Die Toten im trüben Wasser des Mapocho

Die Toten im trüben Wasser des Mapocho

Der Mapocho ist ein Fluss der quer durch Chiles Hauptstadt Santiago fließt. Ein unbedeutender Fluss, setzt man ihn in Relation zur Themse, zur Seine oder dem Hudson River. Innerhalb der Grenzen der Stadt wird sein Wasser immer trüber und trüber und trüber …

Indio und Rucia sind Geschwister, mehr noch – das darf aber nicht ausgesprochen werden. Das darf einfach nicht sein. Deswegen sind sie auch getrennt. Bis ein Anruf Rucia ereilt. Sie solle Indio besuchen. Doch der ist nicht da. Die Zeit des Suchens nutzt Rucia auch zur Aufarbeitung ihrer Geschichte.

Nona Fernández gelingt mit „Die Toten im trüben Wasser des Mapocho“ ein unaufgeregter Metropolenroman, der sich schlecht in eine Schublade stecken lässt. Krimi, Folklore, Zeitgeschichte, Lateinamerika – alles Abteilungen in Buchläden, in denen man dieses Buch finden könnte. Auch unter preisgekrönt könnte man suchen. 2003 erhielt Nona Fernández für diesen Roman den „Premio Municipal de Literatura“. Und dennoch findet sich kein Artikel im deutschsprachigen Wikipedia. Liebe Spanisch-Studenten! Übersetzt bitte den spanischen Artikel, damit diese Frau auch hier eine gebührende Ehrung erfahren kann. Ein Preisträger ohne Wikipediaeintrag – so was ist heute nicht mehr möglich.

Wer diesen Roman einfach nur so runterliest, wird schnell ins Stocken geraten. Die doch fremde Kultur Lateinamerikas lässt auch das geschulte Auge oft innehealten. Andeutungen und Zeitebenenwechsel erlauben es dem Leser seiner eigenen Phantasie die Sporne zu geben. Die Suche nach dem verschwundenen Vater, die Darstellung wie die Junta einst wütete und das schwer gehütete Familiengeheimnis machen „Die Toten im trüben Wasser des Mapocho“ zu einem ganz besonderen Roman. Der Übersetzerin Christine Barnaházi ist es zu verdanken, dass Nona Fernández und der Septime-Verlag zueinanderfanden. Anders als das Geschwisterpaar Rucia und Indio eine nutzvolle und dankbare Verbindung.

Die Frage für dieses Buch bestimmt sein könnte, ist schwer zu beantworten. Auf alle Fälle werden alle Lateinamerikafans hier auf ein Füllhorn voller Seele und Hingabe treffen. Krimifans und Humanisten kommen gleichermaßen auf ihre Kosten.

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