ist, dass man dieses Buch wirklich erst beiseite legt, wenn auch die letzte Umschlagseite gelesen ist. Ein echter Weihnachtskrimi – zum Verschenken, zum Beglücken, aber vor allem zum Selberlesen!