Von Blüten und Blättern

Von Blüten und Blättern

Es soll ja Leute geben, die das Gras wachsen hören… Elisabeth Göbel gehört nicht zu ihnen, obwohl sie es könnte. Sie lebt in ihrem Kleinod vor den Toren der Hauptstadt und lässt das Jahr 2011 an sich vorüberziehen. Hier und da winkt sie dem Geschehen zu und lädt es ins Haus ein. Dort sitzen schon wir Leser. Bei Poesie und Vorfreude, bei stimmungsvollen Zeilen.

Elisabeth Göbels Garten ist nicht Ort, an dem deutsche Vereinsmeierei ihre Freude hat – nur wer frei im Herzen ist, wird sich an diesem Jahresrückblick ergötzen. Mit kindlicher Neugier durchforstet der Leser den Garten der Poesie, weit weg genug vom Großstadtgetümmel, nah genug dran, um sich an Lebensfremdheit zu stören. Kirschbäume, serbische Fichte, Yucca strahlen in den schönsten Farben und spenden Schatten wo das Licht stört. Die Assoziationen, die sie hervorrufen erhellen die Gemüter, wo Schatten fehl am Platze ist.

Ein Gartentagebuch dient eigentlich dem Gärtner, um den Rhythmus des Lebens im heimischen Biotop zu erkennen und letztendlich wohlwollend zu beeinflussen. Sehr französisch. Dieser Garten ist englisch. Es wächst und gedeiht das Leben in der ursprünglichen Form. Die Interpretationen, die Gleichnisse sind es, die diesem Garten durch die Handschrift der Autorin immer wieder neues Leben einhauchen.

Ohne viel Tamtam verführt Elisabeth Göbel den Leser in eine fremde Welt, die geografisch so nah ist. Selbst vom entferntesten Zipfel Deutschlands sind es nur ein paar Stunden, um im Garten der Sprache zu entspannen. Auch wenn es dieser Garten wert ist ihn zu besuchen, so muss man nicht Reisen im herkömmlichen Sinne. Lesend diesen Garten zu erfahren, ist die einfachere Methode. Und die unvoreingenommenste. Immer wieder taucht man ein in die Welt aus harter Gartenarbeit und weicher Sinnesfreuden. Wer zwischen den Zeilen liest, erkennt die immense Hingabe Elisabeth Göbels zu ihrem Garten. Er ist mehr als nur ein Hort der Entspannung. Schreibstube und Geräteschuppen gehören zum Leben wie Essen und Trinken. Ohne geistige Ablenkung kann sich kein Garten entwickeln.

Die über zweieinhalbtausend Quadratmeter Ruheoase zwischen Alex und Sander blühen im Licht und Schatten des geschriebenen Wortes zu vollendeter Pracht. Ein Gartenbuch, das deutscher Präzisionspflanzung und Gründlichkeit die Strahlkraft der deutschen Sprache entgegensetzt. Hier ist der Garten Bestandteil des Menschen, und nicht umgekehrt.