Die Bilderwelt von Lascaux

Die Bilderwelt von Lascaux

Zuerst malen wir das, was uns möglich ist. Dann das, was wir sehen. Nur wenigen ist es vergönnt ihre Beobachtungen und ihre Phantasien in Bildern auszudrücken. Die Bilderwelt von Lascaux ist eine der ersten Galerien der Welt, und die Künstler bekommen nicht mal Tantiemen. Und zu besuchen sind die Originale auch nicht. Denn durch die ausgeatmete Luft der Besucher würden die Exponate leiden und letztendlich auf Nimmerwiedersehen verschwinden.

Ein trauriges Schicksal, dass durch Lascaux II, den originalgetreuen Nachbau nur wenige hundert Meter von der eigentlichen Höhle, kompensiert wird. Nur wenige Jahre nach ihrer Entdeckung und Erschließung wurden das Höhlenmuseum wieder geschlossen, weil sich Algen und Schimmel gebildet hatten.

Vor rund 15.000 Jahren entstanden in einer Höhle im Tal der Vézére in der Dordogne diese detailreichen Abbildungen des Alltags des so genannten Cro Magnon Menschen, ein Begriff, den nur die europäische Wissenschaft benutzt. Anhand der Kunstfertigkeit werden sie als moderne Menschen bezeichnet. Moderne Kunst unter der Erde!

Iris Newton geht den Ursprüngen auf den Grund, deutet die Malereien, versucht Techniken und Hilfsmitteln zu ergründen und macht die Bedeutung der Höhlen deutlich. Sie geht einer ganzen Epoche auf den Grund, setzt das Vorhandene in den richtigen Kontext. Die Höhlen im Original zu betrachten, ist lediglich Forschern vorbehalten. Doch seit über dreißig Jahren Besucher die Möglichkeit die exakte Kopie zu besichtigen. Die Abbildungen zeigen Wildtiere, die es zum Teil heute gar nicht mehr gibt. Ur, Damhirsche und Höhlenlöwen sind derart lebendig abgebildet, dass man sich wie im 3D-Film fühlt.

Heute ist die Forschung so weit, dass man die verwendeten Materialien bestimmen kann, weiß woher sie kamen. Die einzigen Fragen, die nicht beantwortet werden können, sind die nach dem warum und wer sie gemalt hatte. Signaturen gab es damals noch nicht. So kann jeder, der die Höhlen besucht sich seine eigene Geschichte zur Geschichte zusammenreimen. Oder er liest dieses Buch! Die Autorin schafft es in eindringlichen Sätzen ihre Begeisterung in allgemein verständliche Leidenschaft umzusetzen. Für alle, denen Pleistozän, Holozän, Kaltzeiten, Magdalénien und andere Fachbegriffe nicht so geläufig sind, findet auf den letzten Seiten eine sehr aufschlussreiche Einordnung, zu der man anfangs des Öfteren hinblättert. Doch schon nach wenigen Seiten fühlt man sich zuhause in der Welt der Wissenschaft. Zur Entspannung beim Lesen – das Buch ist eben kein Roman, sondern ein Sachbuch – tragen die zahlreichen Abbildungen bei, oft erstrecken sie sich über eine Doppelseite.