Welt ohne Skrupel

Bei dem Namen Klinger muss jeder Fenrsehserienfan erst einmal schmunzeln. Das ist doch der auch „MASH“, der sich mit allerlei Dummheiten um den Militärdienst drücken wollte. So einer ist dieser Klinger hier nicht. Ein Schlitzohr. Ein ausgemergelter Kleinganove, dessen „Einkünfte“ immer nur bis zur nächsten miete reichen … sollen. Eine Lebensplanung für ihn zu erstellen, scheitert an nicht vorhandener Bereitschaft.

Gerade eben hat er mit seinem Kumpel Chainbang wieder ein Ding gedreht, da schleudert es seine Karre, einen Miata, in Europa als Mazda MX-5 bekannt, gegen einen Laternenmast. Zu blöd nur, dass ein paar Block weiter die Feuerwehr von San Francisco stationiert ist. Sobald erklingt auch schon das Tatütata der Sirenen. Das können Klinger und Chainbang momentan überhaupt nicht vertragen. Zum Einen brummt ihnen der Schädel, auch wenn Chanbang den geöffneten Airbag mit einem Messer durchstochen hat (der Vergleich mit dem Pitbull, der durch einen Kindergarten rennt, fesselt den Leser ratzfatz an den Krimi und lässt ihn bis zum Schluss nicht mehr los). Zum Anderen liegt im Wagen auch noch die Beute. Und das Tatwerkzeug.  Klinger macht sich aus dem Staub. Chainbang hat weniger flinke Füße und demzufolge Glück. Und schon bald hat Klinger auch ein Smartphone. So was braucht er sonst nicht. Einen (und noch einen und noch einen und …) Whiskey hat er schon eher nötig.

Ach ja, im Kopfrechnen ist Klinger ein Ass. Besonders, wenn an die Ziffernfolgen ein Dollarzeichen angehängt ist. Im Handumdrehen kann er Gewinnmarchen und Beteiligungen ausrechnen. Gehört wohl zum Handwerk eines Kleinkriminellen. Das erwähnte Smartphone soll Klingers kleine Welt jedoch gehörig durcheinanderwirbeln. Denn jetzt winkt die große Kohle. Ein App-Entwickler verdient sich mit seinen Fähigkeiten schnell mal eine goldene Nase – so viel kann Klinger schon mal ausrechnen. Und Marci – nicht minder durchtrieben wie Klinger, im Zweifelsfall um Längen gerissener und skrupelloser, weiß wie man auch ohne großen Aufwand sich ein Stück vom appetitlichen Geldkuchen etwas abschneiden kann. Klinger ist für sie ein williges und naives Werkzeug. Doch mit seiner Chuzpe hat sie nicht gerechnet.

Jim Nisbet knallt dem Leser eine Geschichte vor die Augen, die vor augenscheinlicher Brisanz nur so funkelt. Hier gibt es kein Versteckspiel, kein Sich-Hinter-Regeln-Verstecken, hier wird Klartext gesprochen und nicht minder offen gehandelt. Klinger ist kein Dummer. Auch ist es nicht die schiere Gier nach Geld, die ihn antreibt. Er hasst das System, und findet Gefallen daran es nach Schlupflöchern zu durchsuchen. Mal stolpert er, mal knallt er der Länge nach hin. Doch Liegenbleiben kommt für ihn nicht in Frage.