Archiv der Kategorie: Viva Iberia!

Wie man Baske wird

Wie man Baske wird

Ein herrlich provokanter Titel: Wie man Baske wird. Eine Anleitung die eigene Identität zu verleugnen und eine andere anzunehmen? Nein! Eher der Versuch Nicht-Basken darzustellen, dass das Baskenland und ihre Bewohner – die Basken – keineswegs nationalistische Fanatiker sind, die mit Bomben ihrer nationalen Identität Nachdruck zu verleihen. Was weiß man schon über die Basken? Bei der Tour de France gibt es ein Team namens Euskadi, der Fußballverein Athletic Bilbao beschäftigt ausschließlich Basken (was mehr ein Mythos ist als der Wahrheit entspricht, wenn man das „ausschließlich“ betrachtet), die Baskenmütze wird eher Franzosen zugeschrieben und wer aus Spanien kommt und ein X oder TZ im Namen hat, ist Baske. Hallo Vorurteil!

Ibon Zubiaur ist Baske, und er hat weder ein X noch ein TZ im Namen. Der Autor wurde 1971 in Getxo (mit X) in der spanischen (baskischen?) Provinz Biskaia geboren. Als er eingeschult wurde, begann auch das Programm die baskische Sprache als Unterrichtssprache einzuführen. Das Problem bestand und besteht immer noch darin, dass die Kinder in der Schule baskisch lernen, zuhause jedoch spanisch sprechen. Die Sprache als Identifikationsmerkmal Nummer Eins einzuführen, klappt bis heute nicht. Es fehlt einfach die Basis. Was aber nicht schlimm ist, glaubt man Ibon Zubiaur.

Auch eine Zugehörigkeit zu den Basken per Namensgebung hält er für falsch. Es gibt einfach zu viele Überschneidungen mit dem Spanischen. Außerdem hat eine Namensneuvergabe schon Jahrzehnte zuvor ein paar tausend Kilometer nordöstlich des Baskenlandes schon einmal verheerende Folgen gehabt…

Baske wird man nicht, man ist es oder man ist es nicht. Immer wieder gibt es Bestrebungen das Baskische in der Gesellschaft zu verwurzeln. Druck von oben bringt da nichts. Ein Baske fühlt sich als Baske oder eben nicht. Einzelne Organisationen, Parteien, Verbände geben da vielleicht Hilfestellung, aber grundlegend ändern können sie auch nichts.

„Wie man Baske wird“ ist ein Aufklärungsbuch. Aber ohne den Zeigefinger zu heben und den Anspruch auf einen eigenen baskischen Staat zu erheben. Der Essay (DAS Essay geht auch) ist ein kurzweiliger Ausflug in die baskische Kultur. Eine Kultur, die in der Literatur erst seit Kurzem Einzug gehalten hat. Baskisch ist als Sprache verankert, jedoch nicht in dem Maße wie man es sich in unseren Breitengraden vorstellt. Die baskische Kultur zu erhalten und auszubauen, muss nicht immer in Terror ausarten. Ibon Zubiaurs Ausführungen sind Integrationsbemühungen, die nicht im Sande verlaufen.

Die Magie des Südens

Die Magie des Südens

Wenn man den Atlas betrachtet, gibt es wirklich nur wenige Destinationen, die alles bieten: erhabene Berge, besänftigendes Meer, pulsierende Städte, eine reichhaltige Kultur. Spanien in der privilegierten Lage eines dieser Länder zu sein. So umfassend das Land, so prall gefüllt ist auch dieses Buch.

Edwine Bollman und Peter Rieprich waren oft und lange in Spanien. Zeitweise leben sie dort. Es sind also echte Kenner. Und das merkt man mit jedem Wort. Die Reise beginnt auf Tabarca, der kleinsten Mittelmeerinsel Spaniens. Kaum bekannt und unberührt, eher was für Tagesausflügler. Die beiden Autoren machen für den Leser Geschichte erlebbar. Wuchtige Festungsbauten und leichter Müßiggang verbinden sie zu einem kurzen Erlebnisbericht, der o manchen staunen lässt.

