Auf See

Auf See

Mit dreiundvierzig Jahren das Zeitliche zu segnen, ist wahrlich nicht erstrebenswert. Ein dahinsiechender Patient, der in geistiger Umnachtung stirbt, muss, um zufrieden abtreten zu können, einiges erlebt haben. Guy de Maupassant war sicherlich nicht zufrieden als er 1893 zu jung in einer psychiatrischen Klinik bei Paris starb. Aber er hat viel erlebt und es niedergeschrieben. So wie diese Geschichte einer zehntägigen Schifffahrt von Antibes nach Saint Tropez.

Nicht nur die Sicht auf die Dinge des Lebens – de Maupassant war zu diesem Zeitpunkt (1887) schon noch (!) bei bester Gesundheit, auch die Beschreibungen des Gesehenen machen „Auf See“ zu einem unverzichtbaren Werk, das sich am besten an den Stränden der Côte d’Azur genießen lässt.

Vorbei an den schneebedeckten Wogen aus Granit, wie er poetisch die Alpen nennt, schippern er und zwei Begleiter südwestlich an der azurblauen Küste entlang. Beim Anblick von so viel Erhabenheit schwelgen viele in Erinnerungen. Guy de Maupassant auch. Er denkt an Paganini. Der sollte nach seinem Tod von seinem Sohn nach Genua gebracht werden. Wegen der Cholera verwehrte man ihm aber in allen Häfen die Anlandung. Er Jahre später wurde der Leichnam von einer kleinen Insel nach Parma gebracht. So düstere Gedanken in solch farbenfroher Umgebung. Im Anhang erfährt der Leser, dass diese Geschichte komplett erfunden ist.

In Cannes lockert sich die Stimmung des Autors. Er lästert im Stile einer Klatschbase über die hier versammelten Fürsten, für die es nur eines zu geben scheint: Sich im Kreise Ihresgleichen sonnen zu können.

Im Leben Guy de Maupassants geht es auf und ab. Wie das Schiff, auf dem er sich befindet, geht es mit ihm Auf und Ab. Manchmal merkt er gar nicht mehr, dass er überhaupt schreibt. Je öfter er an Land geht desto näher ist er an den Menschen. Zwischen Mistral und wogender See philosophiert er über die Mentalität der Franzosen.

Auf See ist Guy de Maupassant ganz er selbst, nicht immer bei sich, doch stets der wortgewaltige Schriftsteller. „Auf See“ ist keine bloße Reisebeschreibung, das war nie sein Ding. Dennoch gelingt es ihm die Schönheit der Côte d’Azur in kraftvolle Worte zu kleiden und den Leser in Urlaubsstimmung hineingleiten zu lassen.

Der Anhang des Buches gibt Aufschluss über die Intentionen der Reise und die Quellen der soeben gelesenen Zeilen. Guy de Maupassant war ein Lebemann mit allen Konsequenzen. Dieses Buch gehört in die Hand an den Stränden der Côte, mit allen Konsequenzen.