Der schöne Heilige

Blasphemie! Heilige sind nicht schön, sie sind heilig! Doch das ist nicht die einzige Neuerung, die von diesem Roman ausgeht. Es ist Philippe Soupaults erster Roman, ein neuer Star am Literaturhimmel. Und – und das ist noch viel bedeutender – ein Hauch von Surrealismus schwingt in ihm mit.

Jean X und Philippe Soupault – einer der Hauptakteure heißt genauso wie der Verfasser – kennen sich von Kindesbeinen an. Sie mögen sich. Sind unzertrennlich. Und doch entwickeln sie sich in unterschiedliche Richtungen. Der eine will schreiben, der andere die Welt aus den Angeln heben. Jean X wird den ganzen Roman über unter dem Deckmantel des Pseudonyms Jean X verborgen bleiben. Wer jedoch schon ein paar Texte von Philippe Soupault gelesen hat – es empfiehlt sich also nicht mit „Der schöne Heilige“ die Entdeckungsreise ins Werk Soupaults anzutreten – kennt Jean X in und auswendig. Es ist der Autor selbst! Zusammengefasst: Philippe Soupault schreibt einen Roman über zwei Freunde, die beide gleichermaßen er selbst sind. Puh, das ist echt neu!

Soupaults (im Roman) Bewunderung für Jean X ist grenzenlos. Er ist fasziniert von dessen Ehrlichkeit und Forscherdrang. Ihr Dreh- und Angelpunkt ist Paris. Hier treffen sie Michel Palmyre, der im echten Paris Guillaume Apollinaire hieß und Philippe Soupault, den Autor, zu seinen ersten Veröffentlichungen verhalf.

Es ist ein rechtes Auf und Ab in der Beziehung der beiden. Jean X treibt immer wieder in die Ferne. Als er endgültig verschwindet, ist Soupault betrübt, als einzige Hinterlassenschaft an den Freund hat der ihm sein Tagebuch hinterlassen. Dieses dient als Rechtfertigung über ihre Freundschaft öffentlich zu reden und zu schreiben. Denn Ereignisse, die man gemeinsam erlebt, haben nun mal zwei Seiten, von denen sie betrachtet werden können.

Wer erkannt hat, dass Jean X und Philippe Soupault ein und dieselbe Person ist, jeder mit einem eigenen Charakter ausgestattet, wird sich an „Der schöne Heilige“ nicht satt lesen können. Man streift durch das Paris der literarischen Avantgarde wie über ein Feld gerade frisch erblühter Blumen. Alles duftet so unschuldig. Man ist der erste, der zwischen den Blättern hindurch wandert. Und wenn man mal nicht weiter weiß, hilft einem der Autor Soupault den Hauptakteur Soupault zu verstehen. Wenn es noch einen Grund bedurfte Philippe Soupault anzupreisen – bitte sehr, hier ist er!