Bilbao und Barcelona nehmen sie anders wahr als so mancher Besucher. Guggenheim und Sagrada familia – klar daran kommen auch die beiden nicht vorbei – sind für sie Ausgangspunkte für Ausflüge in die Kulturgeschichte.

Doch auch menschliche Schicksale gehören für die beiden in ein Buch über Spanien. Wenn auch die Geschichte für die Protagonistin nicht gut ausgeht (ie wird beim Hausverkauf kräftig übers Ohr gehauen), so ist sie Teil der besonderen Magie des Südens. Dieses große Wort Magie, das so oft überstrapaziert wird, verwandelt sich aus der Feder der Autoren in greifbare Faszination. Selbst wer noch nicht den Orangenduft in den Gassen vernommen oder bei einer der zahlreichen Prozessionen teilgenommen hat, wird schlagartig in die Szenerie versetzt. So ganz nebenbei geben die beiden Tipps wann welche Region am besten zu bereisen ist. Valencia zum Beispiel sollte man Mitte März besuchen, wenn es hier an allen Ecken und Enden knallt und zischt. Fallas nennt sich das mehrere Tage dauernde Fest und versprüht schon beim Lesen so viel Lebensfreude, dass man zwischen den Einheimischen gar nicht mehr als Gast fühlt.

Überraschende Begegnungen lautet ein Teil des Untertitels. Wer Spanien nicht kennt, wird mit einem Lächeln das Buch beiseitelegen. Lächelnd, weil man nun beruhigt und gut vorbereitet den nächsten Urlaub plant. Und der führt einen nach … Spanien.

Die Schmuggler

Die Schmuggler

Was für eine Überraschung! Da ist sie, die „Mestral“. Der Ich-Erzähler wird von einem Fischer herangepfiffen, weil sich die beiden kennen. Denn das Boot gehörte einst dem Erzähler, der Pfeifende heißt Baldiri Cremat und ist Fischer, mit Nebenerwerb. Eigentlich wollte der Erzähler arbeiten, eine Geschichte schreiben. Und eigentlich sollte der Fischer mach Fischen fischen. Eigentlich. Aus dem Zusammentreffen wird ein Trip, den alle Beteiligten nicht mehr vergessen, inklusive des Lesers.

Die Drei, Baldiri Cremat, Pau Saldet und der Erzähler machen sich also auf den Weg von der katalanischen Küste in Frankreich Olivenöl zu verkaufen. Das Beste, was es überhaupt gibt. Auf dem Rückweg wollen sie teure Ersatzteile für Fahrräder mitbringen. Alles in allem ein ganz normaler Arbeitstag. Doch dem Erzähler schwant nichts Gutes. Er weiß, dass Cremat und Saldet mit allen Wassern gewaschener Halunken sind. Doch die Aussicht mit dem einst eigenen Boot noch einmal aufs Meer hinauszufahren, den Wind um die Nase wehen zu lassen, und vielleicht auch die Schmeicheleien von Cremat lassen die Abenteuerlust über die Vorsicht siegen.

Dem Erzähler ist klar, dass es sich nicht um eine „normale Geschäftsreise“ handelt. So konzentriert er sich bei der Kurzreise ins benachbarte Frankreich auf die Schönheiten der Natur und der Eigenheiten der Ortschaften. Besonderen Wert legt er auf die lukullischen Genüsse an Land. Dem Leser läuft das Wasser im Mund zusammen, wenn er von den Köstlichkeiten an Land erfährt.

Und so tritt die Tätigkeit des Titels – das Schmuggeln – immer weiter in den Hintergrund. Fast könnte man „Die Schmuggler“ als kulinarischen Reiseband für Leckermäuler verstehen. Als Reiseband taugt die Geschichte allemal. Entlang der katalanischen Küste von Spanien nach Frankreich ins Roussillon oder in umgekehrter Richtung, Josep Pla gibt die Richtung und Einkehrorte vor. Immer mit dabei: „Die Schmuggler“.