Costiera amalfitana – Geschichte einer Landschaft

Eigentlich würde man die Region an der Küste bei Amalfi gar nicht erforschen. Zu steile Felsen, kaum Wege und Straßen. Und vor zweihundert Jahren gab’s nicht mal Übernachtungsmöglichkeiten. Olle Goethe hat deswegen diesen Landstrich mehr oder weniger mit Missachtung gestraft. Ha! Der arme Tropf! Reist nach Italien und schaut sich nicht einmal die Amalfiküste an! Das ist ja wie … Paris ohne Eiffelturm, San Francisco ohne zerrissene Jeans oder Barcelona ohne Tapas.

Dieter Richter – so steht es im Pressetext zum Buch – hat diese Region studiert. Ja, studiert. Die Amalfiküste – wenn man Traumjob googelt, muss das wohl dabei rauskommen.

Nun ja, es gibt viele Orte und Regionen, wo Italien am italienischsten ist. Meist hängt diese Bewertung vom eigenen gusto und Wissensstand ab. Und die costiera amalfitana ist sicherlich von Italienern überflutet, aber eben auch von so manchen sehnsüchtig nach Italien hechelnden Fremden, der, wenn er denn einmal einen Sitzplatz im ristorante am Meer ergattert hat, diesen nicht mehr hergeben will. Und somit zwar die Aussicht genießen kann, aber eben auch den Rest (die größere „Hälfte“) verpassen wird.

Dieses Wissensvakuum wird durch dieses kleine rote Büchlein gehörig mit Fakten, Analysen, Deutungen in hingebungsvollen Worten gefüllt, doch selber anschauen ist um Einiges mehr wert. So unwirtlich diese Gegend erscheinen mag – stramme Waden sind das Mindeste, was man erhält, nimmt man die Fußwege der Region – so sehr beeindrucket sie von jeher ihre Besucher. Hier versteckten sich Piraten, hier entstand die älteste Seerepublik Italiens, hier berauschten sich Künstler an ihrer Schönheit.

Eine Rundreise mit Dieter Richter ist ein Wissensflash der obersten Kategorie. Es gibt wohl kaum einer Zeile auf dieser Welt, die der Autor nicht vorher gelesen hat, um seinem Kompendium die nötige Fülle verleihen zu können. Von der regionalen Küche über römische Villen (und ihre durchaus pikanten bis geheimnisvollen Geschichten) bis hin zum touristischen Overkill der Gegenwart lässt er keinen Aspekt einer „natürlichen Entwicklung“ der costiera amalfitana aus.

Wer die Amalfiküste besucht, muss sich im Klaren sein, dass er niemals, oder nur sehr selten, allein sein wird. Man muss die Stille wirklich suchen – dafür gibt es Reisebände. Wer die Region verstehen, sie mit allen Sinnen aufsaugen will, der kommt um dieses Buch nicht herum. Das Standardwerk über eine der schönsten Landschaften der Erde!