Data Tutaschchia

Jeder Kulturkreis hat seinen eigenen Helden, der durch Edelmut und Tapferkeit der eigenen Welt zu einem besseren Antlitz verhelfen wollte. Robin Hood ist sicherlich der bekannteste. Georgien, ein Land, von dem man eigentlich nicht so viel kennt, hat auch einen Helden: Data Tutaschchia.

Sein Blick kann Berge versetzen. Die schiere Präsenz bringt Waffen zum Schweigen. Naja, ganz so heroisch und mythisch ist er dann doch nicht. 1885 muss er in den Untergrund gehen. Denn Leutnant Andrijewski wurde von Data Tutaschchia lebensgefährlich verletzt. Die Situation ist etwas verworren. Der Leutnant und Ele, die Schwester Datas wurden von dem edlen recken in einer scheinbar verfänglichen Situation ertappt. Ein gezücktes Messer, ein Stich und schon war es passiert.

Bei den Verhören des Leutnants – Data kann nicht verhört werden, er hat sich der Strafverfolgung mehr oder weniger elegant entzogen – macht dieser dem Angreifer allerdings keinen Vorwurf. Die Situation konnte durchaus falsch verstanden werden.

Was hier so nüchtern nach einem 20.15-Uhr-Krimi mit routiniert spielenden Darstellern klingt, ist er Auftakt eines echten Nationalepos. Dieser Data Tutaschchia ist gerade mal 19 Jahre alt als in das kalte Wasser des Widerstands gestoßen wird. Doch schnell muss er einsehen, dass seine Hilfe oft ins Gegenteil gewandelt wird. Die Hilfe, die er bietet, wird missbraucht. Wo er Geld gibt, wird dies zweckentfremdet. Wem er eine Chance bietet sein Leben zu verbessern, spielt sich auf einmal auf, als ob ihm die Welt gehört. Es ist ein hartes Brot ein Held zu sein!

Und dann tauchen am Horizont dunkle Wolken auf. Ein harter Gegenspieler schiebt die trotz all der Rückschläge immer noch durchdringende Sonne beiseite. Wer ist dieser Gegenüber, der Jagd auf den großen Data macht, der zeitgleich immer noch gefürchtet und vergöttert wird? Data weiß, dass er seinem ebenbürtigen Gegner nicht ausweichen kann. Eine List reicht da nicht aus. Denn der Gegner kennt Data Tutaschchia besser als ihm lieb ist…

Fast siebenhundert Seiten folgt man dem unfreiwilligen Helden, der mit seinen guten Taten durchweg nur Gutes verrichten will und dabei immer wieder auf die Nase fällt. Er wendet sich ab, wird jedoch immer wieder in den Sog des Kampfes für Gerechtigkeit hineingezogen. Autor Tschabua Amiredschibi kann die Leiden seines Helden mehr als nachvollziehen. Er stammt aus dem Adel des Kaukasus und wurde unter der Schreckensherrschaft Josef Stalins interniert, wurde mehrmals zum Tode verurteilt und brach ebenso mehrmals aus und wurde nach sechzehn Jahren Gulag begnadigt. Diese prägende Zeit nutzt er seinem Helden Konturen zu verleihen. Die prosaische Sprache in seinem Epos erleichtert es den Einstieg in dieses wahrhaft kolossale Buch zu finden und den Fährten exakt folgen zu können. Einer der gelungensten Beiträge Georgiens zu Frankfurter Buchmesse, zu der Georgien als Gastland 2018 eingeladen ist.