Das Jahr der Ziege

Mal eben nach Afrika bedeutet für die meisten all-inclusive in einer Lodge in Kenia zu urlauben. Kristina will Fabian folgen auf seinem Trip nach Afrika. Doch von Cocktails schlürfen im Sonnenuntergang und aus sicherer Entfernung den Elefanten beim Abendschmaus zuschauen, ist sie, sind beide mehr als weit entfernt.

Denn in Nordkamerun, in den Mandara-Bergen bei den Ouldeme geht man nicht schnell m die Ecke, um sich eine Flasche Rotwein für einen romantischen Abend zu Zweit zu holen. Hier nutzt man das, was gerade vorhanden ist. Spielzeuge kauft man nicht im Spielzeugladen, hier bastelt man sich seine Phantasie aus dem zusammen, was links und rechts des Wegesrandes liegt.

Fabian studiert Ethnologie. Kristinas spontaner Vorschlag einfach mitzukommen und ihm bei seinen Feldforschungen zu begleiten, ihn vielleicht sogar unterstützen zu können, nimmt er gelassener hin als sie es vermutete. Aber einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Und so wird aus einer spontanen Idee eine Reise, von der niemand weiß wie sie verlaufen oder gar enden wird.

Die heimelige Atmosphäre der Schweiz liegt alsbald hinter Kristina und Fabian. Die sengende Hitze in dem Saheldorf ist die erste Herausforderung für Kristina. Doch die zwanglose Gastfreundschaft, das vorurteilsfreie Leben der Ouldeme ist das, was Kristina ihr Leben lang zu suchen glaubte. Wie ein Blatt im Wind lässt sie sich treiben bis auch hier in der Ferne der Alltag einzuziehen droht.

Anders als erwartet sieht der jedoch zwanglos aus. Der zwang etwas zu tun, weil es erwartet wird, existiert nicht. Hier wird vieles einfach getan, nicht weil man es muss. Dafür gibt es in der Sprache der Ouldeme nicht einmal ein Wort. Die Mandara-Berge als Paradies zu bezeichnen, ist sicherlich nicht ganz verkehrt. Doch die Definition, was in Kristinas Gesellschaft als Paradies anzusehen ist, muss sie überdenken…

Katharina Bösiger Boukar lebte sechs Jahre im Tschad und Nordkamerun. Ihr „Jahr der Ziege“ ist also mehr als pure Fiktion, es ist vielmehr ein Reisebericht mit künstlerischer Freiheit. Als Leser wird man in eine Welt gezogen, die fernab von verklärter (und realitätsfremder) Traumschiffromantik Tag für Tag funktioniert. Im Gegensatz zu den meisten Romanen, deren Autoren selbst einmal für eine Zeitlang „den Geist Afrikas“ einatmen duften, verzichtet Katharina Bösiger Boukar auf jeglichen kleingeistigen Kitsch, der den schwarzen Kontinent umweht. Die Realität als Basis einer Liebesgeschichte – und nicht nur die zwischen Kristina und Fabian – zeigt auf fast dreihundert Seiten, dass doch noch nicht alles über Afrika geschrieben wurde.