Almosen fürs Vergessen – Wo man singt

Das altehrwürdige Cambridge. Hier liegen die Traditionen auf dem Präsentierteller. Hier wiegen die Traditionen noch was. Hier wird gelehrt, hier wird gelernt. So war, so ist es, so wird es immer bleiben.

Von wegen. Großer Veränderungen kündigen sich an. Einerseits wird ein nicht ganz unbeträchtlicher monetärer Zuwachs durch den Verkauf eines Stücks Land erwartet. Andererseits – überall im Europa des Jahres 1967 brennt es auf den Straßen unter der Leitung der Studenten – verschließt sich niemand mehr vor den revolutionären Ansinnen der Studenten. Dass es unter den Talaren mieft, ist nicht mehr zu vertuschen. Auch unter den Professoren rumort es.

Hugh Balliston ist der mehr oder weniger heimliche Anführer der Studenten. Ihm hört man zu, ja, man folgt ihm sicherlich ziemlich weit. Wie weit, das wird sich noch herausstellen. Von Lehrkörperseite betrachtet man die Aktivitäten mit Argwohn. Und das obwohl man selbst Veränderungen nicht abgeneigt sei. Schließlich ist man als Lehrer stets Triebfeder des Fortschritts. Ab in Maßen, please.

Hugh hingegen ist Feuer und Flamme. Er berauscht sich an seinem Image als Revoluzzer. Ist aber auch clever genug, um echte Veränderungen herbeiführen zu können. Nicht ganz so clever und reaktionsfreudig ist er hingegen als ihm die Führungsrolle abspenstig gemacht wird. Zu spät merkt er, wer ihn um- und übergehen will…

„Almosen fürs Vergessen“ – da muss man schon zweimal hinschauen, um es richtig zu verstehen. Ein Romanzyklus, der im siebten Band die philosophische Auseinandersetzung mit den Umwälzungen der 60er Jahre sucht. Niveauvolles Geplänkel nach dem Tennis im steten Wechselspiel mit profanen Alltagsproblemen.

Simon Raven scheut nicht vor der Provokation. Intellektuell, provokativ, direkt und zutiefst ehrlich schickt er Menschen in die Arena in einen Kampf auf Leben und Tod. Dass er sich beim Ritt auf der Rasierklinge nicht schneidet – und seine Betrachtungen als schnöden Krimi ins Bücherregal schickt – ist ein wahrer Kunstgriff. Man berauscht sich am intelligenten Gerangel ebenso wie an vordergründigen Interesse am anderen Geschlechts gleichermaßen.