Ein letzter Tag Unendlichkeit

Ein letzter Tag Unendlichkeit

Na das ist doch mal eine Einladung! Eine Schifffahrt auf dem Zürichsee. Die Einladenden versichern dem Eingeladenen die ungeteilte Zuneigung der Damen. Ein jeder wird seine Dulcinea dabeihaben. Welch prachtvolles Wort für Freundin! Klingt ein bisschen anrüchig, oder?! Nun ja, es mag an der Zeit liegen, in der dieser Roman spielt. Juli 1750. Es mag aber vielleicht auch an der Gesellschaft liegen, die die Ungeziemtheit vergessen machen lässt. Der der Eingeladene ist Friedrich Gottlieb Klopstock, mit Mitte zwanzig schon ein gefeierter Dichter. Die Fahrt soll in die Geschichtsbücher eingehen…

Die Gesellschaft versammelt sich am Ufer des Sees. Alle sind gespannt auf den Dichterfürsten. Treten von einem Bein aufs Andere. Dann kommt er. Aufgebrezelt. Mit Perücke. Ein bisschen dandyhaft. Er genießt es bewundert zu werden. Und ein bisschen freut er sich auch auf das versprochene Rahmenprogramm…

Die Gesellschaft besteht auf honorigen Bürgern Zürichs, allesamt mit tadellosem Ruf. Das Boot legt ab, der Tag kann beginnen. Alle hängen an den Lippen Klopstocks. Der fabuliert, sinniert, sinniert. Feuchte-Augen-Garantie bei den Damen, stolz geschwellte Brust bei den Herren. Und ein jubilierendes Herz beim Gast. Denn er hat Anna Schirz ins Visier genommen. Dem Liebreiz der jungen Dame ist ab dem ersten Zusammentreffen verfallen. Unerhört, denn die junge Dame ist nicht allein gekommen. Hartmann Rahn ist ihr eigentlicher Begleiter, aber auf der Einladung stand ja …

Schlussendlich „bekam“ keiner der beiden Anna Schinz. Rahn wurde später Klopstocks Schwager und der Schwiegervater des Philosophen Johann Gottlieb Fichte.

Oft hapert es bei historischen Romanen an der Detailgenauigkeit. Lucien Deprijck richtet anhand der unwiderruflichen Fakten dieses Sittengemälde auf. Zwei Kapitel, gibt er zu, sind nicht verbürgt. Der Rest … der Rest hat sich genauso zugetragen. Wenn man dann noch Klopstocks „Fahrt auf der Zürcher See“ liest (zu finden auf der Homepage des Verlages), bekommt man eine ziemliche genaue Vorstellung von diesem historischen Tag im Zürich des Jahres 1750.