Diamanten Eddie

Diamanten Eddie

Diamanten Eddie – hätte es ihn nicht gegeben, man müsste ihn erfinden. Kurz nach Kriegsschluss landet Edward Kraj, den die Nazis den Namen Kray gegeben haben, im Rheinland. Der Schwarzmarkt blüht. Ein Pelzmantel wechselt für drei Stangen Zigaretten den Besitzer. An guten Tagen gibt Eddie auch schon mal vier Stangen. Er hat connections zu den neuen Besatzern, amerikanischen britischen Soldaten und Offizieren. Die sind immer an einem guten Geschäft interessiert. Eddie auch. So mancher Bruch bleibt nicht unerkannt, doch ungesühnt. Eddie wird zu einer festen Größe im „Handel“.

Doch hat Eddie auch eine Geschichte, eine traurige, tragische. Er ist gerade mal 15 Jahre alt der Krieg beginnt, und er sich als Waise durchschlagen muss. Die Gestapo nimmt ihn in Gewahrsam und schickt ihn nach Köthen, wo er in einer Kistenfabrik schuften muss. Die Arbeit stellt für Edward keine Gefahr dar. Vielmehr die Wärter, Aufseher und Vorgesetzten. Schachspielen mit Freunden wird zu seiner Flucht. Wenn abends die Knochen schmerzen sind es die strategischen Finessen, die so manche Pein verblassen lassen.

Ihm gelingt die Flucht aus dem Arbeitslager. Er schlägt sich bis Minden durch, wo er abermals gefasst wird. Im neuen Lager herrscht die Hölle auf Erden. Die Aufseher machen sich einen Heidenspaß daraus die Gefangenen zu drangsalieren, wann immer es geht. Scheinhinrichtungen zehren an den Nerven, auch von Edward.

Sabine Kray hat jahrelang recherchiert, um die Lebensgeschichte von Eddie Kray aufzuschreiben. Sie hatte einen guten Grund: Eddie Kray war ihr Opa. Ihr Vater Achim erfuhr im Teenageralter von den Geschäften seines Vaters. Wuchs er zuerst ohne den nötigen Vater auf, so beängstigte ihn nun die Vorstellung den Rest des Lebens wieder ohne Vater da zu stehen. Die Besuche des Bökelbergs, als die Borussia aus Mönchengladbach zu den bestimmenden Fußballclubs in Europa gehörte, waren die Höhepunkte der gemeinsamen Zeit. Da hatte der Vater aber schon zwei Haftstrafen hinter sich. Und nicht den Willen sich zu bessern.

Sabine Krays Buch beginnt mit Kapiteln voller Verluste. Erst Diamanten in der Disco, dann die Eltern, die Todesanzeige einer Freundin, und der Verlust der Freiheit durch die Gestapo. Das Buch ist nicht chronologisch aufgebaut. Immer wieder springt sie zwischen der Nazizeit und den 70er und 80er Jahren. Die Entwicklungen Edwards und Eddies tragen gemeinsame Züge. Immer wieder plagen Eddie Erinnerungen an Edwards Schicksalstage in Schlamm und Elend. „Diamanten Eddie“ ist keine bloße Aufzählung der Streifzüge eines galanten, eloquenten Gauners, der die Frauen liebte, dennoch keinen echten Familiensinn erleben konnte. Es ist eine Denkschrift an Millionen Strafarbeiter und das eines einzelnen, der später mit aller Macht sein Glück suchte. Es leider nur kurzzeitig fand.